Die Kalte Sofie
geheiligten Sektionsräumen stand. Sie legte das Diktafon beiseite, in das sie soeben die letzten Befunde zum Fall Anton Zeislmaier diktiert hatte, und sah schmallippig hoch.
Stefan Moosbichler hingegen grinste stumm und wechselte einen vertraulichen Blick mit Joe.
»Unangemeldeten Besuch schätze ich grundsätzlich nicht. Sollten Sie eigentlich wissen, Herr Lederer.«
Optisch passte Joe zwar perfekt in Elke Falks Beuteschema, trotzdem flüsterte eine innere Stimme ihr bei jeder Begegnung warnend zu, lieber die Finger von diesem allzu lässigen Vorstadtcowboy zu lassen, dem das Zeug zum Herzensbrecher buchstäblich auf den Leib geschrieben stand. Sie behielt nun mal gern die Kontrolle über ihre Gefühle. Nicht nur beruflich.
»Ich wollte mich nur erkundigen, ob es schon News zu den verkokelten Leichenresten gibt, die wir Ihnen gestern geschickt haben. Bislang hab ich nichts von Ihnen gehört. Da dachte ich, ich schau einfach mal vorbei …«
Joe steckte die Hände in die Hosentaschen und grinste breit. Das auch noch!
Winzige Schweißtröpfchen traten auf Frau Dr. Falks Oberlippe.
»Kann ich zaubern, oder was? Wie stellen Sie sich das vor? Wissen Sie, wie viel Arbeit hier tagtäglich auf den Tischen landet? Vor morgen oder übermorgen geht da gar nichts. Tut mir leid.«
»Kaum zu glauben. Und da heißt es immer, die vom Staatsanwalt angeordneten Obduktionen in Deutschland sind rückläufig …« Joe schüttelte bedauernd den Kopf. »Tja. Der Herr Staatssekretär jedenfalls wird alles andere als happy sein. In aller Herrgottsfrüh hat der heut schon bei uns im Kommissariat angerufen und nachgefragt. Klang nicht so, als ob der sich gern vertrösten ließe. Gibt es denn außer Ihnen niemanden in dem Laden, der sich darum kümmern könnte?«
Dr. Falk griff nach einem sterilen Tupfer und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Es gab wenig, was sie mehr hasste.
Sie zögerte. Andererseits: Was konnte schon schiefgehen? Ein derart smarter Typ wie dieser Mordkommissar würde an der molligen neuen Kollegin und deren ungebärdiger Mähne kaum Gefallen finden.
»Sie meinen unseren Neuzugang aus Berlin? Eine eher unbedarfte Kraft, wenn Sie mich fragen. Aber gut. Mit dem bisschen, was die Kollegen von der Spurensicherung uns da gestern angeliefert haben, kann man ohnehin nicht mehr viel falsch machen.«
»Und wo finde ich die von Ihnen so hochgeschätzte Kollegin?«
Joe betrachtete Elke Falk schmunzelnd, was für einen neuerlichen Schweißausbruch bei ihr sorgte.
Der Typ brachte sie wirklich völlig aus dem Konzept!
»Wenn Sie rausgehen, dritte Tür rechts. Und jetzt würde ich gern weiterarbeiten, wenn Sie nichts dagegen haben, Herr Lederer.«
»Geht klar, verehrte Frau Dr. Falk. Dann wünsch ich noch frohes Schaffen!«
Joe wechselte ein vielsagendes Grinsen mit Moosbichler und hob verstohlen den Daumen, dann schloss er sacht die Tür hinter sich.
Strike!
Jetzt musste Sofie nur noch anbeißen …
Behutsam klopfte er an ihre Tür.
»Herein?«
Joe betrat Sofies Zimmer.
»Hi. Ich bin’s!«
Neugierig sah er sich um in dem miefigen Kabuff, durch das sich auch heute das Sonnenlicht nur mühsam einen Weg bahnte, und pfiff anerkennend durch die Zähne.
»Schön hast du’s hier. Richtig … kuschlig.« Sein Blick fiel auf das lebensgroße Skelett in der Ecke. »Und einen attraktiven Zimmergenossen hast auch, wie ich sehe. Griabig!«
Sofie starrte ihren Ex an wie eine Geistererscheinung. Dann runzelte sie die Stirn. »Was soll das jetzt? Kommst schon wieder an, oder was? War ich gestern nicht deutlich genug?«
Charmant lächelnd schüttelte Joe den Kopf. »Und ob. Wenn ich deine Hilfe nicht bräuchte, hätt ich mich nie im Leben hergetraut.«
Er räusperte sich und setzte eine frustrierte Miene auf.
»Ich bin rein beruflich da. Du erinnerst dich an die Brandleiche, von der ich Vroni und dir erzählt hab? Auch politisch ein ziemlich heißes Eisen. Wir brauchen da schleunigst Ergebnisse. Und da deine charmante Kollegin ja momentan bis über beide Ohren in der Arbeit steckt, hat sie mich an dich verwiesen.«
Sofie musterte ihren Ex ungläubig. Irgendwas führte der doch im Schilde!
»Die Falk, die alte Giftspritze? Is ned wahr. Da würd die doch lieber freiwillig ein Paar ihrer idiotischen Stilettos opfern!«
Uups! Jetzt hatte sie sich doch verraten!
Aber Joe tat, als ob nichts wäre, und zuckte unschuldig mit den Schultern.
»Wenn ich’s dir sag. Außerdem wär ich echt froh, wenn du mich da
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