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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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Nicht auszudenken, was gewesen wäre, wenn Vanessa nicht sofort in die Klinik gekommen wäre …
    Sofie musterte die Kleine besorgt, deren Augenlider zunehmend schwerer wurden.
    »Und dann – bin ich sooo miad gwordn …«
    Vanessa schloss für einen Moment die Augen und gähnte. Sicher nicht nur, weil sie sich an die Wirkung des rätselhaften Bonbons erinnerte. Das Mädchen war noch nicht außer Lebensgefahr, das durfte Sofie nicht vergessen.
    Liebevoll strich sie über Vanessas Gesicht.
    »Ist schon gut, Nessie. Jetzt ruh dich aus und schlaf a bissl! Ich komm dich bald wieder besuchen.«
    Die Lider der Kleinen zuckten. Sichtlich mühsam öffnete sie wieder die Augen, die Finger nun fest um Sofies Hand geklammert.
    »Du darfst noch ned gehn, bitte«, murmelte sie schwach. »Ich möcht doch so gern wissen, wer das Madl auf dem Foto war.«
    Sofie stutzte. »Welches Foto, Nessie?«
    »Ganz a schönes Madl war da drauf. Mit roten Haaren und großen Augen.« Vanessas Lider fielen zu. Fast war ihre Stimme nicht mehr zu hören. »Wenn ich träum, kommts mich ganz oft besuchen. Aber ich weiß ja ned amal ihren Namen …«
    Vanessa verstummte. Ihre Finger glitten aus Sofies Hand, sacht fiel ihr Kopf zur Seite.
    Panisch warf Sofie einen Blick auf die Kontrollgeräte über Vanessas Bett – und atmete erleichtert durch. Alles im grünen Bereich. Das Mädchen war schlicht eingeschlafen.
    »Was die Kloane nur immer hat mit diesem Foto!« Katrin trat neben Sofie. »Dem Dr. Sonner hats auch schon davon erzählt. Aber der sagt, dass so was typisch ist, wenn die Leut aus dem Koma aufwachen. Da sinds halt noch nicht wieder ganz bei sich.« Besorgt zupfte sie an der Bettdecke und strich ihrer Tochter die verschwitzten Haare aus der Stirn. »Aber des wird schon wieder, Nessie, gell?«
    Langsam stand Sofie auf und betrachtete nachdenklich die fröhliche rothaarige Giraffe über Vanessas Bett.
    Halluzinationen?
    Alles, was Nessie ihr erzählt hatte, hatte für Sofie sehr plausibel geklungen. Sollte sich die Kleine das alles nur eingebildet haben?

21
    Sein bester Freund
    W ie er diesen Blick hasste – abschätzig, resigniert, voller Frust.
    »Auch scho wieder da?« Das ausgeschnittene Shirt entblößte ihre fleischigen Oberarme. Wann genau war sie eigentlich derart aus dem Leim gegangen? Es waren nicht nur die beiden Schwangerschaften gewesen. Viele, viele Tüten Chips, kombiniert mit diesem widerlichen irischen Likör aus Whiskey und Sahne, auf den sie so stand, weil er angeblich ihre Nerven beruhigte, hatten ein Übriges getan.
    Ein kurzes Fiepen, dann spürte er die kühle Schnauze an seiner Hand und begann, mechanisch den Hunderücken zu streicheln. Sein bester Freund. Bei Lichte betrachtet der einzige, den er jemals gehabt hatte.
    »Eine Firma macht sich nun mal ned von allein«, erwiderte er missmutig. »Und a Unternehmer wie ich …«
    »Unternehmer?«, fiel sie ihm bissig ins Wort. »Dass i ned lach! Übrigens warst du gar ned dort.«
    »Woher willst das wissen?« Treten hätte er sie können. Stoßen. Würgen. Immer öfter überfielen ihn in letzter Zeit solche Fantasien. Dabei hatte er sie früher anziehend gefunden, so rattenscharf, dass er sie nur hatte anschauen müssen, um schon geil zu werden.
    Doch das war lang vorbei.
    »Wozu gibt’s a Telefon?«, spie sie ihm über die Schulter entgegen. »In der Firma warst jedenfalls ned. Wahrscheinlich hast di wieder irgendwo rumgetrieben und billigen Weibern hinterhergspechtet, während ich mir hier die Seele halb aus dem Leib brutzle!«
    Es stank durchdringend nach altem Fett.
    In ihrer Anfangszeit hatte er die Fleischpflanzl gemocht, die sie so oft auf den Tisch brachte, obwohl sie ihr häufig zu dunkel gerieten, weil sie sie nicht früh genug wendete. Inzwischen hätte er sich allein bei dem durchdringenden Geruch, der in der Küche hing, übergeben können.
    Ebenso wie bei ihrem Anblick, der ihm heute besonders unangenehm vorkam.
    Die wabbelnden Schenkel. Der speckige Rücken. Die zwei kompakten Fettrollen, wo einst eine schmale Taille gewesen war. Und die schlaffen Hinterbacken, die besser zu einer alten Frau gepasst hätten, ebenso wie die müden Haarsträhnen, die ihr ins Gesicht hingen. Früher regelmäßig in Magenta leuchtend, weil sie sein ausgesprochenes Faible für Rothaarige kannte, war die Haarfarbe inzwischen zu einem schmutzigen Straßenköterblond verkommen.
    Seine Alte war reif für die Tonne.
    Inzwischen dachte er Tag und Nacht darüber nach, wie er sich am

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