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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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leid, er wolle, daß ich mich um die Frauen kümmere, und eines Tages würde ich es vielleicht verstehen. Dann war von einem Müllsack die Rede, der gleichfalls auf dem Boden lag, und es hieß, ich sollte die schmutzigen Handtücher in den Müllsack stecken und den Fußboden saubermachen und dann die Polizei anrufen. Rühr die Waffe nicht an, stand da. Und beeil dich, bevor die Frauen nach Hause kommen.« Adam räusperte sich und schaute auf den Boden.
    »Also tat ich genau das, was er wollte, und dann wartete ich auf die Polizei. Wir waren eine Viertelstunde allein miteinander, nur wir beide. Er lag auf dem Boden, und ich saß auf dem Bett und schaute auf ihn herab. Ich fing an zu weinen und konnte nicht wieder aufhören, fragte ihn nach dem Warum und dem Wie und Was und stellte ihm noch hundert weitere Fragen. Da war mein Dad, der einzige Dad, den ich je haben würde, er lag da in seinen ausgeblichenen Jeans und seinen schmutzigen Socken und seinem Lieblings-Sweatshirt. Vom Hals abwärts sah er aus, als schliefe er, aber er hatte ein Loch im Kopf, und das Blut war in seinem Haar getrocknet. Ich haßte ihn für sein Sterben, und er tat mir so leid, weil er tot war. Ich weiß noch, daß ich ihn gefragt habe, weshalb er nicht mit mir darüber geredet hätte. Ich stellte ihm eine Unmenge Fragen. Ich hörte Stimmen, und plötzlich wimmelte es von Polizisten. Sie führten mich ins Wohnzimmer und legten mir eine Decke um. Und das war das Ende meines Vaters.«
    Sam stützte sich immer noch auf die Ellenbogen, aber jetzt lag eine Hand über seinen Augen. Aber es gab noch ein paar Dinge, die Adam sagen wollte.
    »Nach der Beerdigung ist Lee eine Weile bei uns geblieben. Sie erzählte mir von dir und den Cayhalls. Sie füllte eine Menge Lücken über meinen Vater aus. Bald war ich fasziniert von dir und dem Kramer-Anschlag, und ich fing an, alte Artikel in Zeitungen und Zeitschriften zu lesen. Ich brauchte ungefähr ein Jahr, um zu begreifen, weshalb Eddie zu dem Zeitpunkt Selbstmord begangen hatte, zu dem er es tat. Er hatte sich während deines Prozesses in seinem Zimmer eingeschlossen, und er brachte sich um, als er vorbei war.«
    Sam zog seine Hand herunter und funkelte Adam mit feuchten Augen an. »Du gibst also mir die Schuld an seinem Tod, stimmt's, Adam? Das ist es doch, was du eigentlich sagen wolltest, oder?«
    »Nein, ich gebe dir nicht voll und ganz die Schuld.«
    »Also wieviel davon? Achtzig Prozent? Neunzig Prozent? Du hast Zeit genug gehabt, die Rechnung aufzumachen. Wieviel davon ist meine Schuld?«
    »Ich weiß es nicht, Sam. Warum sagst du es mir nicht?« Sam wischte sich die Augen ab und erhob die Stimme. »Zum Teufel damit! Ich erkläre mich zu hundert Prozent für schuldig. Ich übernehme die volle Verantwortung für seinen Tod, okay? Ist es das, was du willst?«
    »Übernimm, was dir in den Kram paßt.«
    »Komm mir nicht so! Du willst doch nur den Namen meines Sohnes auf meine Liste setzen, oder etwa nicht? Die KramerZwillinge, ihr Vater, dann Eddie. Das sind vier, die ich umgebracht habe, richtig? Sonst noch jemand, den du hinzufügen willst? Tu' es schnell, mein Junge, die Uhr tickt.«
    »Wie viele waren es außerdem?«
    »Tote?«
    »Ja. Tote. Ich habe da so einiges gehört.«
    »Und das nimmst du natürlich für bare Münze, stimmt's? Du scheinst nur zu bereit, alles Schlechte über mich zu glauben.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich es glaube.«
    Sam sprang auf und ging zum anderen Ende des Raums. »Ich habe diese Unterhaltung satt!« brüllte er aus neun Meter Entfernung. »Ich habe dich satt! Ich wünsche mir fast, diese verdammten Juden würden mir wieder auf die Nerven gehen.«
    »Das kannst du haben«, konterte Adam.
    Sam kehrte langsam zu seinem Stuhl zurück. »Hier sitze ich und habe Angst um mein Leben, ich bin dreiundzwanzig Tage von der Gaskammer entfernt, und alles, was du tun willst, ist, über tote Leute zu reden. Mach nur so weiter, mein Junge, und es dauert nicht mehr lange, bis du auch über mich reden kannst. Ich will, daß etwas passiert.«
    »Ich habe heute morgen eine Eingabe eingereicht.«
    »Wunderbar! Dann verschwinde, verdammt noch mal. Scher dich zum Teufel und hör auf, mich zu quälen!«
22
    D ie Tür auf Adams Seite wurde geöffnet, und Packer trat ein, gefolgt von zwei Herren. Sie waren offensichtlich Anwälte dunkle Anzüge, finstere Mienen, dicke Aktenkoffer. Packer deutete auf zwei Stühle unter der Klimaanlage, und sie setzten sich. Er sah Adam an und richtete

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