Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
Eine böse, Unheil verkündende Nacht, voll unerklärbarer Vorahnungen, die tief im Menschen an die Quellen namenloser Ängste rühren, an die schon fast vergessenen unheimlichen Erlebnisse vor Millionen Jahren und an uralten Aberglauben des Menschengeschlechtes. Eine Nacht, die den hauchdünnen Firnis der Zivilisation abreißt, so daß der zitternde Mensch das klägliche Gefühl hat, im Graben zu liegen, über den Ungeheuer hinwegziehen.
    Und plötzlich, ganz unvermutet, brach dieser Bann: Andreas heitere Zurufe vom Ufer hatten sie alle mit einem Ruck auf die Beine gebracht. Sie vernahmen sein dröhnendes Lachen, vor dem sich sogar der dunkle Wald wie besiegt zurückzuziehen schien. Ohne abzuwarten, bis sie das Heck näher ans Ufer brachten, sprang er in den Fluß, erreichte mit wenigen kraftvollen Schwimmstößen das Boot und schwang sich gewandt an Deck. Lächelnd schüttelte er sich wie ein zottiger Bullenbeißer und streckte eine Hand nach der nächsten Weinflasche aus.
    »Brauche wohl nicht zu fragen, wie es geklappt hat, he?« sagte Mallory lächelnd.
    »Nein, nicht nötig. War furchtbar einfach. Halbe Kinder noch, und haben mich gar nicht bemerkt.« Andrea nahm noch einen langen Zug aus der Flasche, dann grinste er in heller Begeisterung. »Habe denen kein Haar gekrümmt«, fuhr er triumphierend fort, »nur ein paar leichte Klapse ausgeteilt. Sie blickten alle drei über die Brüstung nach hier, als ich ankam. Hielt sie in Schach, nahm ihnen die MG weg und schloß die drei im Keller ein. Und dann habe ich ihre MG verbogen, bloß ein bißchen.«
    ›Jetzt haben wir's‹, dachte Mallory dumpf, ›nun ist es aus. Alles zu Ende für uns, alle Mühsal und Hoffnung, alle Ängste, alles Schöne und alles Lachen. So muß es nun auslaufen –. Das Ende, für uns hier, aber auch für die tausend Mann auf Kheros!‹
    Unbewußt hob er die Hand, wischte sich resigniert die salzigen Gischtspritzer von den Lippen, die der Wind peitschend von den Wellenkämmen abfegte, und nahm die Hand höher, um seine blutunterlaufenen Augen zu beschatten, die hoffnungslos in die sturmdurchtoste Dunkelheit vor dem Schiff spähten. Einen Moment klärten sich seine verwirrten Gedanken, eine fast unerträgliche Bitterkeit erfüllte ihn. Alles dahin, alles – nur nicht die Kanonen von Navarone. Die Kanonen von Navarone, die blieben an ihrem Platz, sie waren unzerstörbar. Verflucht seien sie, dreimal verflucht! Du lieber Gott, welche sinnlosen Opfer, wie furchtbar und nutzlos war das alles –.
    Die Kajike lag im Sterben, die Nähte zwischen ihren Planken brachen auf. Sie wurde buchstäblich totgeschlagen, auseinandergeschüttelt durch die ständigen schweren Hiebe von Wind und See. Immer wieder tauchte das Achterdeck tief in die schaumigen, wie siedenden Wasser, dann machte das Vorschiff einen tollen Stoß in die Luft, daß der tropfende Steven ganz herauskam, und wieder folgte der jähe Sturz nach vorn, fast senkrecht hinab in das Tal zwischen steilen Seen. Heftig knallend prallte der breite Bug aufs Wasser, daß das Schiff bis ins Innerste erbebte, jeder neue Absturz wie eine Explosion, unerträglich für die uralten Planken und Spanten, die mehr und mehr auseinanderrissen.
    Schlimm genug war es schon gewesen, als sie kurz nach Einbruch der Dunkelheit aus der Flußmündung gelaufen waren und das Boot hart schlingernd in der Backstagssee auf nördlichen Kurs nach Navarone gebracht werden mußte. Das Steuern des ungefügen alten Fahrzeugs war eine äußerst schwierige Aufgabe: im Seegang von Steuerbord achtern hatte es wild und unberechenbar in einem Bogen von fünfzig Grad gegiert, doch da waren wenigstens die Nähte noch dicht gewesen, die rollenden Seen liefen regelmäßig an, und der Wind wehte beständig aus Südosten. Aber das war jetzt alles vorbei. Nachdem am Bug ein halbes Dutzend Planken gesprungen waren und sich mehr und mehr vom Vorsteven lösten, während durch die Stopfbuchse an der Schraubenwelle sowieso schon viel Wasser eindrang, nahm das Schiff weit mehr ein als mit der alten Handpumpe gelenzt werden konnte. Die vom Wind geköpften Seen waren schwerer geworden, sie liefen kreuz und quer an, und der Wind, der mit doppelter Gewalt übers Meer pfiff, schralte und krimpte wie verrückt zwischen Südwest und Südost. Im Augenblick blies er hartnäckig aus Süden und trieb das nicht mehr zu steuernde Boot blindlings den eisernen Klippen von Navarone entgegen, die, noch unsichtbar, vor ihnen aus der See ragten, irgendwo in

Weitere Kostenlose Bücher