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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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hat.«
    »Xenia, Sie reden mit trauriger Stimme.«
    »So rede ich immer, Wladimir, wenn die Umstände entsprechend sind und mir danach zumute ist.«
    »Was erwarten Sie von mir, Xenia?«
    »Dass Sie realistisch bleiben, Wladimir.«
    »Und das heisst, deutsch interpretiert?«
    »Dass Grossmachtpläne nicht überschätzt werden sollten. Nicht die der USA, nicht die der Chinesen, aber auch die europäischen nicht. Und Ihre auch nicht. Die Geschichte lehrt uns eine gewisse Demut.«
    »Russland ist eine Grossmacht, Frau Kanzlerin, und das ist kein Plan, das ist die Realität.«
    »Die Realität hat viele Facetten. Und so gilt es immer abzuwägen. Damit wir alle eine möglichst gute Realität haben.«
    »Ihr Vorgänger, Frau Kanzlerin, hat Russland volle Rückendeckung gegeben. Er hätte den neuen US-Raketenabwehrschild, der gegen mein Land gerichtet ist, nie akzeptiert.«
    »Mein Vorgänger hat die amerikanische Politik eher unwesentlich beeinflusst, soweit ich informiert bin.«
    »Xenia, Sie sind eine kluge Frau und wissen, dass es mir nicht darum geht.«
    »Wladimir, ich habe Schröders Kurs im Wesentlichen fortgesetzt, und das wissen Sie. Ich bin keine kalte Kriegerin.«
    »Aber es gibt sie wieder, diese kalten Töne. Und was legitimiert ausgerechnet Deutschland, uns und der ganzen Welt Vorträge über Menschenrechte zu halten? Die Frage hat sich auch Ihr Altkanzler Helmut Schmidt gestellt. Die USA agieren immer aggressiver, und Europa ist dabei behilflich. Das kann sich Russland nicht gefallen lassen. Und Ihr Aussenminister sieht das auch so.«
    In der kleinen Pause hörten sie sich atmen.
    »Mein Aussenminister macht meine Politik. Wladimir, was möchten Sie von mir?«
    »Ich wollte Ihnen einen schönen Sommerurlaub wünschen, Xenia.«
    »Den haben wir uns beide verdient, glaube ich. Wie geht es Ihrer Familie, Wladimir, im Jahr der Familie, das Russland feiert?«
    »Meinen zwei Töchtern geht es gut, auch meiner Frau, uns geht es gut, Xenia, und Gerüchte gibt es immer. Aber ich möchte Sie noch um einen Gefallen bitten.«
    »Wenn es in meinem Ermessen liegt …«
    »Passen Sie auf sich auf, Xenia. Wir haben beunruhigende Informationen über Terrorpläne. Über einen möglichen Anschlag auf Sie. Nichts Konkretes, aber ernsthaft ist es.«
    »Dann lassen wir das unsere Dienste miteinander bereden.«
    »Xenia, ich möchte nicht, dass Ihnen etwas passiert.«
    »Wladimir, ich danke Ihnen für die Warnung. Wobei es mir fast lieber wäre, Sie wünschten mir etwas Schönes. Das wäre überraschender.«
    »Kennen Sie den Kaukasischen Kreidekreis von Brecht, Xenia?«
    »Eine alte Wanderlegende. Über die wahre Mutterliebe. Hab ich gelesen als Studentin, weil man das lesen musste. Steht dort etwas über den Kaukasus, Wladimir?«
    »Nicht direkt, aber es gibt ein Vorspiel …«
    »Brecht hat immer etwas Passendes geschrieben.«
    »Dass da gehören soll, was da ist, denen, die für es gut sind …«
    »Wladimir, was ich Ihnen schon lange einmal sagen wollte: Dass Sie Solschenizyn besucht haben, als er krank war, das hat mir sehr imponiert.«
    »Er war ein Russe, Xenia. Ein grosser Russe. Und wir sind alle stolz auf ihn.«

F rau Heidenreich lag im Schlafzimmer. Das Bett war kaum berührt. Sie lag auf der Seite, den Kopf auf dem Kissen, die Knie leicht angewinkelt – eine entspannte Haltung, dachte Schwarzer. Er war fast gleichzeitig mit Guyer eingetroffen, dem Notfallarzt. Zwei Polizisten hatten ihnen den Weg gewiesen und standen nun unnütz an der Tür, als ob es irgendetwas zu bewachen gäbe. Einer telefonierte mit seiner Frau, und Schwarzer schnauzte ihn an.
    »Herzstillstand«, sagte Guyer, »die Frau ist kollabiert.« Er zog eine Spritze auf. Adrenalin, intravenös. Er drückte ihr auf die Halsschlagader, öffnete ihre Augen. Kein Blutdruck, kein Puls. Guyer handelte ruhig und effektiv. Er nahm den Defibrillator aus dem Koffer, und ein Rettungssanitäter assistierte ihm. Zwei, drei, vier Stösse. Frau Heidenreich zuckte zusammen.
    »Vielleicht«, sagte Guyer und zog eine neue Spritze auf. »Wenn wir Pech haben, Schwarzer, dann haben wir sie jetzt zurückgeholt.« Sanitäter hatten Frau Heidenreich auf eine Trage gelegt und ins Rettungsfahrzeug gebracht. Guyer gab ihr noch eine Spritze. »Tenecteplase«, sagte er. »Sonst haben wir vielleicht das Pech, dass wir die Frau jetzt zurückgeholt haben, aber als Verblödete in einem blöden Leben.«
    Akuter Herzstillstand – Guyer herrschte den Fahrer an, gefälligst das

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