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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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Bierdose in die Hand.
    »Danke«, sagte Jodler. »Die ersten Aufgaben sind verteilt. Clara organisiert das Lachgas. Und du könntest mir bei der Materialbeschaffung helfen. Als Automechaniker verstehst du was von Ventilen, Schläuchen, Rohren, Atemmasken und Handschuhen.«
    »Und?«, fragte Jodler, als Anarchisterix ins Zimmer kam.
    »Ich glaub’s nicht«, sagte Anarchisterix, »ich glaub’s einfach nicht«, und schüttelte sein schütteres Haar, bis ihm zwei Strähnen ein Auge verdeckten. Er strich sie weg. »Ich bekomme das Kohlenmonoxid. Einfach so. Zuerst war ich defensiv. Sprach mit dem Geschäftsleiter, war gut vorbereitet. Als er sagte, sie machten nur Gas der höchsten Qualitätsstufe, da habe ich eingehakt. ›Ebendarum‹, sagte ich, ›wende ich mich an Sie. Weil das bekannt ist, dass Carbagas das reinste Gas macht überhaupt, europaweit.‹ Er widersprach zwar, der Form halber, war aber so geschmeichelt, dass ich ihn nach seinen Kunden fragte. ›Chemische Industrie‹, sagte er, ›Laboratorien.‹« Anarchisterix schüttelte den Kopf, nahm seine Brille ab und fuhr fort: »Ich glaub’s einfach nicht. ›Keine Privatkunden?‹, fragte ich, was er verneinte. ›Und kann man auch Einliterflaschen bestellen bei Ihnen?‹ Er bejahte und gab mir den Chefmixer, und der sagte: ›Unser Gut ist rar, Qualität 47.‹ Das hat mich umgehauen. Leute, wenn man Qualität 47 in einen Feuerlöscher umfüllt, dann knallt’s. Geht nicht. Also habe ich gesagt:›Ich möchte dann bei Ihnen gern einen Liter CO bestellen und eine Flasche Helium.‹«
    Jodler schwieg, alle schwiegen, und Anarchisterix war enttäuscht. »Verdammt noch mal, das geht! Das kann ich mischen! Ich verunreinige das hochreine und einmalig rare Gas der Carbagas AG mit etwas Helium. Muss genau berechnet werden, ist heikel, aber machbar. Es ist machbar.«
    »Wann hast du es?«, fragte Jodler.
    »Morgen«, sagte Anarchisterix. »Zuerst sprach er von einer Woche. Ich sagte: ›Unmöglich‹, fachsimpelte noch ein bisschen mit ihm, bis er sagte: ›Morgen Abend können Sie es haben.‹«
    »Gut«, sagte Jodler. »Dann brauchen wir in kein Labor einzubrechen. Wäre schwierig geworden. Obwohl Hardcore das sicher geschafft hätte.« Hardcore reagierte nicht, und Jodler dachte: Ecstasy ist ein Flittchen, aber liebenswert. Unglaublich liebenswert. »Du bleibst in der Wohnung, Ecstasy. Anarchisterix, Hardcore und ich besorgen uns jetzt ein paar Dinge. Hab Spaghetti gekauft. Mag sie al dente.«
    »Ich checke die Sicherheitslage«, sagte Tricolor und ging, grusslos.
    »Komischer Typ«, sagte Ecstasy, und ihr Gesicht wurde glühend rot.
    »Komisch heisst nicht immer lustig«, sagte Jodler.

    11.00
    Clara hatte eine Freundin aus Studienzeiten angerufen. Margrit Colani arbeitete auf der Notfallstation im Kantonsspital St. Gallen. »Prima«, hatte Clara gesagt, »dann schneid ich mir jetzt einen Finger ab, und du machst die Erstversorgung. Freu mich sehr, dich wieder mal zu sehen.«
    Margrit war die Beste. Sie war immer die Beste gewesen im Studium – ihr Verhängnis. Chefärzte mögen sie nicht, die Besten,und schon gar nicht die besten Oberärzte. Sie erwartete Clara bei der Loge im Trakt A. »Womit kann ich dienen?«, fragte Margrit.
    Clara entschied sich, keinen Eiertanz aufzuführen, das ging nicht, dazu war Margrit zu intelligent. »Ich brauche eine Literflasche Lachgas«, sagte Clara.
    »Die brauchst du allerdings, meine Liebe, meine vom Ernst des Lebens gezeichnete Clara, und wenn ich dich dafür im Gegenzug einmal lachen sehe, dann bedien dich.«
    Sie gingen durch ein paar Flure, Margrit suchte einen Schlüssel. »Sauladen, ist das ein Sauladen«, sagte sie und zeigte auf eine ziemlich grosse Vitrine. »Unser Giftschrank. Zerbrechlich. Wenn du ihn anpustest, zerbirst er. Aber verrammelt und verriegelt und womöglich auch noch versiegelt«, sagte sie und öffnete ihn. »Praktisch«, lachte sie.
    »Was?«, fragte Clara.
    »Dass du die passende Tasche gleich mitgebracht hast.« Als Clara etwas sagen wollte, unterbrach Margrit sie sofort: »Nichts, ich will nichts wissen, rein gar nichts. Ich will dich endlich einmal lachen sehen, Clara, das würde diesen Tag für mich erträglicher machen: eine geknackste Fussballerwade; ein Hundebesitzer, dessen Tierchen sein Herrchen offenbar mit einem Einbrecher verwechselt und in die Hand gebissen hat; ein Infarkt: Raucherin plus Pille; ein Treppensturz: Trottel plus besoffen; eine Stichwunde: Ausländer plus Messer

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