Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
Geschäften gefragt?“
Hielt Hirschmann sie für bescheuert? Er musste sehr unter Druck stehen, so kannte sie ihn gar nicht. „Selbstverständlich. Der Anwalt hat behauptet, dass Baumgart seinem Mandanten bei der Vermittlung von Firmenbeteiligungen in Niedersachsen behilflich war. Milner scheint sich im großen Stil in norddeutschen Unternehmen einzukaufen und will offensichtlich nicht selbst in Erscheinung treten.“
Hirschmann kratzte sich an seiner Nase. „Hm, das Kapital ist manchmal scheu wie ein Reh.“
„Und genauso flüchtig“, fügte Verena hinzu. Auch mit dieser ironischen Bemerkung konnte sie dem Direktor kein Lächeln entlocken. Er war heute wirklich ungewöhnlich schlecht drauf. „Mehr war aus Milner beziehungsweise seinem Anwalt nicht herauszubekommen. Und ich konnte sie ja schlecht nach illegalen Geschäften und Verwicklungen in Geldwäsche fragen. Die Kollegen vom Wirtschaftsdezernat haben gegen ihn nichts in der Hand. Alles nur Vermutungen.“
Hirschmann klopfte ungeduldig mit seinem Kugelschreiber auf Verenas Schreibtisch. „So kommen wir nicht weiter. Wir brauchen endlich Erfolge.“
Auch wenn er seine Vorwürfe vom Vortag wiederholte, wurden sie dennoch nicht stichhaltiger. Langsam wurde es Verena zu viel. „Ich kann die Wahrheit ja nicht aus ihm herausprügeln. Außerdem können wir nicht ausschließen, dass Milner tatsächlich nichts weiß. Es gibt trotzdem Neuigkeiten. Mein Kollege aus Eberswalde, Jan Schuster, hat mich vorhin angerufen. Bei der Berliner Polizei hat sich ein Taxifahrer gemeldet. Er will gesehen haben, dass Baumgart vor dem Hauptbahnhof in einen schwarzen Audi gestiegen ist. An den Fahrer konnte er sich nicht erinnern, an Baumgart schon.“
Hirschmann richtete den Kugelschreiber wie eine Pistole auf sie. „Und das sagen Sie erst jetzt? Das wirft ein völlig neues Licht auf den Fall. Warum meldet sich der Taxifahrer erst jetzt? Und überhaupt, weshalb informiert uns die Berliner Polizei nicht direkt? Seit Tagen berichten die Radiosender von dem Mord.“
„Der Berliner Kollege mag keine Wessis. Und Baumgart ist nun mal in Brandenburg erstochen worden. Also hat er dort angerufen und nicht bei uns. Der Taxifahrer ist ein Illegaler aus Marokko. Er hat Angst, abgeschoben zu werden, und ist deshalb erst Tage später in Begleitung eines Anwalts bei der Polizei aufmarschiert. Der hat die Aussage davon abhängig gemacht, ob sein Mandant bleiben darf.“
„Nicht zu fassen“, empörte sich Hirschmann. „Die kommen illegal hierher und stellen auch noch Forderungen. Was ist eigentlich mit dem Autokennzeichen? Hat der Marokkaner wenigstens das gesehen?“
„Nein, leider nicht. Angeblich hat er nur gesehen, dass Baumgart in einen schwarzen Audi zu einem schwarz gekleideten Mann gestiegen ist. Die Berliner Polizei führt bereits eine Umfrage bei den Taxibetreibern durch. Vielleicht hat ja noch ein anderer Fahrer etwas mitbekommen. Kollege Schuster bleibt auch am Ball. Außerdem checken Pieper und zwei weitere Beamte noch immer Baumgarts geschäftliches Umfeld. Seine Mails geben leider nicht viel her, die Gespräche mit Baumgarts Mitarbeitern bislang auch nicht. Wir können trotzdem weiterhin nicht ausschließen, dass die Morde mit Geschäften der Baumgart Holding zu tun haben. Frau Schramm ist mit der Auswertung der Presseberichte der letzten Jahre über Baumgart befasst. Das Ergebnis erwarte ich in Kürze. Ich selbst will noch einmal mit Baumgarts Vorstandskollegen Hansen sprechen.“
Hirschmann war noch immer nicht zufrieden. „Warum gehen Sie von geschäftlichen Gründen aus? Es kann doch auch sein, dass etwas Privates dahintersteckt. Vergessen Sie nicht, dass Baumgart mit Frau Wächter ein Verhältnis hatte. Und falls es stimmt, dass Wächter mehrfach in Baumgarts Haus auf Sylt Urlaub gemacht hat, kann es doch auch um Bunga-Bunga-Partys gehen. Darüber ist schon manch ein Politiker gestürzt.“
„Wollen Sie damit andeuten, dass es um politische Motive geht?“
Verenas Frage erschreckte den stets um bestes Einvernehmen mit der Politik bemühten Direktor. „Um Gottes willen, wie kommen Sie denn darauf? Ich hatte an illegalen Frauenhandel gedacht. Vielleicht wurden junge Frauen gegen ihren Willen in Baumgarts Ferienvilla verschleppt, um seinen Gästen und ihm zu Diensten zu sein. Kann doch sein, dass eine der Damen sich gerächt hat.“ Erneut wurde die Schreibtischplatte mit dem Kugelschreiber bearbeitet.
Eine abenteuerliche Theorie, dachte Verena. „Dafür
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