Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
aufgehetzt hat?“ Der Unternehmer reagierte erbost. „Seien Sie vorsichtig, was Sie sagen, sonst bekommen Sie es mit meinen Anwälten zu tun. Sie suchen doch nur einen Schuldigen für Ihr Unvermögen“, bellte er durchs Telefon, bevor er den Hörer auflegte
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Unversehens fand ich mich in der Welt der Verlierer, der Gestrandeten, der Unterschicht wieder. Menschen, die man mied wie Pestkranke im Mittelalter. Der ehemals gefeierte Leistungsträger und Garant für Arbeitsplätze, der erfolgreiche Firmeninhaber Martin Heidkamp war gescheitert. „Wie peinlich“, meinten die einen, „selbst schuld“die anderen. Einig waren sich alle darin, mir jegliche Unterstützung zu verweigern
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Das gern in diesen Kreisen benutzte Bekenntnis zur Solidarität erwies sich als Seifenblase. Mein langjähriger Bankberater erklärte sich für unzuständig. Der Konkursfall Heidkamp war an die Insolvenzabteilung der Bank übergeben worden. Auch der von mir kontaktierte Parteivorsitzende der Bürgerpartei, Alfred Bitter, wollte nichts für mich tun. Dass ich ihm wiederholt mit Spenden unter die Arme gegriffen hatte, war in Vergessenheit geraten. Er verwies mich an den zuständigen Landtagsabgeordneten. Der fühlte sich ebenfalls nicht zuständig und brachte die Abteilung für Landesbürgschaften im Finanzministerium ins Spiel. Der dortige Abteilungsleiter meinte lapidar: „Also ohne Hausbank läuft da gar nichts. Sprechen Sie mit Ihrer Bank.“ So landete ich wieder beim Ausgangspunkt, bei meiner Hausbank
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Niemand wollte noch etwas mit mir zu tun haben. Nicht einmal meine ehemaligen Mitarbeiter, von denen nicht wenige in zweiter Generation in meinem Unternehmen arbeiteten. Die einzige Ausnahme war meine Sekretärin. Eines Tages besuchte sie mich bei mir zu Hause. Noch war mir mein Wohnhaus nicht weggenommen worden, obwohl der Zeitpunkt der Zwangsversteigerung unaufhaltsam näher rückte. Ich war allein, meine Frau war zwischenzeitlich ausgezogen, unsere fünfzehnjährige Tochter hatte sie mitgenommen. Beide wohnten jetzt bei meinen Schwiegereltern in Oldenburg, wo mein Schwiegervater eine florierende Zahnarztpraxis betrieb. Um meine Tochter tat es mir leid, ich vermisste sie sehr
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Meine Mitarbeiterin sah mitgenommen aus. „Unser neuer Chef, Herr Müller, hat uns jeglichen Kontakt mit Ihnen verboten und ich bin auf mein Gehalt angewiesen“, sagte sie unter Tränen. Ich äußerte Verständnis, obwohl ich keines hatte. Sie reichte mir ein Blatt Papier. „Ich wollte, dass Sie das kennen. Aber verraten Sie mich nicht.“ In ihren Augen stand Angst. „Natürlich nicht“, versicherte ich, während ich das Schreiben an mich nahm. Ein Rundschreiben von Ansgar Müller, in dem er meinen langjährigen Kunden mitteilte, dass er zum Konkursverwalter über das Vermögen der Firma Heidkamp bestellt worden ist. Die folgenden Sätze verschlugen mir die Sprache
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„Nachdem ich mir einen Überblick verschafft habe, konnte ich feststellen, dass das Unternehmen über eine gute Produktpalette und eine kompetente Mannschaft verfügt. Im Einklang mit dem Konkursgericht habe ich daher entschieden, das Unternehmen weiterzuführen. Wir werden Sie in gewohnter Qualität bedienen. Bitte schenken Sie uns auch künftig Ihr Vertrauen.“
Nun hatte ich es schwarz auf weiß. Das Schwein hatte es von Anfang an darauf abgesehen, mir meine Firma wegzunehmen. Und der Scheißpolitiker namens Wächter hatte ihn darin unterstützt. Ich war in eine Falle getappt. Eine miese Falle, die eine zerstörerische Seilschaft aus Politik und Wirtschaft aufgestellt hatte, um meinen Ruin zu betreiben. Nachdem meine Mitarbeiterin gegangen war, setzte ich mich ins Auto und fuhr zum Landtag. Der Pförtner war irritiert. „Sie wollen mit dem Abgeordneten Wächter sprechen? Haben Sie einen Termin?“
„Den brauche ich nicht. Sagen Sie ihm einfach, dass Herr Heidkamp hier ist. Das reicht.“
Der Pförtner schaute mich skeptisch an, ließ sich aber immerhin dazu herab, mich anzumelden. Nach dem sehr kurzen Telefonat wurde sein Blick noch skeptischer. „Herr Wächter hat leider keine Zeit, Sie mögen sich in seinem Wahlkreisbüro einen Termin besorgen.“
So leicht ließ ich mich nicht abspeisen. „Sagen Sie mir einfach die Zimmernummer, ich finde alleine dorthin“, forderte ich den Pförtner auf
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„Das geht nicht, ohne Anmeldung können Sie da nicht hinein.“
Ich achtete nicht weiter auf ihn und stürmte in Richtung der Büroräume. Meine Wut war so groß, dass ein
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