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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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würde. Ihr Verhältnis zu Moritz war gelinde gesagt angespannt. Sie tat sich schwer damit, dass Jürgen einen erwachsenen Sohn hatte. Hinzu kam, dass Moritz ganz anders war als sein Vater, nicht nur äußerlich.
    Verena öffnete eine Dose Gulasch mit Nudeln und eine Flasche Bier. Während des Essens ging sie zum hundertsten Mal die Mordfälle durch. Tief in ihrem Inneren spürte sie, dass sie etwas übersehen hatte.
    Wenn doch nur Stolli noch an ihrer Seite wäre. Die Gespräche mit ihm hatten sie manches Mal auf Ideen gebracht, die sich im Nachhinein als goldrichtig erwiesen hatten. Nach dem Essen rief sie ihn an. Es meldete sich jedoch nur seine Mobilbox. Dann fiel ihr ein, dass sie demnächst ohnehin nach Osnabrück fahren würde, um das Grab ihrer Eltern zu besuchen. Die Vorfreude auf das Wiedersehen mit Stolli und den Gedankenaustausch über den Doppelmord machte das Alleinsein in der riesigen Wohnung, die ohne Jürgen wie ausgestorben wirkte, erträglicher.

44
H ANNOVER , K IRCHRODE
    Schon beim Frühstück stand Jürgen die Besorgnis ins Gesicht geschrieben. „Du siehst kränklich aus.“
    Verena verschwieg ihm ihre Magenprobleme. „Es geht mir gut, mach dir keine Sorgen“, beruhigte sie ihn.
    „Du arbeitest viel zu viel und gönnst dir zu wenige Pausen!“, meckerte er. Als er noch Chef des LKA war, hatte ihn ihr Arbeitseifer nie gestört. Verena musste ihm hoch und heilig versprechen, abends pünktlich nach Hause zu kommen. Bevor sie in ihr Büro fuhr, wollte sie Frau Baumgart einen Besuch abstatten. Noch war der Verdacht gegen sie nicht gänzlich ausgeräumt. Und in der festgefahrenen Situation, in der die Ermittlungen steckten, musste sie nach jedem Strohhalm greifen.
    Baumgarts Wohnhaus in Kirchrode lag nur wenige Schritte von ihrer Wohnung entfernt. Für einen der reichsten Männer des Landes machte sich das zweistöckige Familienhaus aus den Fünfzigerjahren bescheiden aus. Einen Multimillionär würde man hier nicht vermuten. Über der Haustür war eine Videokamera angebracht. Sie hatte kaum die Klingel betätigt, als die Haushälterin, eine junge, attraktive Frau mit südländischen Wurzeln, die Tür öffnete. Sie erkannte Verena auf Anhieb und bat sie ins Wohnzimmer. Ihr Deutsch war akzentfrei. Frau Baumgart saß auf dem schwarzen Ledersofa und war kaum auszumachen, da sie ebenfalls komplett in Schwarz gekleidet war. Beim Näherkommen bemerkte Verena, dass die Schuhe mit einer Brillantschnalle geschmückt waren. Vermutlich hatten die Schuhe mehr gekostet, als Verena im Monat verdiente. Tiefe Schatten unter den Augen und Falten um den Mund zeugten davon, dass die Witwe in letzter Zeit zu wenig Schlaf bekommen hatte. Vor ihr auf dem Marmortisch lagen Frauenzeitschriften und Hochglanzmagazine, eines davon war aufgeschlagen. Der Händedruck, mit dem sie die Polizeibeamtin begrüßte, war schlaff. Mit einer einladenden Geste wies sie Verena den Sessel neben sich zu und schaute sie erwartungsvoll an.
    „Vielen Dank, dass Sie erneut Zeit für mich haben, Frau Baumgart. Sie sind für uns eine wichtige Zeugin. Einige Fragen sind noch offen geblieben“, begründete Verena ihren neuerlichen Besuch.
    „Ich dachte, wir hätten alles geklärt?“ Frau Baumgarts Stimme klang müde.
    „Leider nein. Niemand in der Firma Ihres Mannes kann sich einen Reim darauf machen, was er ausgerechnet in Eberswalde wollte. Sie haben auch keine Ahnung?“
    Die Witwe wirkte genervt. „Das haben wir doch alles schon hundertmal besprochen. Auch dass mein Mann in Berlin mit Boris Milner verabredet war. Von Eberswalde hat er nichts gesagt.“
    „Ihr Gatte wurde am Hauptbahnhof in Berlin von diesem Mann abgeholt. Kennen Sie ihn vielleicht?“ Verena holte aus ihrer Tasche das Phantombild hervor und reichte es ihr.
    Ihr Gegenüber musterte das Bild eingehend, schüttelte dann aber bedächtig den Kopf. „Nie gesehen. Das muss aber nichts heißen. Die meisten Geschäftspartner meines Mannes waren mir nicht bekannt.“
    Verena steckte das Bild wieder ein. Unauffällig taxierte sie die Frau. Falls sie den Mann kannte, ihn sogar beauftragt hatte, ihren Mann und Wächter umzubringen, war ihr nichts anzumerken. Aus einem der Nebenräume war Hundegebell zu hören.
    „Ach Gott“, seufzte die Witwe. „Heiko von Heidewald, der Jagdhund meines Mannes. Ich werde ihn einschläfern lassen müssen.“
    Verena missfiel die Vorstellung. „Geben Sie ihn doch in ein Tierheim.“
    Die Witwe zog ihre Augenbrauen hoch. „Das geht nicht. Einen

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