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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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Mal sein Testament ändert – zugunsten Gian Francesco Picos, diesem … diesem …!« Er rang nach Worten. »Nur Gott weiß, was der Signore da tut, er selbst scheint es nicht zu wissen. Er hat das Geld, die ganzen zehntausend Fiorini, Savonarola geschenkt!«
    »Das kann nicht wahr sein! Ich werde mit ihm reden«, versprach ich und ging zum Laboratorium.
    Ich klopfte, aber niemand forderte mich auf, einzutreten. Vielleicht wollte Giovanni seine Ruhe haben, nachdem sein unerträglicher Neffe abgereist war. Er hatte den Familiensinn eines Eremiten: Er liebte die Einsamkeit, die Stille, das Denken. Nur Freunde, die ähnlich wie er empfanden – Lorenzo und Angelo – waren ihm nahe. Ich klopfte erneut, dieses Mal lauter, fordernder. Keine Antwort. Die Tür war nicht verschlossen, also trat ich ein.
    Giovanni war nicht da.
    Im Alambic über dem lodernden Feuer schmauchte eine blutrote Masse vor sich hin, wand sich wie eine Schlange im Todeskampf, tränte eine wasserhelle Flüssigkeit aus. Separatio – die Trennung! Giovanni hatte das Opus von neuem begonnen. Ein Blick in den Steinmörser ließ mich erschauern. Als Prima Materia hatte er den Staub eines zertrümmerten Totenschädels gewählt. Sein Memento mori, der Totenschädel, der ihn jahrelang zu Selbstdisziplin und einer zügigen Arbeitsweise ermahnt hatte, lag zerschlagen auf dem Arbeitstisch. Giovanni experimentierte mit dem Tod! Ich kann das Entsetzen und die Angst, die in diesem Augenblick wie flüssiges Metall durch meine Adern rannen, auch heute, so viele Jahre später, nicht in Worte fassen.
    »Giovanni!«, rief ich unruhig.
    Keine Antwort.
    Die Tür zum Garten stand offen, und ich ging hinaus.
    Einige Schritte entfernt, in der Nähe der Gartenloggia, brannte ein Feuer. Ein Dominikaner stand mit dem Rücken zu mir und starrte in die Flammen, die aus einem Haufen Bücher und handschriftlicher Notizen emporzüngelten. Ein Windstoß trug einen brennenden Papierfetzen bis zu mir. Ich hob ihn auf. Es war der verkohlte Rest eines Sonetts. Die Bücher auf dem Scheiterhaufen: Das waren Giovannis Liebesgedichte.
    Mein Zorn kochte über. Dieser verdammte Fra Girolamo! Wie konnte er es wagen! Beinahe hätte ich mich auf den Dominikanermönch vor dem Feuer gestürzt, so wenig hatte ich meine Gefühle unter Kontrolle. »Frater!«, rief ich, um Savonarola zur Rede zu stellen.
    Der Mann im Dominikanerhabit drehte sich um, und ich erschrak. Es war nicht Savonarola!
    »Noch nicht« , sagte Giovanni leise. »Noch bin ich kein Frater.«
    Er hatte seine langen Haare kurz geschnitten, als sollte er noch an diesem Abend die Tonsur erhalten. Sein Anblick fügte mir körperliche Schmerzen zu. Ich kämpfte mit den Tränen, als ich die Hand ausstreckte, um sein schönes Gesicht zu berühren, doch dann zog ich sie zurück, als hätte ich sie mir verbrannt.
    Giovanni stand vor mir wie die Statue eines Heiligen, unbewegt und unbeweglich. Er nahm mich nicht in den Arm, um meine Tränen zu trocknen, mich zu trösten, zu beschwichtigen, um mir irgendetwas zu erklären, was ich nicht verstehen wollte.
    Trotzig wischte ich mir mit dem Ärmel die Tränen ab. »Du wirst die Gelübde ablegen?«
    »Girolamo kommt nachher und …«
    »Du wirst ins Kloster San Marco gehen?«, unterbrach ich ihn.
    »Nein, Caterina! Ich werde in den ersten Monaten hier in der Villa bleiben, um meine Exerzitien zu machen. Ich werde hier in selbst gewählter Klausur leben. Girolamo ist damit einverstanden. In San Marco könnte ich meine Studien nicht fortsetzen …«
    »Er ist damit einverstanden ?«, flüsterte ich niedergeschmettert.
    Mein Ringen mit Gott schien verloren, bevor es begonnen hatte. Er hatte sich meinen Geliebten genommen, um mich zu verletzen. Und dabei bediente Er sich seines willigen Werkzeugs Fra Girolamo.
    »Ich verfluche Savonarola! Ich verfluche diese Geißel Gottes bis ans Ende aller Tage! Möge er im Fegefeuer brennen!«, schrie ich unbeherrscht. »Giovanni, welchen Einfluss hat dieser … dieser Mensch auf dich!«
    Giovanni sah, wie ich litt. »Er ist ein Heiliger, Caterina«, versuchte er mich zu beruhigen. »Und er ist mein Freund. Im Übrigen habe ich diese Entscheidung selbst getroffen.«
    »Wozu?«
    »Ich bin exkommuniziert«, erklärte Giovanni geduldig. »Außerhalb der Kirche kann ich kein Seelenheil erwarten. Er gibt mir die Möglichkeit, meine Seele zu retten. Er gibt mir Hoffnung. Er gibt meinem Leben den Sinn, den es nach Lorenzos Tod verloren hat.«
    »Wie kann ein anderer

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