Die Karriere-Bibel
bleiben
Frank ist der Typ offenes Buch: Er posaunt seine Meinung heraus, sagt, was er denkt, und berichtet jedem über seine Pläne.
Er ist eine ehrliche Haut, und wahrscheinlich denkt er, wenn er andere durch seine Offenheit von seinem edlen Wesen überzeugt,
steigert das seine Reputation. Von wegen! Was die Leute wirklich wahrnehmen, ist: Der Kaiser ist nackt! Macht wird nur dem
zuteil, der Respekt wecken kann. Dem Geheimniskrämer gelingt das besser: Die anderen haben keine Ahnung, was er vorhat, und
können sich deshalb schwer darauf einstellen. Das flößt Ehrfurcht ein. Natürlich heißt seine wahren Absichten zu verbergen
nicht, sich zu verschließen. Das macht misstrauisch. Man kann und sollte ruhig von seinen Plänen und Ideen sprechen – nur
nicht notwendigerweise immer von allen und den wahren.
Es ist ein Irrglaube, dass man nur Gutgläubige auf die zeitraubende Jagd nach dem falschen Köder schicken könnte. Das Gegenteil
ist richtig: Gerade Paranoide und Übervorsichtige lassen sich am leichtesten ablenken. Der Trick ist, zunächst ihr Vertrauen
zu gewinnen. Danach können sie sich kaum noch vorstellen, dass die nette Person etwas anderes im Schilde führt. Genauso funktionieren
Geschenke, sie sind die perfekte Tarnung. Kaum einer kann diesem Ausdruck von Wertschätzung widerstehen. Ob materielle Präsente
oder eine exklusiv zugeflüsterte Vertraulichkeit – wer so umschmeichelt wird, gibt leicht eigene Geheimnisse preis. Hüten
Sie sich also vor Geschenken! Vor allem, wenn sie von Konkurrenten kommen.
Die dritte Strategie ist das Spiel mit der Eitelkeit. Je tiefer man in Machtzirkel eindringt, desto häufiger begegnen einem
Menschen, die in sich selbst verliebt sind. Dumm nur, dass an dieser Liebe kein anderer beteiligt ist. So bleibt sie immer
unbefriedigend – und das ist Ihre Chance: Schauen Sie tief in die Seele des anderen, loten Sie seine Vorlieben aus und machen
Sie sich zu einer Art Echo. Kaum einer macht sich heute die Mühe, die Dinge mit den Augen des anderen zu sehen, ihn wirklich
zu verstehen. Wer das aber tut und das Innerste seines Gegenübers spiegelt, der entwaffnet und überwältigt ihn.
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|379| 6. November
Mangelhaken – Wahre Macht macht sich rar
Mit Gütern ist es so: Was selten ist, ist teuer; Überangebot dagegen lässt Preise purzeln. Mit Menschen ist es genauso. Je
mehr von einem zu hören und zu sehen ist, desto gewöhnlicher wird er. Wer zu leicht erreichbar ist, dessen Aura wird sich
abnutzen. Ist man in einer Gruppe aber etabliert, steigert zeitweise Abwesenheit den Wert enorm. Mehr noch: Wer sich rarmacht,
um den ranken sich schnell Mythen, er wird bewundert und vor allem vermisst. Der Boulevard, auf dem manche versuchen, durch
ständige Präsenz zu beeindrucken, führt geradewegs zum Schlussverkauf. In der Liebe läuft das auch nicht anders.
Mit der Masche machte sich einst Deiokes zum König. Im 8. Jahrhundert vor Christus mussten sich die Meder einen neuen Herrscher
suchen. Nach einigen schlechten Erfahrungen lehnten sie jedoch eine Monarchie ab. Das Land versank im Chaos. Deiokes aber
war bekannt dafür, jeden Streit weise zu schlichten. So wurden ihm binnen kurzer Zeit immer mehr Streitigkeiten der Umgebung
vorgetragen, bis er schließlich der oberste Richter des Landes wurde. Da verließ Deiokes seinen Richterstuhl und zog sich
zurück. Wieder versank das Land im Chaos. Aber diesmal war der Leidensdruck groß genug, dass die Meder einen König verlangten
– Deiokes. Er regierte über 50 Jahre.
Das Prinzip funktioniert auch rund 3000 Jahre später. Was immer Sie zu bieten haben, achten Sie darauf, dass es schwer zu
finden ist, suchen Sie sich eine gefragte Lücke – dann machen Sie sich rar und Sie werden Ihren Wert steigern. Mit dieser
Strategie lässt sich nicht nur Macht mehren, sondern sogar Respekt wiedererlangen, den man verloren hat. In einer Gesellschaft,
in der Prominenz und Medienpräsenz begehrt sind, ist das Spiel mit dem Rückzug besonders wirkungsvoll. Wer sich aus freien
Stücken zurückzieht, dokumentiert große Unabhängigkeit vom Medienzirkus und der Meinung anderer. Bei Greta Garbo war es nicht
anders. Sie war erst Mitte 30, als sie sich 1941 zurückzog, und für viele kam der Abschied zu früh. Aber die Garbo wollte
nicht warten, bis das Publikum ihrer müde würde. Chapeau!
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|380| 7. November
Prahl, Hans! – Wer aufsteigen will, muss auffallen
Wenn Sie
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