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Die Karriere-Bibel

Titel: Die Karriere-Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Mai
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kurz. Journalisten, die ihn interviewten, erhöhten
     die oft bedeutungsleeren Phrasen – nur, weil sie glaubten, hinter der Plattitüde müsse etwas Profundes stecken. Dabei war
     es nur Blabla. Allerdings wohldosiertes.
    »Die menschliche Zunge ist eine Bestie, die nur wenigen gehorcht. Ständig versucht sie, aus ihrem Käfig auszubrechen«, warnte |376| Leonardo da Vinci. Und so ist es bis heute: Quasselstrippen genießen nicht nur wenig Ansehen, sie riskieren ständig, etwas
     Blödes oder gar Gefährliches zu sagen. Es ist ein Fehler, Menschen mit Worten beeindrucken zu wollen. Das wusste schon jener
     Abbé Joseph Antoine Dinouard, der 1771 ein Traktat über
Die Kunst, den
Mund zu halten
verfasste. Je mehr man sagt, desto durchschnittlicher wirkt man. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass die Aufmerksamkeit
     Ihres Gegenübers bereits nach zehn Sekunden sinkt. Nach 60 Sekunden beginnen die meisten darüber nachzudenken, was sie darauf
     antworten wollen. Und nach zwei Minuten hört Ihnen eh keiner mehr zu. Reden ist eben nur Silber, Schweigen viel machtvoller.
     Wer bewusst mit Worten geizt, macht jedes einzelne davon wertvoller, vermehrt die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wird, und
     bringt die Leute dazu, lange darüber nachzudenken, was zwischen den Zeilen stecken könnte.
    Allerdings ist es beim Schweigen wie mit allen Taktiken: Man sollte sie gelegentlich variieren. Wer vorhersehbar handelt,
     verschafft anderen damit ein gewisses Maß an Kontrolle über sich. Wer hingegen unberechenbar bleibt, steigert seine Macht.
     Ihre Zuhörer werden dann über die Motive spekulieren, darüber reden, meinen, denken, glauben und versuchen, Muster zu erkennen,
     die es nicht gibt. Im Extremfall führt diese Strategie zu blankem Terror. Auf jeden Fall aber versorgt sie den Schweigsamen
     mit viel Charisma.

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    4. November
Bullshit – Warum Dummschwätzen manchmal klug ist
    Es ist beängstigend, wie sich manche Menschen verändern, sobald sie eine Bühne betreten. André zum Beispiel ist im beschaulichen
     Umfeld seines Büros und seiner Möglichkeiten eher umgänglich. Im Kreis vieler Kollegen dagegen mutiert er zur heißluftgetriebenen
     Rampensau. Phrasen dreschen, Worte hülsen, Sprüche klopfen – hat er alles drauf.
Bullshitten
nennt der Fachmann das. Die Fähigkeit rumzupalavern ist ein Talent. Maßvoll eingesetzt, strahlt es Kompetenz aus und suggeriert
     Durchblick. Bullshit erzählen ist jedoch etwas anderes als lügen. Ein Lügner habe die Wahrheit immer im |377| Kopf, respektiere sie aber nicht, sagt Harry G. Frankfurt, der eine scharfsinnige Analyse darüber geschrieben hat. Der Bullshitter
     hingegen habe keine Ahnung von der Wahrheit, schere sich aber auch nicht darum. Sein verbaler Senf wird aus der Not geboren.
    Weil die Ahnungslosigkeit allgemein wächst, entwickelt sich Dummschwätzen zur Epidemie. Kaum ein Ort, an dem keine Schaumschlägerei
     stattfindet. Manager, Politiker, Promis – alle reden Mist. Interessant daran ist: Die meisten Menschen sind verletzt, wenn
     sie belogen werden, bei Bullshit liegt die Sache anders. Das wird toleriert. Wahrscheinlich, weil man es nicht so persönlich
     nimmt. Wobei man zwei Bullshit-Arten unterscheiden muss: Mit Mist Nummer 1 (und das ist der größte Haufen) wollen die Urheber
     Anerkennung gewinnen. Mit dem Gebrauch von Modewörtern suggerieren sie Interesse, Bildung und Gruppenzugehörigkeit. Sie kleiden
     sich mit leeren Floskeln, um Identifikation auszudrücken. Die Zweiten verbreiten heiße Luft, um zu vernebeln, zu blenden,
     zu verschleiern, was sie verbockt haben. Ihre Devise lautet
Angriff ist
die beste Verteidigung
, weshalb sie für ihre Unverfrorenheit und Kreativität auch noch Absolution beanspruchen. So sagte US-Präsident Richard Nixon
     einmal: »Wenn der Präsident etwas tut, dann heißt das, es ist nicht gesetzwidrig.« Große Oper!
    Ein bisschen Bullshit zu verschleudern, hilft dem Image durchaus auf die Sprünge. Besonders eignet sich diese Kunst für Berufe
     wie PR-Manager, Immobilienmakler, Gebrauchtwagenverkäufer und Investmentbanker. Und sollte man dabei ertappt werden, hilft
     Verblüffung: »Wow! Das soll von mir sein? Das ist gut!!!« Das einzige Mittel gegen entdeckten Dung ist eben noch mehr davon.
     Und hilft auch das nicht: Lachen Sie! Ist doch nur Bullshit, oder?!
     
    Mehr dazu: Harry G. Frankfurt, Bullshit. Suhrkamp 2006

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    |378| 5. November
Stillleben – Wahre Absichten sollten verborgen

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