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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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ich ihn früher verraten hätte, wäre es vielleicht nicht so weitergegangen.
    Einmal sind wir allein in den Wald gegangen. Wir sind einigen Soldaten begegnet, dreien. Einen kannte ich aus der Schule, er hieß Dicky Edwards und war schon immer ein ziemlicher Tyrann gewesen. Wir sahen auf den ersten Blick, dass sie getrunken hatten. Wie sie uns schon anschauten! Wir haben Angst bekommen, und es sollte sich zeigen, dass wir allen Grund dazu hatten.«
    Jude konnte es kaum ertragen, Gran die Geschichte erzählen zu hören. Die Mädchen rannten los, aber die Männer fingen sie ein. Sie schlugen um sich, und Gran hatte das große Glück, einen Tritt zu landen, der ihren Peiniger dazu zwang, sie loszulassen und sich vor Schmerz zu krümmen. »Lass sie laufen, wir haben doch die Zigeunerschlampe«, schrie Dicky, und die junge Jessie taumelte in Richtung ihres Zuhauses, entsetzt über die Schreie und dumpfen Geräusche hinter ihr. Atemlos keuchend kam sie zu Hause an und war kaum in der Lage, ihrer erschrockenen Mutter die Geschichte zu erzählen. Der Vater wurde gerufen und der Bauer, die beide hinauf in den Wald rannten; dann benachrichtigte jemand Starbrough Hall, und von dort wurde die Polizei verständigt. Aber für Tamsin war es zu spät. Jessies Mutter erzählte Gran, dass Tamsin in ihr Lager zurückgestolpert sei, blutig und verletzt. Mrs. Wickham habe den Arzt zu ihr geschickt; die Suche nach den Kerlen wurde sofort eingeleitet. Man schnappte sie, als sie aus einem Zug stiegen. Aber als am nächsten Morgen die Sonne aufging, waren Tamsin und ihre Familie verschwunden, und viele Jahre lang schlugen Zigeuner nicht mehr ihr Lager in den Wäldern von Starbrough auf.
    »Und als sie nicht zurückkam, habe ich ihren Schmuck genommen«, murmelte Gran. »Ich wusste ja, wo sie ihn versteckt hatte, und habe ihn mitgenommen. Jude, du hast ihn doch noch, oder?«
    Jude holte die Schachtel aus ihrer Handtasche und gab sie Gran, die sie öffnete.
    »Frank«, sagte Gran, »das hier hat Ihrer Ma gehört. Ich weiß nicht, woher sie es hatte. Aber nachdem sie verschwunden war, habe ich die Kette in das Versteck im Turm gelegt, weil ich dachte, dass sie zurückkommt. Und als sie nicht kam, habe ich die Kette genommen. Ich habe sie all die Jahre behalten. Es tut mir leid.«
    Jude konnte nicht einschätzen, wie Frank dieses wirre Geständnis auffasste, aber er nahm Jude die Schachtel aus der Hand und senkte den Blick auf die wundervolle Kette. Der Juwelier hatte den siebten Stern, den das Museum an Jude zurückgegeben hatte, vorsichtig gereinigt und an seinen Platz gesetzt, sodass die Kette wieder vollständig war. Auf seinem Gesicht spiegelten sich Unsicherheit und Verwunderung. »Ist das echt?«, fragte er.
    »Ja, selbstverständlich«, sagte Jude und lächelte über Grans empörte Miene. »Der Juwelier vermutet, dass die Kette etwa aus den Jahren um 1760 stammt.«
    »Was könnte ich damit anfangen?«
    »Es ist eine Art Familienerbstück. Ich würde vorschlagen, dass Sie es behalten und in Ihrer Familie weitergeben.«
    »Da gibt’s nur Jon.« Wieder betrachtete Frank die Halskette, legte sie dann auf den Tisch und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Das alles«, sagte er, »ich kann’s kaum fassen. Es ist entsetzlich ... was meiner Ma zugestoßen ist, wollte ich sagen. Grauenhaft. Kein Wunder, dass Dad nichts davon gesagt hat.«
    »Wahrscheinlich wurde das damals als noch viel schändlicher angesehen.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Frank. »Ich weiß nicht. Ich glaub, er wollte sie beschützen. Das hat er gut gemacht.«
    Gedankenverloren saß er eine Weile da, bis Gran sagte: »Sie müssen wissen, dass ich mir das nie verzeihen konnte. Ich hätte früher über Dicky sprechen müssen. Außerdem bin ich weggerannt und habe sie allein gelassen.«
    »Aber was hättest du tun sollen, Gran? Vielleicht wäre es dir sonst auch passiert!«
    »Das habe ich mir auch eingeredet. Aber trotzdem fühle ich mich immer noch entsetzlich dabei. Einfach entsetzlich.«
    Während sie sprachen, verließ Euan seinen Beobachtungsposten am Fenster, setzte sich zu ihnen und blätterte das Fotoalbum noch einmal durch. »Wissen Sie was, Frank«, sagte er in das Schweigen hinein, »ich kann mir vorstellen, dass dieser Wohnwagen in meinem Garten tatsächlich Ihrer Mutter gehört hat. Ich habe gerade gesagt, dass es Zufall ist, Jude, aber sieh dir doch nur mal das Dekor an. Außerdem ist hier eine Schnitzerei und dort ein Stück mit der Laubsäge

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