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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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zurückkehrte, atemlos zwar, aber das Astrolabium in der Hand, war weit und breit keine Spur von ihr, und da ich in der folgenden Aufregung um die Verortung des Kometen versank, hatte ich sie bald vollkommen vergessen.
    Ein paar Tage später tauchte mein schwarz-weißer Kater Thomas nicht zum Frühstück auf. Trotz meiner Suche und meiner Rufe blieb er auch den restlichen Tag über verschwunden. Am folgenden Morgen, es war ein Sonntag, war ich zutiefst verstört, und bevor man mich einfangen und in mein verhasstes bestes Kleid für den Gottesdienst in Starbrough Church stecken konnte, schlüpfte ich hinaus in den Park und unter die Bäume, um nach dem Tier zu suchen. Obwohl Thomas noch jung war, hatte er sich als ausgezeichneter Mäusefänger erwiesen, und er streifte leidenschaftlich gern im Gelände umher. Vielleicht war er bei seinem nächtlichen Jagdausflug in die Falle des Jagdaufsehers getappt. Wie oft war er von einem Ausflug zurückgekehrt und hatte seine fetten Fänge in einem Strich auf der Schwelle der Küchentür aufgereiht. Ich muss gestehen, dass die Wahrscheinlichkeit für eine solch ausgedehnte Wanderung denkbar klein war. Aber Matt und ich hatten die Scheunen und die Stallungen bereits durchsucht, und sein Vater hatte versprochen, bei der Arbeit nach dem Tier Ausschau zu halten. Niemand, so schien es, hatte den armen Thomas gesehen, gleichgültig, ob tot oder lebendig.
    Zuerst wählte ich den üblichen Weg, der sich vom Rande des Parks durch das Gebüsch schlängelte, bis hinauf, wo die Bäume begannen. Wieder und wieder rief ich nach Thomas, hielt dort an, wo ich von den Fallen des Jagdaufsehers wusste, aber es gab nicht die geringste Spur von ihm. Beinahe hatte ich den Turm erreicht, als meine Aufmerksamkeit auf ein Büschel weißen Fells gezogen wurde, das unter dem herabgefallenen Laub abseits des Weges lag. Ich bückte mich und hob es auf. Es war weich wie Distelwolle – oder Katzenfell –, und als ich über Ausläufer des dornigen Gestrüpps in eine kleine Lichtung trat, bestätigten sich meine schlimmsten Befürchtungen: Inmitten verfilzter Klumpen weißen und schwarzen Fells lag der Kadaver eines halb verzehrten kleinen Tiers. Die Tränen rannen mir bereits über die Wangen, als ich mich neben das hockte, was von dem armen Thomas übrig geblieben war. Es musste also ein Fuchs gewesen sein. Hoffentlich hat ein schneller Tod ihn ereilt, flehte ich stumm, das wäre wenigstens sanfter, als verwundet in einer Falle zu stecken. Der wilde Wald hatte mir mein kleines Kätzchen geraubt. Ich weinte.
    Als ich mir die verschmierten Wangen mit dem Ärmel abwischte, wurde ich gewahr, dass sich jemand in der Nähe aufhielt, und drehte mich um. Es war das Zigeunermädchen, und wieder hatte es die Augen weit aufgerissen, diesmal allerdings vor Mitleid. Sie kam hinzu, hockte sich neben den armen Kadaver, und einen Moment lang schien sie trotz des bunten Kopftuchs ebenfalls ein kleines Tier zu sein, so zart wirkten die Knochen unter der gebräunten Haut. Als sie den Kopf hob, um mich anzuschauen, sah ich keine Tränen, sondern nur das stille Mitleid. Sie machte sich daran, Zweige und Laub und eine Handvoll des feuchten Waldbodens einzusammeln, welche sie über Thomas häufte. Einen Moment später half ich ihr, während ich die ganze Zeit weinte. Nachdem wir fertig waren, nahm sie mich bei der Hand. Wir standen nebeneinander, schauten auf das Grab hinunter, und ich dachte an Thomas, wie Vater ihn aus dem Wurf geholt hatte, bevor Matts Vater die anderen ertränkte. Ich dachte daran, wie Thomas als zartes Kätzchen an den Gardinen emporgeklettert war und wie genüsslich er ein Stückchen Butter geschleckt hatte.
    »Arme Katze«, flüsterte sie, und es war, als hätte sie meine Gedanken gelesen, als sie hinzufügte: »Du findest eine andere.« Erstaunt schaute ich sie an, ohne den geringsten Groll; ihr kleines herzförmiges Gesicht war ernst. »Ganz bestimmt.«
    Und sie sollte recht behalten.
    Als ich eine Stunde später mit der schrecklichen Neuigkeit nach Hause kam, spendete mir der gesamte Haushalt Trost. Thomas war ein guter Kater, sagten die Leute, aber er hatte diesen gefährlichen Hang zum Streunen. Einige Tage später kehrte Mr. Corbett mit einem gefleckten Kätzchen in einem Korb aus dem Dorf zurück. Auf Vaters Vorschlag hin nannte ich es Luna, denn mit seinem Grau und Silber war es schön wie der Mond, und wie der Mond verharrte es stur in seiner Umlaufbahn. Das Tier schätzte es gar nicht, den Hof zu

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