Die Kathedrale des Meeres
Palast von Barcelona.
»Das ist kein schlechter Ort«, meinte Jaume, als Bernat ihm von dem Vorschlag seines Sohnes erzählte. »Dort wirst du ein Zimmer finden.«
Und dorthin gingen die drei nun. Die beiden Kinder liefen voran, Bernat trug ihre wenigen Habseligkeiten. Seit ihrer Ankunft in der Stadt waren fast zehn Jahre vergangen.
Auf dem gesamten Weg bis Santa María grüßten Arnau und Joanet unablässig die Leute, denen sie begegneten.
»Das ist mein Vater!«, rief Arnau einem Bastaix zu, der einen Sack mit Getreide trug, und zeigte auf Bernat, der mehr als zwanzig Meter hinter ihnen zurück war.
Der Bastaix lächelte, ohne jedoch, unter der Last gebeugt, seine Schritte zu verlangsamen. Arnau drehte sich um und wollte erneut zu Bernat zurücklaufen, doch nach einigen Schritten blieb er stehen. Joanet folgte ihm nicht.
»Los, komm schon«, forderte er ihn auf und wedelte ungeduldig mit den Händen.
Doch Joanet schüttelte den Kopf.
»Was ist denn los, Joanet?«, fragte er und ging zu ihm zurück.
Der Kleine sah zu Boden.
»Er ist nur dein Vater«, murmelte er. »Was wird jetzt aus mir?«
Er hatte recht. Alle hielten sie für Brüder. Daran hatte Arnau nicht gedacht.
»Los, komm mit«, sagte er und zog ihn am Arm.
Bernat sah sie auf sich zukommen. Arnau zog Joanet hinter sich her, der sich zu sträuben schien. »Ich beglückwünsche Sie zu Ihren Söhnen«, sagte der Bastaix, als er an ihm vorbeiging. Bernat lächelte. Seit über einem Jahr streiften die Jungs gemeinsam umher. Und die Mutter des kleinen Joanet? Bernat stellte sich vor, wie der Kleine auf einer Kiste hockte und sich von einem Arm ohne dazugehöriges Gesicht übers Haar streicheln ließ. Er hatte einen Kloß im Hals.
»Papa …«, begann Arnau, als sie vor ihm standen. Joanet versteckte sich hinter seinem Freund. »Papa, würde es dir etwas ausmachen, Joanets Vater zu sein?«, brach es aus Arnau heraus.
Bernat sah, wie der Kleine seinen Kopf hinter Arnau hervorstreckte.
»Komm her, Joanet«, forderte Bernat ihn auf. »Du willst mein Sohn sein?«, fragte er, als der Junge sein Versteck verließ.
Joanets Gesicht begann zu strahlen.
»Heißt das ja?«, fragte Bernat.
Der Junge klammerte sich an Bernats Bein. Arnau lächelte seinem Vater zu.
»Geht spielen«, befahl ihnen Bernat, und seine Stimme versagte.
Die Jungen führten Bernat zu Pater Albert.
»Er kann uns bestimmt helfen«, meinte Arnau, und Joanet nickte zustimmend.
»Unser Vater!«, sagte der Kleine und kam Arnau damit zuvor. So hatte er Bernat auf dem ganzen Weg vorgestellt, selbst denen, die er nur vom Sehen kannte.
Pater Albert bat die Kinder, sie allein zu lassen, und lud Bernat zu einem Glas süßen Weins ein, während er sich seine Erklärungen anhörte.
»Ich weiß, wo ihr unterkommen könntet«, sagte er schließlich. »Es sind gute Leute. Sag mir, Bernat … Du hast eine gute Arbeit für Arnau gefunden, er bekommt guten Lohn und lernt einen Beruf, und Stallburschen werden immer gebraucht. Aber was ist mit deinem anderen Sohn? Was hast du mit Joanet vor?«
Bernat verzog das Gesicht und vertraute sich dann dem Priester an.
Pater Albert begleitete sie zum Haus von Pere und seiner Frau, zwei alten Leuten ohne Familie, die in einem kleinen, zweigeschossigen Häuschen gleich am Strand lebten, mit einem ebenerdigen Wohnraum und drei Schlafkammern im ersten Stock. Pater Albert wusste, dass sie daran interessiert waren, eine davon zu vermieten.
Während des gesamten Weges – auch, als er Pere und seiner Frau die Estanyols vorstellte und zusah, wie Bernat ihnen sein Geld zeigte – hatte Pater Albert den Arm um Joanets Schulter gelegt. Wie hatte er nur so blind sein können? Wie hatte er nicht bemerken können, welche Qualen dieser kleine Kerl litt? Wie oft hatte er ihn gedankenverloren dasitzen sehen, den Blick ins Leere gerichtet!
Pater Albert drückte den Jungen an sich. Joanet sah ihn an und lächelte.
Das Zimmer war einfach, aber sauber. Die ganze Einrichtung bestand aus zwei Matratzen auf dem Boden, und im Hintergrund rauschte das Meer. Arnau spitzte die Ohren, um das Hämmern der Handwerker von Santa María zu hören, die genau hinter ihnen lag. Sie aßen von der Suppe, die Peres Frau gekocht hatte. Arnau betrachtete den Teller, dann sah er auf und lächelte seinen Vater an. Wie weit war nun Estranyas Fraß entfernt! Die drei aßen mit Appetit, beobachtet von der alten Frau, die jederzeit bereit war, ihre Schüsseln erneut zu füllen.
»Ab ins Bett«,
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