Die Katze, die Domino spielte. Roman.
oder Shoo Shoo hatte einen Haarballen ausgespien. Er nickte, dankte Mitchell und las dann seine beiden Telefonnotizen:
AN: Mr. Qwilleran
VON: Andrew Brodie
ERHALTEN: Dienstag, 13.15 Uhr
NACHRICHT: George Dulac. Lake Worth, Florida
Für Qwillerans Ohren klang der Name slawisch. Das war der unglückselige Hotelgast, der sich mit einer Frau in einer fremden Sprache unterhalten hatte. Die andere Nachricht war von Dwight Somers: ›Verlasse die Insel. Die gewünschte Information kommt per Post.‹ Aus diesen paar Worten schloß Qwilleran, daß der PR-Mann gefeuert worden war, möglicherweise, weil er in den vertraulichen Unterlagen des Hotels herumgeschnüffelt hatte. Sollte das der Fall gewesen sein, dachte Qwilleran, wäre das für seinen Freund ohnehin viel besser; er war einfach zu gut für XYZ Enterprises; er verdiente zivilisiertere Arbeitsbedingungen; er sollte sein eigenes Geschäft aufmachen.
Als Qwilleran in die ›Vier Augen‹ zurückkehrte, fand er zwei unruhige Katzen vor. Sie konnten den weit entfernten Donner hören, und sie wußten instinktiv, was bevorstand. Wahrscheinlich wußten sie sogar mehr als die Meteorologen. Koko schlich herum und suchte nach einer Möglichkeit, wie er Ärger machen konnte. Yum Yum versuchte, eine Schreibtischschublade zu öffnen und murmelte dabei die ganze Zeit vor sich hin. Als Qwilleran die Schublade öffnete, um ihr zu zeigen, daß sie leer war, war das noch frustrierender für ihre weibliche Empfindsamkeit. Er versuchte, den Katzen die Herausgeberseite des Moose County Dingsbums vorzulesen, aber das langweilte sie. Ihn ebenfalls. Sie waren alle drei vollkommen durcheinander.
Er war mit den Gedanken bei Polly und bei den möglichen Gründen, warum sie sich entschließen könnte, nach Oregon zu ziehen: Ihre alte Schulkollegin drängte sie, überzusiedeln; die Möglichkeiten zum Vögelbeobachten waren unwiderstehlich; eine Vorortbücherei brauchte eine Bibliothekarin mit Pollys Erfahrung und machte ihr ein gutes Angebot; sie hatte das Alter erreicht, in dem man rastlos wird und war bereit für eine neue Herausforderung. Obwohl er versuchte, Verständnis aufzubringen, hatte Qwilleran Schwierigkeiten, sich ein Leben ohne Polly vorzustellen. Er hatte zwar viele Freunde, zwei tierische Gefährten und ein beneidenswertes Wohnhaus. Und eine Kolumne in der Zeitung und Unmengen begeisterter Leser. Und genug Geld. Doch Polly füllte eine Lücke in seinem Leben, die ihm lange Zeit schmerzlich bewußt gewesen war.
»Schluß mit diesen Sentimentalitäten!« sagte er zu den Katzen und machte sich ein Hackbraten-Sandwich. Irgendwie brachten sie den Abend hinter sich; sie hörten, daß in den ›Fünf Augen‹ ein weiteres Vorsprechen im Gange war. Die Luft war still, und das unaufhörliche Donnern schien aus mehreren Richtungen zu kommen. Kurz vor Mitternacht gab er den Katzen ihr Gute-Nacht-Häppchen und ging schlafen, wobei er sorgsam die Schlafzimmertür schloß. Wenn das Wetter bedrohlich war, kuschelten sie sich gern in sein Bett. Er dachte, er würde nicht schlafen können, aber…
Qwilleran schlief tief und fest, als der Tumult vor seiner Tür begann – zuerst das Maunzen, dann das drängende Kratzen an der Tür. Er setzte sich im Bett auf und sah auf die Uhr: es war fast zwei. Dann roch er Rauch. Diesmal war es kein Tabakrauch; irgend etwas brannte. Hastig kontrollierte er seine eigene Kochplatte in der Küche und ging dann mit einer Taschenlampe nach draußen.
Vom Nachbarhäuschen stieg schwarzer Rauch auf. Ohne eine Sekunde zu zögern, rannte er zu den ›Fünf Augen‹, hämmerte an die Tür und schrie: »June! June! Es brennt!« Die Tür war verschlossen. Er versuchte, sie einzutreten, doch er trug nur leichte Hausschuhe. Er warf sich dagegen, doch sie ging nicht auf. Er schlug mit der Taschenlampe das Vorderfenster ein und rannte dann den Weg hinauf, um die Feuerglocke zu läuten. Er läutete und läutete. Sofort gingen hinter bestimmten Fenstern in der Pension die Lichter an, und Nicks Stimme rief: »Wo ist es?«
»Im letzten Häuschen!«
»Raus! Holen Sie alle raus!«
Qwilleran lief zurück, um sich ein paar Kleidungsstücke anzuziehen – er war noch in Pyjama und Hausschuhen – und die Katzen in ihren Korb zu stecken. In der Ferne konnte er ein Kraftfahrzeug und den Signalton hören. Als er mit dem Katzenkorb draußen auftauchte, lief Nick bereits in voller Feuerwehrmontur den Weg herunter. »Bringen Sie alle in die Pension!« schrie er.
Jetzt waren in der
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