Die Katze, die für Käse schwärmte
Sie griff in ihre Handtasche und reichte ihm einen geschnitzten Holzknopf, auf dem ein Katzenkopf dargestellt war.
»Vielen Dank. Das ist wirklich reizend von Ihnen«, murmelte er.
»Vielleicht würden Sie auch gerne an einem Treffen des Knopfclubs teilnehmen. Die Mitglieder kommen aus drei Bezirken, und es sind auch etliche Männer darunter.«
»Das muß ich mir merken… Essen wir noch ein Dessert?«
Das Mahl endete mit Crème brûlee für sie und Apfelkuchen mit Käse für ihn, und sie erklärte, daß sie in ihrem ganzen Leben noch nicht so ein köstliches Abendessen erlebt hatte. Auf der Rückfahrt sprachen sie über berufliche Dinge: über die rapide Steigerung der Auflagenhöhe der Zeitung, über Wilfreds Ruhm als Radfahrer und Mildreds neue Haushaltsseite am Donnerstag.
Sarah fragte: »Haben Sie gelesen, wie oft sich die Leute im ›Kulinarischen Forum‹ auf Iris Cobb beziehen? Sie fehlt uns allen sehr.«
»Kannten Sie sie?«
»Sehr gut! Als ich als freiwillige Helferin im Museum arbeitete, lud sie mich immer zum Mittagessen ein, da sie wußte, wie sehr ich ihre Pasteten liebte. Sie müssen wissen, ich habe einen kultivierten Gaumen – ein weiteres Vermächtnis meines Vaters«, seufzte sie. Dann fuhr sie fort: »Wußten Sie, daß ich am Samstag eine der Preisrichterinnen bei den Vorausscheidungen beim Pasteten-Wettbewerb war?«
»Nein. Füllung oder Teig?«
»Füllung. Und jetzt muß ich Ihnen etwas gestehen: Es war eine ganz außergewöhnliche Pastete darunter! Für mich hat sie so gut geschmeckt wie die von Iris Cobb! Sie war mit Truthahnfleisch gefüllt, das nicht zugelassen war, aber die anderen Richter und ich, wir erlaubten uns den Jux und ließen sie zur Endausscheidung aufsteigen.« Sie fuhren durch die Tore von Indian Village. Scheu fragte Sarah: »Möchten Sie noch ein bißchen raufkommen und sich meine Knopfsammlung ansehen?«
»Vielen Dank für die Einladung, aber ich muß noch ein paar Anrufe erledigen. Vielleicht ein andermal«, sagte er. »Aber ich bringe Sie wohlbehalten in Ihre Wohnung und verabschiede mich von Sir Cedric.«
Das Tier, das den Bibliothekstisch stützte und seit hundert Jahren auf den Hinterbeinen stand, wirkte so lebendig, daß es fast unheimlich war. Sein braunes Fell war schattiert, und jedes einzelne Haar war erkennbar, und seine Augen hatten diesen traurigen Hundeblick. Qwilleran tätschelte ihm den Kopf. »Braver Hund! Braver Hund!«
Auf dem Heimweg überlegte er, daß der Abend ganz anders verlaufen wäre, wenn sein Auktionspaket an Danielle Carmichael mit ihren tausend Dollar gefallen wäre. Das Gespräch hätte sich um Einkaufszentren, Football und Kinkajus gedreht statt um Knöpfe, Baseball und geschnitzte hölzerne Hunde, und sie hätte nie einen Ausdruck wie ›Trefferquote‹ verwendet. Statt eines schlichten Kleides mit Chanel-Jacke hätte sie ein hautenges, extrem kurzes, paillettenbesticktes Cocktailkleid getragen, und die anderen Gäste hätten niemals applaudiert. Sie hätten nach Luft geschnappt, und einige hätten wohl auch boshaft gekichert. (Schließlich waren sie in Pickax und nicht in Baltimore). Und der Weihnachtsfonds wäre um 500 Dollar ärmer. Und er hätte nicht die Information über die außergewöhnliche Pastete beim Wettbewerb bekommen. Indem sie den Geist von Iris Cobb auferstehen ließ, bestärkte ihn Sara noch in seinem wachsenden Verdacht.
Sobald er zu Hause war, erledigte er ein paar Anrufe. Es war spät, aber nicht zu spät für bestimmte Nachtmenschen in seinem Bekanntenkreis.
Bei den Rikers hob Mildred ab. »Wie war dein Abendessen zu fünfzehnhundert Dollar?«
»Das tut jetzt nichts zur Sache. Du kannst es in ›Qwills Feder‹ lesen«, erwiderte er forsch. »Im Augenblick interessiert mich, was der Kanzleisafe enthüllt hat. Die Namen der Gewinner habe ich in der Zeitung gelesen. Von wem war die Superpastete?«
»Wenn ich es dir sage, versprichst du, es nicht weiterzuerzählen? Wir planen einen Artikel darüber, weißt du – wie du vorgeschlagen hast.«
Er versprach es.
»Versprichst du, es nicht einmal Polly zu sagen?«
Er versprach auch das.
»Warum interessiert dich das so?«
»Ich schreibe ein Buch über den Ursprung und die Entwicklung der Pastete vom Bergarbeiteressen zur Delikatesse für Feinschmecker.«
»Um diese Uhrzeit? Komm schon, Qwill! Du hast Geheimnisse.«
»Du bist diejenige, die etwas geheimhält. Ich sage dir klipp und klar, daß ich ein Buch schreibe.« Er war immer drauf und dran, ein Buch
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