Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
Vom Netzwerk:
hervorragend.«
    »Alles, was Robert kocht, ist hervorragend. Ist er heute abend da?«
    »Sie müssen ihn Roberto nennen, Mister Qwilleran. Nein, sonntags hat er frei, und Montag ist Ruhetag, aber fünf Tage in der Woche beaufsichtigt er höchstpersönlich die Küche! Stellen Sie sich das vor! Ein Rechtsanwalt! Und kocht Spaghetti!«
    Ein unauffälliges Schild am Eisengeländer vor einem Stadthaus verkündete: ›Da Roberto – Norditalienische Spezialitäten‹. Sie stiegen die steinernen Stufen hinauf, und Qwilleran wußte schon, was ihn erwarten würde. Er hatte lange genug in Junktown gelebt und kannte die alten Stadthäuser. Zwar waren sie in Pensionen umgewandelt worden, doch hatten sie noch immer hohe Räume, kunstvoll verzierte Holzverkleidungen, prunkvolle (mit Brettern vernagelte) Kamine und (elektrifizierte) Gas-Kronleuchter – alles in den unterschiedlichsten Stadien der Abnutzung. Robert Maus mit seiner Begeisterung für den englischen Herrenhausstil hatte gewiß noch rote Samtvorhänge angebracht und Lederfauteuils mit Nagelkopfverzierung hineingestellt. Ecco! Schon war es norditalienisch!
    Deshalb erlebte Qwilleran einen Schock, als sie das Restaurant betraten. Die Innenräume waren vollkommen ausgeräumt und umgestaltet worden. Die Wände, die Decke und die Rundbögen waren alle durchgehend glatt verputzt und in einem vanillefarbenen Ton gestrichen. Der Teppich war auberginenfarben, wie die Polsterung der Stahlrohrstühle. Tischlampen und Wandleuchten mit seidenen Schirmen warfen ihr goldenes Licht auf die cremefarbenen Tischtücher.
    Bevor er ein Wort herausbrachte, kam ihnen eine weißhaarige, mit Speisekarten bewaffnete Frau entgegen, die überaus aufgeregt war. »Mister Qwilleran! Erinnern Sie sich an mich? Ich bin Charlotte Roop«, sagte sie mit dünner Stimme.
    Sie hatte vor drei Jahren in der River Road im selben Haus gewohnt – eine puritanische, altjüngferliche Frau, die wie besessen Kreuzworträtsel löste –, doch sie hatte sich drastisch verändert. Wo war ihr mißbilligender, verdrießlicher Gesichtsausdruck? Ihre zusammengekniffenen Lippen? Hatte sie sich das Gesicht liften lassen? Hatte sie womöglich gar mit einem netten Mann Liebe und Glück gefunden? Bei der Vorstellung mußte Qwilleran lachen. Statt ihrer üblichen undefinierbaren Kleidung und den Tonnen Modeschmuck trug sie ein schlichtes beigefarbenes Kleid mit einer Kamee am Hals, die ihr wohl ihr neuer Chef aus Italien mitgebracht hatte, wie Qwilleran annahm.
    »Natürlich erinnere ich mich an Sie!« rief er. »Sie sehen... Sie sehen... Wissen Sie ein Wort mit zehn Buchstaben für ›schön‹?«
    »O Mister Qwilleran, Sie erinnern sich noch!« rief sie erfreut aus und fügte mit gesenkter Stimme hinzu: »Aber ich löse keine Kreuzworträtsel mehr. Ich habe jetzt einen Freund.«
    »Das freut mich für Sie! Er ist ein Glückspilz!«
    Miss Roop griff sich verlegen an die Kamee. »Ich bin diejenige, die Glück hatte. Ich habe eine schöne Wohnung im Casablanca und einen schönen Job bei unserem wunderbaren Roberto. Kommen Sie, ich führe Sie zu unserem besten Tisch.«
    »Das ist ein sehr geschmackvolles Lokal«, sagte Qwilleran. »Sehr warm, sehr freundlich, und doch überraschend modern.«
    »Roberto wollte, daß es die Farbe von Zabaglione hat. Für den Verputz hat er italienische Handwerker herübergeholt.« Sie reichte ihnen die Speisekarten und empfahl Tagliatelle con salmone affumicato und Vitello alla griglia. Ihr Chef, der schon immer ein Perfektionist gewesen war, hatte ihr die richtige Aussprache beigebracht. Sie fügte hinzu: »Roberto wünscht, daß Sie heute abend unsere Gäste sind. Möchten Sie etwas von der Bar?«
    Im Vergleich zu Miss Roops früherer Einstellung gegenüber allem, was stärker war als schwacher Tee, war dies wirklich eine Änderung um hundertachtzig Grad. Als Aperitif schlug sie Pinot Grigio vor. Amberina zuckte die Achseln und bestellte ein Glas. Qwilleran nahm Mineralwasser mit Zitrone. In der Zwischenzeit breitete ihnen ein Kellner mit unübersehbarer Professionalität Servietten auf den Schoß – vorgewärmte Servietten.
    »Echte Blumen«, flüsterte Amberina, die die Rosenblüten in einer Murano-Glasvase befühlte. »Ich frage mich, wie hoch der Schwund bei diesen Vasen ist.«
    Während sie sich auf die Eleganz des Raumes und die ehrfurchtgebietende Speisekarte einstellten, kam keine nennenswerte Unterhaltung auf. Schließlich sagte sie: »Seien Sie ehrlich, Mister Qwilleran. Was halten

Weitere Kostenlose Bücher