Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
leichtem Holz mit einer glatten, hellen Oberfläche. Zu Yum Yums Enttäuschung konfiszierte Qwilleran die Fliese und steckte sie in seine Pullovertasche.
Während er wartete, daß die vollautomatische Kaffeemaschine ihr allmorgendliches Wunder vollbrachte, aß er eine Mandarine und überlegte, daß die Obstschale wohl Mary Duckworths Idee war. Sie wußte noch, daß Winesaps seine Lieblingsäpfel waren und daß die Katzen bei Hummer total ausflippten. Hegte Mary noch romantische Erinnerungen an ihre frühere Beziehung? Oder war diese aufmerksame Geste ein geschickter Schachzug im Interesse von RUCK? Bei dieser Frau war er sich nie sicher. Die Umstände hatten sie vor drei Jahren in Junktown zusammengeführt, und sie war anfangs hochmütig und reserviert gewesen, doch an einem unvergeßlichen Weihnachtsabend war sie für kurze Zeit aufgetaut. Danach hatten sich ihre Wege getrennt. An welchem Punkt sie ihre Bekanntschaft wieder aufnehmen würden, blieb abzuwarten. Vor drei Jahren war er neu in der Stadt gewesen; er befand sich mitten in einer Pechsträhne und versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Jetzt konnte er ihr Antiquitätengeschäft samt Inhalt aufkaufen und das Casablanca und den Großteil des Zwinger Boulevards dazu.
Als sie ihn jedoch an diesem Morgen anrief, ließ nichts darauf schließen, daß sie sentimentale Erinnerungen hegte. Sie begrüßte ihn so knapp und unpersönlich, wie das ihre normale Art war.
»Schön, deine Stimme zu hören, Mary«, sagte er. »Wie war die Reise nach Philadelphia?«
»Überaus erfolgreich. Und deine Fahrt hier herunter, Qwill?«
»Ganz gut. Aber ich kann mich nur schwer an den Smog hier gewöhnen. Ich bin es gewohnt, etwas einzuatmen, das frische Luft heißt.«
»In Junktown«, sagte sie majestätisch, »nennen wir das nicht Smog. Wir nennen es Opaleszenz. Hast du dich in deiner Wohnung schon eingelebt, hast du es bequem?«
»Eingelebt, ja, aber nicht unbedingt bequem. Doch darüber reden wir später. Aber die Katzen und ich danken dir für dein Willkommensgeschenk, und ich brauche dir nicht zu sagen, daß das Abendessen bei Roberto erstklassig war.«
»Ja, Roberto ist ein Perfektionist. Er verwendet nur die besten Zutaten und gibt sich unglaubliche Mühe bei der Zubereitung. Er importiert sogar Wasser vom Comer See für die Brötchen, die er backt.«
»Ich habe den Unterschied bemerkt«, sagte Qwilleran, »aber ich dachte, das Wasser käme von einem der Schweizer Seen. Da sieht man wieder, wie einen der eigene Gaumen in die Irre führen kann.« Er sprach in scherzhaftem Tonfall, da er wußte, daß die nüchterne Antiquitätenhändlerin ihn ernst nehmen würde, was sie auch prompt tat.
»Du kennst dich in bezug auf Essen so gut aus, Qwill«, sagte sie.
»Wann können wir uns treffen, Mary? Ich habe eine Menge Fragen.«
»Je früher, desto besser. Kannst du heute nachmittag, so um vier herum, in mein Geschäft kommen? Da können wir uns ungestört unterhalten. Das Geschäft ist montags geschlossen, deshalb wird uns niemand stören.«
Qwilleran war einverstanden. So hatte er Zeit, Vorräte für die Katzen zu kaufen, sich in der Stadt ein wenig umzusehen und im Presseclub zu Mittag zu essen. Doch bevor er wegging, bürstete er das seidige, sandfarbene Fell der Katzen, wobei er sie mit Komplimenten über ihre eleganten braunen Beine, ihre grazilen braunen Schwänze, ihre unglaublich schönen blauen Augen und ihre imponierenden, stets wachsamen Schnurrhaare überhäufte. Sie lauschten seinen Worten mit begeistert zuckenden Schwänzen.
Dann drehte er das Radio auf, um die Wettervorhersage zu hören. Er erfuhr, daß am Wochenende Brandstifter in einer Straße im Süden der Stadt vier Häuser in Brand gesetzt hatten, daß auf dem Universitätsgelände hinter der Bühne des Theaters eine Studentin erwürgt worden war und daß ein Mann seine Frau und drei Kinder ermordet hatte. Es wurde klares, aber kaltes Wetter vorhergesagt.
»Das nennen sie klar?« sagte Qwilleran verächtlich, als er aus dem Fenster blickte und sah, wie sich die Sonne durch die smogverhangene Luft kämpfte.
Er ging auf Rührei mit Schinken ins Carriage House Café. Er trug einen Norwegerpullover, eine Windjacke und seinen Cowboyhut. Die Krempe hatte vorne einen Knick, was seinen großen, herabhängenden Schnurrbart betonte, und die Frauen drehten sich nach ihm um.
Im Restaurant entdeckte er nicht ein bekanntes Gesicht. Die Gäste – die ihr Frühstück hinunterschlangen oder Kaffee tranken und
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