Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
zurück zum Casablanca; er hoffte, es stand noch da. Was er vorfand, war eine geänderte Situation auf dem Parkplatz. Auf seinem offiziellen Abstellplatz, Nummer 28, stand noch immer ein Auto – nicht der grüne japanische Wagen, sondern ein schrottreifer Kombi mit einem Nummernschild aus New Jersey. Irgend jemand anderer hatte sich auf Nummer 29 gestellt, also parkte er die blaue Pflaume auf Nummer 27. Nach einem Vormittag, der von Enttäuschungen, Ärger und anderen negativen Gefühlen gekennzeichnet war, machte sich Qwilleran nicht gerade in seiner besten Stimmung auf den Weg zu Mary Duckworths Antiquitätengeschäft.
Das Blue Dragon befand sich noch immer in einem schmalen, guterhaltenen Stadthaus, und das Schaufenster wurde noch immer von einem großen blauen Drachen aus Porzellan (der nicht zum Verkauf stand) beherrscht. Das hatte sich also nicht geändert. Auch die Eingangshalle mit der chinesischen Tapete, den Chippendalemöbeln und den silbernen Kronleuchtern sah aus wie früher. Ein lebensgroßer nubischer Sklave aus Ebenholz mit einem juwelenbesetzten Turban war noch immer nicht verkauft worden, und Qwilleran warf einen Blick auf das Preisschild, um zu sehen, ob der Preis reduziert worden war. Er war um zweitausend Dollar hinaufgesetzt worden – ganz nach Marys Motto: Wenn sich etwas nicht verkaufen läßt, erhöhe den Preis.
Mary selbst hatte noch immer die glänzend blauschwarzen Haare und die gertenschlanke Figur, an die er sich erinnerte, doch die lange Zigarettenspitze und die langen Fingernägel waren verschwunden. Statt eines fernöstlichen Kimonos trug sie ein gutsitzendes, maßgeschneidertes Kostüm und Perlen. Sie gab ihm kurz die Hand und warf einen Blick auf seinen Norwegerpullover und den Cowboyhut. »Du siehst so sportiv aus, Qwill!«
»Wie ich sehe, hast du den Mohren noch nicht verkauft«, sagte er.
»Ich halte ihn zurück. Er stand ursprünglich in der Eingangshalle des Casablanca, und er wird im Wert steigen, egal, was mit dem Gebäude passiert.«
»Hast du noch immer diesen unfreundlichen deutschen Schäferhund?«
»Nun«, sagte Mary, »bei dem neuen Klima in Junktown brauche ich eigentlich gar keinen Wachhund. Ich konnte für ihn ein gutes neues Heim am Stadtrand finden, wo er wirklich gebraucht wird. Komm ins Büro.« Sie lud ihn mit einer Handbewegung ein, auf einem Ohrensessel Platz zu nehmen.
Hoch und schmal wie er war, sah er aus wie eine Antiquität, und Qwilleran warf einen Blick auf das Preisschild. Er schaute ein zweites Mal hin. Beim ersten Mal hatte er geglaubt, er koste einhundertachtzig Dollar, dann wurde ihm klar, daß es achtzehntausend hieß. Vorsichtig setzte er sich.
»Bevor wir von etwas anderem reden«, begann er, »würdest du mir die dunkle Linie erklären, die dem Casablanca das Aus sehen eines Kühlschranks verleiht? Sie ist direkt über dem neunten Stock.«
»Dort war einmal ein Sims«, sagte sie, »und die Stadtverwaltung verfügte, daß es entfernt werden mußte, weil Teile davon auf den Gehsteig hinunterfielen und Passanten verletzten. Unser Architekt behauptet, daß es gefahrlos wieder angebracht werden kann, und es sollte wieder angebracht werden, da es ein integraler Bestandteil der Gesamtkonstruktion ist. Derzeit gibt die Verwaltung nur ungern Geld für kosmetische Verschönerungen aus, weil...«
»Weil das Haus schon nächste Woche abgerissen werden kann«, warf Qwilleran ein. »Jeder stimmt diese Ausrede an wie einen griechischen Chor, und vielleicht haben die Leute ja recht. Heute morgen sah ich das Schild, auf dem das Gateway Alcazar angekündigt wird. Die Bauunternehmer scheinen ja überaus zuversichtlich zu sein.«
»Findest du das nicht empörend?« sagte Mary schaudernd. »Die Dreistigkeit dieser Leute ist unglaublich! Im Morning Rampage haben sie sogar einen Artikel gebracht, in dem ihr Ungetüm mit dem Arc de Triomphe verglichen wird!«
»Nun, der Rampage gehört schließlich den Pennimans, nicht wahr?«
»Trotzdem hat Roberto einen Leserbrief geschrieben, in dem er das Gebäude ›Arc de Catastrophe‹ nennt. Wenn dein Klingeschoen-Fonds uns zu Hilfe kommt, werden wir dir ewig dankbar sein.«
»Was weißt du über Penniman, Greystone und F-1-e-u-d-d? Ich weiß nicht, wie man das ausspricht.«
»Flut.«
»Was für Leistungen haben sie vorzuweisen?«
»Fleudd ist erst vor kurzem zu ihnen gestoßen, aber die Firma Penniman und Greystone ist seit Jahren in der Immobilienbranche tätig. Sie waren es, die den Presseclub abreißen
Weitere Kostenlose Bücher