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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Er ging weiter in Richtung Presseclub.
    Dieses altehrwürdige Wahrzeichen in der Canard Street war umgebaut und neu eingerichtet worden. Es war nicht mehr das gemütliche Lokal, in dem er und Arch Riker fast jeden Tag am selben Tisch in derselben Ecke der Bar zu Mittag gegessen hatten und von derselben Serviererin bedient wurden, die genau wußte, wie sie ihre Hamburger mochten. Keiner von den alten Bekannten war da. Die Gäste schienen jünger zu sein und zum Großteil aus Anzeigenverkäufern und Werbetextern zu bestehen, die auf Spesen aßen – alle mit Anzug und Krawatte. Er war der einzige im Lokal, der aussah, als wäre er auf einem Pferd gekommen. Er aß in der Bar, doch das Cornedbeefsandwich war nicht mehr so gut wie früher. Bruno, der Barkeeper, hatte gekündigt, und kein Mensch erinnerte sich an Bruno oder wußte, wo er jetzt war.
    Als Qwilleran gehen wollte, entdeckte er ein bekanntes Gesicht. Der beleibte und gemütliche Lieutenant Harnes vom Morddezernat aß mit jemandem, der offenbar ein Journalist war; wahrscheinlich der neue Polizeireporter – Qwilleran erkannte den Typ sofort. Er blieb an ihrem Tisch stehen.
    »Was führt Sie vom Nordpol hier herunter?« fragte der Kriminalbeamte, witzig wie immer.
    »Die Bauunternehmer haben mich aus meinem Iglu geworfen«, erwiderte Qwilleran. »Sie bauen jetzt vollklimatisierte Eigentumswohnungen.«
    »Kennt ihr beiden euch?« Harnes stellte ihm Matt Irgendwas von der Polizeiredaktion des Fluxion vor. Der Name hörte sich an wie Thiggamon.
    »Buchstabieren Sie das«, bat Qwilleran, als er dem jungen Reporter die Hand gab.
    »T-h-i-g-g-a-m-o-n. «
    »Was ist aus Lodge Kendall geworden?«
    »Er ist in den Westen gegangen und arbeitet dort für irgendeine neue Zeitschrift«, sagte Matt. »Sind Sie nicht der Mann, der diese große Party gab, als Arch Riker in Pension ging? Ich habe sie um zwei Tage verpaßt.«
    »Dann haben Sie was gut bei mir.«
    »Was tun Sie überhaupt hier?« fragte Harnes.
    »Ich verbringe den Winter in einer Gegend, wo es Verbrechen und Luftverschmutzung gibt statt Schnee und Eisberge. Ich wohne im Casablanca.«
    »Sind Sie übergeschnappt? Die können diesen Schutthaufen jeden Tag mit der Planierraupe wegräumen. Haben Sie noch Ihren klugen Kater?«
    »Aber sicher, und er wird jeden Tag klüger.«
    »Ich nehme an, Sie verwöhnen ihn noch immer mit Hummer und Froschschenkeln.«
    Qwilleran sagte: »Ich muß zugeben, er führt ein luxuriöses Leben für eine Katze, aber er hat mir schon ein paarmal das Leben gerettet, und ich stehe in seiner Schuld.«
    Harnes wandte sich an den neuen Reporter: »Qwill hat einen Kater, der Hinweise auf Verbrechen besser aufspüren kann als das gesamte Morddezernat. Als ich meiner Frau von ihm erzählte, gab sie keine Ruhe, bis ich ihr eine Siamkatze kaufte, aber unsere interessiert sich mehr dafür, das Gesetz zu brechen, als ihm zu seinem Recht zu verhelfen. Setzen Sie sich zu uns Qwill. Trinken Sie eine Tasse Kaffee. Essen Sie eine Nachspeise. Geht alles auf die Rechnung des Fluxion.«
    Qwilleran sagte, er habe eine Verabredung und lehnte dankend ab. Beim Hinausgehen dachte er über die wundersame Vermehrung der Hedrogs und Thiggamons nach, Namen, die sich anhörten wie aus einem Science-fiction-Roman. Außerdem wurden die Namen der Verfasser im Fluxion immer länger. Fran Unger war von Martha Newton-Ffiske ersetzt worden. Jack Murphys Klatschspalte im Morning Rampage schrieb jetzt Sasha Crispen-Schmitt. Versuch, das schnell auszusprechen, dachte er: Versuche, es dreimal hintereinander zu sagen.
    In dieser kritischen und etwas griesgrämigen Stimmung schob er sich durch die mittäglichen Menschenmassen auf der Straße. Die meisten Fußgänger waren total gehetzt, angespannt und unhöflich. Die Frauen fand er schick, mondän und dünngehungert, doch sie sahen nicht so hübsch oder gesund aus wie die in Moose County.
    Als er zum Casablanca zurückkam, hatte er noch viel Zeit bis zu seiner Verabredung mit Mary Duckworth, daher machte er eine Spazierfahrt. Er holte die blaue Pflaume vom Parkplatz, der mit seinen Rissen und Kratern eine Gefahr für die Reifen war, und fuhr zur River Road, wo er vor seiner Übersiedlung in den Norden zuletzt gewohnt hatte. Wo sein altes Wohnhaus und der Tennisclub gewesen waren, stand jetzt eine Eigentumswohnanlage mit Jachthafen, und er konnte sich kaum erinnern, wie die vorherigen Gebäude ausgesehen hatten. Ein Jammer! Wieder ein Punkt für die Bauunternehmer, dachte er und fuhr

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