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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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zusammengeschlagen hatten und daß Regen vorhergesagt wurde, der im Laufe des Nachmittags aufhören sollte. Er ließ sich im Taxi in der Stadt herumkutschieren, um seine Besorgungen zu machen, nahm in einem Delikatessengeschäft in Junktown ein schnelles Mittagessen zu sich und kehrte früh genug zurück in seine Wohnung, um ein bißchen Zeit mit den Katzen zu verbringen. Er schlug ein weiteres Kapitel von Eothen vor, doch Koko hatte etwas anderes im Sinn. Er sprang auf den Tisch in der Bibliothek und begann wie verrückt mit der Pfote herumzuscharren.
    Qwilleran wußte, daß Koko ein Bücherfreund war, und auf dem einen Meter achtzig langen Tisch lagen großformatige Kunstbände mit Reproduktionen der Werke von Michelangelo, Renoir, van Gogh, Wyeth und anderen, wenngleich der Kater normalerweise kleinere Bände bevorzugte, die er leicht von einem Bücherregal schubsen konnte.
    »Was machst du da, du verrücktes Tier?« fragte Qwilleran.
    Koko hatte zwischen den Kunstbänden eine lange, flache Schachtel gefunden. Sie sah aus wie aus Leder und trug die Aufschrift ›Scrabble‹. Aus dieser Schachtel stammte offenbar der Blankostein, den Yum Yum gefunden hatte. Qwilleran öffnete sie und fand um die hundert kleine Steine; jeder war mit einem Buchstaben bedruckt. Der Anblick wirkte wie ein Aufputschmittel auf einen Mann, der in der Grundschule alle Rechtschreibwettbewerbe gewonnen hatte und seither ein Rechtschreibfanatiker war. Er setzte sich an den Tisch, klappte das Spielbrett auf und las aus reiner Neugier die Spielregeln durch.
    »Das ist leicht«, sagte er. Er nahm willkürlich eine Handvoll Steine und legte Worte wie QINDAR und JURIE. Von dem Wörterbuchspiel, das er jahrelang mit Koko gespielt hatte, besaß er ein Vokabular an ausgefallenen Worten, die er kaum jemals anwenden konnte. Bald hatte er ein kreuzworträtselartiges Gebilde auf dem Spielbrett liegen. Es begann mit RAT, wurde zu RATION, das von STURZ durchkreuzt wurde; daran schlossen sich ZIMBAL und OLEANDER an.
    Die Katzen sahen ihm zu und warteten geduldig auf die Zeit, die er mit ihnen verbringen wollte, doch Qwilleran war fasziniert von den Steinen mit den Buchstaben und den kleinen Ziffern, die den Wert eines jedes Buchstaben angaben. Allzu bald war es Zeit, den grauen Anzug anzuziehen und Mary Duckworth im Erdgeschoß zu treffen. Bevor er aus der Wohnung ging, steckte er ein Stück Obst in seine Anzugtasche.
    »Du siehst großartig aus!« sagte sie, als sie sich trafen, wenngleich sie einen kurzen, kritischen Blick auf die Ausbuchtung in seiner Tasche warf.
    An der Bronzetür holten sie den Privataufzug und fuhren in einer Kabine mit Teppichboden, Wänden aus Rosenholz und einer samtbezogenen Bank in den zwölften Stock. Der Aufzug war nicht schneller als Old Red oder Old Green, aber er lief gleichmäßiger und leiser.
    Auf der Fahrt nach oben fragte Qwilleran: »Du wußtest, daß Di Bessinger das Casablanca erben sollte?«
    Mary nickte bedauernd.
    »Wer bekommt es jetzt?«
    »Verschiedene wohltätige Organisationen. Qwill, ich weiß nicht, was du erwartest, aber die Plumb-Wohnung wird vielleicht eine Überraschung für dich sein. Sie ist Art déco in Reinkultur.«
    Sie stiegen aus dem Aufzug und banden in einem großen Foyer, um dessen Wände waagerechte Streifen aus korallenroten, burgunderfarbenen und flaschengrünen Paneelen liefen, die jeweils durch dünne Kupferleisten voneinander abgesetzt waren. Der Fußboden war mit metallisch wirkenden, kupferfarbenen Keramikkacheln belegt. Alles war schon vom Alter etwas stumpf. Zwei eckige Stühle standen zu beiden Seiten einer eckigen Konsole mit zwei Dutzend Teerosen, deren Pracht von einem großen, runden Spiegel verdoppelt wurde.
    Mary drückte auf einen Klingelknopf in Form eines winzigen ägyptischen Kopfes, und sie traten vor eine kupferverkleidete Doppeltür und warteten. Dann wurde die Tür geöffnet, und ein furchteinflößender Mann in einer korallenroten Jacke stand vor ihnen.
    »Guten Tag, Ferdinand«, sagte Mary. »Miss Adelaide erwartet uns. Das ist Mister Qwilleran.«
    »Okay. Sie kennen ja den Weg.« Der Hausdiener deutete mit seiner riesigen Pranke Richtung Salon. Er hatte den Körperbau eines Footballspielers – massige Schultern, einen Stiernacken und einen kahlen Schädel. Der Leibwächter der Gräfin fungierte wohl auch als Butler, vermutete Qwilleran.
    »Sie hat ihr Mittagsschläfchen heute etwas überzogen«, sagte der Mann. »Und dann mußte sie sich noch die Haare richten

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