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Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman

Titel: Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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über die Geschichte des Casablanca schreiben«, sagte er und setzte damit Mary erneut in Erstaunen. »Die öffentliche Bücherei hat eine große Sammlung von Fotos, darunter viele von Ihnen, Miss Plumb.«
    »Haben sie auch Bilder von meinem lieben Vater?«
    »Ziemlich viele.«
    »Ich würde sie für mein Leben gerne sehen.« Sie neigte graziös den Kopf.
    »Haben Sie viele Erinnerungen an die Frühzeit des Casablanca?«
    »Und ob! Ich bin hier geboren – in genau dieser Wohnung –, in Anwesenheit einer Hebamme, einer Krankenschwester und zweier Ärzte. Mein Vater war Harrison Wills Plumb – ein wunderbarer Mann! An meine Mutter kann ich mich kaum noch erinnern. Sie war mit den Pennimans verwandt. Sie starb, als ich vier war. Es herrschte eine Grippeepidemie, und meine Mutter und zwei Brüder wurden davon heimgesucht. Alle drei starben binnen einer Woche, und ich war der einzige Trost, der meinem Vater blieb. Ich war vier Jahre alt.«
    Mary sagte: »Erzählen Sie Mister Qwilleran, wie Sie dieser Epidemie entkommen sind.«
    »Es war ein Wunder! Mein Kindermädchen – ich glaube, sie hieß Hedda – bat, mit mir in die Berge fahren zu dürfen, wo es gesünder wäre. Dort wohnten wir – nur sie und ich – in einer kleinen Hütte und lebten von Zwiebeln und Sirup und Tee... mich schaudert, wenn ich nur daran denke. Aber weder sie noch ich wurden krank. Als ich nach Hause zurückkam, war nur noch mein Vater am Leben – ein gebrochener Mann! Ich war vier Jahre alt.«
    Ferdinands schwerfällige Hände – die weißen Handschuhe hatten die Größe von Baseballhandschuhen – reichten ein Silbertablett mit kümmelbestreutem Sandkuchen herum.
    Die Gräfin fuhr fort: »Ich war alles, was mein Vater auf dieser Welt noch hatte, und er schenkte mir seine ganze Aufmerksamkeit und überhäufte mich mit schönen Dingen. Ich betete ihn an!«
    »Hat er Sie auf eine Schule geschickt?« fragte Qwilleran.
    »Ich wurde daheim von Privatlehrern unterrichtet, weil mein Vater sich weigerte, mich aus den Augen zu lassen. Wir gingen überall zusammen hin – in Konzerte, in die Oper und zu Wohltätigkeitsbällen. Auf unserer alljährlichen Auslandsreise wurden wir in Paris empfangen wie Könige, und auf dem Schiff speisten wir immer am Tisch des Kapitäns, ich sagte zu Vater, er sei mein liebster Verehrer, und er schickte mir Teerosen und Kirschlikör... Ferdinand, Sie können die Pralinés reichen.«
    Die großen Hände reichten eine Konfektschale mit winzigen Füßchen herum, auf der auf einem Leinendeckchen drei Schokolade-Kirschpralinen lagen.
    Qwilleran ergriff die Gelegenheit und sagte: »Sie haben eine sehr schöne Wohnung, Miss Plumb.«
    »Vielen Dank, Mister...«
    »Qwilleran.«
    »Ja, mein lieber Vater hat sie nach einem unserer Besuche in Paris selbst entworfen. Ein sehr charmanter Franzose mit einem kleinen Schnurrbart war ein Jahr lang hier und hat die ganze Suite umgebaut. Ich habe mich ziemlich heftig in ihn verliebt«, sagte sie und neigte kokett den Kopf. »Das haben alles Handwerker vom Kontinent gemacht. Es war eine aufregende Zeit für ein junges Mädchen.«
    »Erinnern Sie sich noch an irgendwelche Leute, die damals hier wohnten? Wissen Sie noch irgendwelche Namen?«
    »O ja! Da waren natürlich die Pennimans. Meine Mutter war mit ihnen verwandt... und die Familie Duxbury, das waren Bankiers... und die Teahandles und die Wilburtons und die Greystones. Alle einflußreichen Familien hatten ganze Suiten oder Zweitwohnungen hier.«
    »Was war mit den Berühmtheiten, die hier abstiegen? Präsident Coolidge? Caruso? Die Barrymores?«
    »Ich bin sicher, daß sie hier gewohnt haben, aber... das Leben war damals so voller Trubel, und ich war noch ein junges Mädchen. Verzeihen Sie mir, wenn ich mich nicht an sie erinnere.«
    »Ich ne hme an, Sie haben im Dachrestaurant gespeist.«
    »Im Palmenpavillon. Aber natürlich! Mein Vater und ich hatten unseren eigenen Tisch mit einer wunderschönen Aussicht, und alle Kellner kannten unsere Lieblingsspeisen. Ich liebte
›Bananen Foster‹! Der Küchenchef hat sie immer an unserem Tisch zubereitet. Wenn es schön war, nahmen wir den Tee auf der Terrasse. Ich habe im Palmenpavillon debütiert, in einem hinreißenden, perlenbesetzten weißen Kleid.«
    »Ich habe dieselbe Aussicht von meiner Wohnung«, sagte Qwilleran. »Ich bin in der Wohnung von Dianne Bessinger. Ich habe gehört, daß Sie sie gut kannten.«
    Traurig senkte die Gräfin den Blick. »Sie fehlt mir sehr. Wir haben zweimal

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