Die Katze, die hoch hinaus wollte: Roman
Goodwinter, dem Chefredakteur, zu tun hatte. Die beiden wußten ganz genau, welche Folgen eine derartige Ankündigung haben würde, und sie hatten recht. Qwillerans Telefon begann zu läuten, und die Bewohner von Moose County versuchten ihn davon abzubringen, sich den Gefahren im Süden unten auszusetzen. Als er erklärte, daß die Reise wichtig und notwendig war, gaben sie ihm Ratschläge: »Tragen Sie einen Geldgürtel... Nehmen Sie nicht Ihre beste Uhr... Kaufen Sie sich eine Alarmanlage für Ihr Auto... Versperren Sie die Autotüren, wenn Sie in der Stadt fahren.«
Polizeichef Brodie sagte: »Ach, Mann, Sie sind wohl nicht ganz bei Trost. Ich höre nämlich ein paar Dinge, die nicht in die Zeitungen kommen. Aber wenn Sie unbedingt fahren wollen, dann bleiben Sie nach Einbruch der Dunkelheit zu Hause und besorgen Sie sich so ein Ding, das die Bremsen und das Lenkrad zusammenschließt. «
Von Susan Exbridge, einem Mitglied des Theaterclubs, erhielt er einen melodramatischen Anruf: »Mein Lieber, gehen Sie bloß nirgends zu Fuß hin! Nehmen Sie ein Taxi, selbst wenn Ihr Ziel nur einen Häuserblock entfernt ist. Ich habe Freunde im Süden unten, und die sagen, es ist die Hölle !«
Dr. Goodwinter warnte ihn vor Atembeschwerden aufgrund der Luftverschmutzung, und Eddington Smith, der schüchterne Antiquar, erbot sich, ihm seine Pistole zu leihen.
Lori Bamba machte sich vor allem um die Katzen Sorgen. »Wenn Sie Koko und Yum Yum mitnehmen«, sagte sie, »dann erzählen Sie keinem Menschen, daß Sie Rassetiere haben. Katzenstehlen ist im Süden unten ein einträgliches Geschäft. Und Sie sollten ihnen noch zusätzlich Vitamin B füttern, gegen den Streß, denn sie werden die Gefahren wittern, die dort in der Luft liegen.«
Selbst der Mann, der Qwillerans Wohnung saubermachte, war besorgt. »Ich werde beten, jawohl«, sagte Mister O’Dell, »bis Sie wieder wohlbehalten zu Hause sind, Mister Qwilleran.«
Nichtsdestotrotz machte Qwilleran Einkäufe für seine Reise. Er besorgte einen käfigartigen Tragekorb, der geräumiger und besser belüftet war als der Picknickkorb, in dem die Katzen bisher gereist waren. Für ihre Mahlzeiten unterwegs deckte er sich mit einem Vorrat an Dosen mit Krabbenfleisch, Hühnerfleisch und rotem Lachs ein. Er kaufte auch zwei Laufgeschirre aus blauem Leder – eines mittelgroß, das andere groß – mit dazu passenden Leinen. Er selbst würde einpacken, was gerade bei der Hand war. In seinem Schrank hingen zwei Anzüge – einer aus grauem Flanell, den er ein einziges Mal bei einer Hochzeit getragen hatte, und ein dunkelblauer Sergeanzug, den er einmal als Sargträger angehabt hatte. Diese Anzüge sowie zwei weiße Hemden, ein paar Krawatten und ein Regenmantel waren sein Zugeständnis an die Großstadtmode. Ansonsten würde er Flanellhemden, Sweatshirts und seine bequeme Tweedjacke mit den Lederflicken an den Ellbogen mitnehmen.
Während seiner letzten Tage in Pickax erlebte Qwilleran Abschiedsszenen mit Freunden und Kollegen, die den feierliehen Ernst einer Totenwache hatten. Polly Duncan war an ihrem letzten gemeinsamen Abend den Tränen nahe und wollte sich nicht trösten lassen oder Shakespeare zitieren, obwohl sich Qwilleran mit dem Zitat ›So süß ist Trennungswehe‹ der Situation gewachsen zeigte.
»Versprich mir, daß du mich gleich nach deiner Ankunft anrufst«, waren ihre letzten Worte. Er hatte sich eigentlich weniger die Ängste einer Ehefrau und statt dessen leidenschaftlichere Gefühle erhofft.
Selbst die Katzen spürten, daß etwas Entsetzliches im Gange war – vor ihrer Abreise waren sie vierundzwanzig Stunden lang eingeschnappt. Auf den Eingewöhnungsfahrten in ihrem neuen Tragekorb verhielten sie sich wie zum Tode verurteilte Adelige auf dem Weg zur Guillotine: Stoisch, stolz und reserviert.
Das alles trug nicht gerade zu Qwillerans Vorfreude auf die Reise bei, doch am Samstagmorgen belud er mit grimmiger Entschlossenheit den Wagen. Zwei Koffer, die Schreibmaschine, das dicke Wörterbuch und seine vollautomatische Kaffeemaschine wanderten in den Kofferraum. Auf den Rücksitz kamen zwei Kartons mit Büchern, der neue Katzenkorb und ein blaues Kissen. Die Wasserschüssel der Katzen und ihr Kistchen – eine große Bratpfanne mit abgesägten Griffen – standen auf dem Boden zwischen Vorder- und Rücksitzen.
Qwilleran fuhr einen kleinen, benzinsparenden viertürigen Gebrauchtwagen, den er nach seinem Unfall auf der Ittibittiwassee Road in größter Eile gekauft
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