Die Katze im Taubenschlag
vermelden.
Mouche.
Miss Vansittart an eine Freundin:
Liebe Gloria,
das Sommersemester hat ohne Zwischenfälle begonnen. Die neuen Schülerinnen sind recht nett. Die Ausländerinnen haben sich gut eingewöhnt. Unsere kleine Prinzessin – die orientalische, nicht die skandinavische – ist etwas indolent, aber das kann man wohl kaum anders erwarten. Sie hat jedoch sehr gute Manieren.
Miss Springer, die neue Turnlehrerin, ist kein Erfolg. Die Mä d chen können sie nicht leiden, weil sie grob und unhöflich ist. Me a dowbank ist schließlich keine gewöhnliche Schule, und wir legen nicht so viel Wert auf Freiübungen. Außerdem ist Miss Springer neugierig und stellt zu viele persönliche Fragen. Sie scheint aus keinem guten Haus zu stammen. Mademoiselle Blanche ist sehr liebenswürdig aber als Lehrerin ist sie mit Mademoiselle Depuy, ihrer Vorgängerin, nicht zu vergleichen. Am ersten Schultag wäre es beinahe zu einem peinlichen Zwischenfall gekommen. Lady Veronica Carlton-Sandways erschien plötzlich – in völlig b e trunkenem Zustand!! Wer weiß, was sich ereignet hätte, wenn Miss Chadwick sie nicht im letzten Augenblick entdeckt und diskret fortgeführt hätte. Dabei sind die Zwillinge so reizende Mädchen.
Miss Bulstrode hat sich bisher bezüglich ihrer Zukunftspläne noch nicht geäußert; trotzdem habe ich das Gefühl, dass sie ihre Entschlüsse gefasst hat. Meadowbank hat sich wirklich zu einer ausgezeichneten Schule entwickelt, und ich werde die Traditionen unseres Internats zu wahren wissen. Bitte grüße Marjorie, wenn du sie siehst.
Herzlichst, deine Eleanor.
Brief an Colonel Pikeaway. Auf dem üblichen Weg befördert.
Ein gefährlicher Posten! Ich bin der einzige kräftige junge Mann unter etwa hundertneunzig weiblichen Wesen. Ihre Hoheit kam in großem Stil hier an. Der Großmogul, in orientalische Gewä n der gehüllt, entstieg einem riesigen Cadillac, gefolgt von seiner hocheleganten Gattin, die ein Pariser Modell trug. Auch die Prinzessin war nach der letzten Mode gekleidet. Als sie am nächsten Tag ihre Schuluniform trug hätte ich sie fast nicht wi e dererkannt. Es wird nicht schwer sein, freundschaftliche Bezi e hungen zu ihr aufzunehmen. Den ersten Schritt hat sie bereits selbst getan.
Als sie sich mit einem süßen unschuldigen Lächeln nach den ve r schiedenen Blumennamen erkundigte, tauchte ein rothaariger sommersprossiger Drache auf und befahl ihr mit knarrender Stimme, die Unterhaltung sofort zu beenden. Aber sie wollte nicht. Ich dachte immer, dass Orientalinnen, die mit einem Schleier vor dem Gesicht aufgewachsen sind, besonders züchtig und bescheiden sind. Diese Kleine muss während ihres Aufen t halts in der Schweiz eini ge Erfahrungen gesammelt haben…
Miss Springer, besagter Drache, kam etwas später noch einmal zurück, um mich zur Ordnung zu rufen. Es sei dem Personal streng untersagt, mit den Schülerinnen zu sprechen! »Entschuld i gen Sie bitte, Miss. Die junge Dame hat sich doch nur nach den Fuchsien erkundigt. Die kennt man da, wo sie herkommt, nicht«, sagte ich harmlos. Der Drache beruhigte sich schnell und wurde schließlich ganz freundlich. Bei Miss Bulstrodes Sekretärin hatte ich dagegen weniger Glück – ein ziemlich hochnäsiges Ding in gut geschnittenem, sportlich-elegantem Kostüm. Die französische Le h rerin ist viel zugänglicher. Sieht aus wie eine kleine graue Maus – ist aber keine. Dann habe ich noch drei lustige Teenager kennen gelernt – Pamela, Lois und Mary. Die Nachnamen sind mir nicht bekannt, aber sie machen einen ziemlich aristokratischen Eindruck. Miss Chadwick, eine aufmerksame alte Eule, lässt mich nicht aus den Augen.
Der alte Briggs, mein Boss, spricht hauptsächlich von den guten alten Zeiten, als hier fünf Gärtner beschäftigt waren. Er beklagt sich über alles und alle, mit Ausnahme von Miss Bulstrode, vor der er gewaltigen Respekt hat – ich übrigens auch. Sie hat bisher nur einige liebenswürdige Worte mit mir gewechselt, aber ich hatte das Gefühl, dass sie mich durchschaut. Bisher hat sich noch nichts Unheimliches ereignet, aber man darf die Hoffnung nicht aufg e ben…
6
I m Aufenthaltsraum der Lehrerinnen wurde angeregt geplaudert – über Auslandsreisen, Theater, Kunstausstellungen, Ferienerlebnisse. Auch Fotografien wurden herumgereicht, irgendjemand zeigte sogar farbige Dias.
Bald wurde die Unterhaltung unpersönlicher. Die neue Turnhalle wurde kritisiert und bewundert. Man gab zu,
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