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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cleveland Amory
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Einen vollen Tag nach dem angeblichen Angriff fand die Strafaktion statt. Dunda wurde zu Boden gezwungen und angekettet, und während der Oberwärter mit lauter Stimme das Kommando gab, schlugen andere Wärter, die zu beiden Seiten ihres Kopfes standen, abwechselnd und in unterschiedlichen Intervallen zwei Tage lang mit Axtstielen auf sie ein.
    Man sollte es nicht für möglich halten, daß diese Sache sich verheimlichen ließ, aber die Verbindungen der Zooleitung funktionierten gut, und Dunda selbst, den Kopf voller Striemen und Blutergüsse, wurde versteckt. Dennoch kam die Geschichte schließlich vor allem dank zwei Elefantenwärtern ans Licht. Und als sie herauskam, wurden auch alle Einzelheiten publik, darunter auch, daß Dunda ein ausgesprochen gutmütiges Tier war und niemals mit dem Rüssel geschlagen hatte. Zum Helden der Geschichte wurde schließlich Dan McCorquodale, ein kalifornischer Senator und Vorsitzender des Naturschutzausschusses im kalifornischen Senat. Trotz heftiger Opposition nicht nur von Seiten des Zoos von San Diego, sondern praktisch aller zoologischen Gärten im Staat, forderte er ein Hearing über den »Fall Dunda«, das er selbst leitete.
    Der Zoo präsentierte unzählige Zeugen, von den Verwaltungsratsmitgliedern bis zu seinen Tierärzten, die samt und sonders ein persönliches Interesse daran hatten, die Sache zu vertuschen, und die durchweg mit drei Behauptungen arbeiteten – daß die Prügel nicht schlimm gewesen seien; daß strenge disziplinarische Maßnahmen beim Umgang mit Elefanten notwendig wären; und daß der Fall Dunda ein Einzelfall sei. Keine dieser Aussagen ließ sich durch Beweise untermauern, und was die Behauptung anging, die brutale Bestrafung Dundas sei ein isolierter Einzelfall gewesen, so war das glatt gelogen. Es stellte sich sehr bald heraus, daß solche Prügelstrafen in dem Zoo gang und gäbe waren und häufig keinen anderen Grund hatten, als die Tiere schneller zu dressieren.
    Trotz aller Opposition wurde Senator McCorquodales Gesetzesvorschlag, das Prügeln von Elefanten zu verbieten, mit großer Mehrheit angenommen.
    Nachdem wir uns von den Elefanten verabschiedet hatten, fuhren wir zum Haus zurück, um zu Abend zu essen. Hier sollte Eisbär jenes Tier kennenlernen, mit dem ich ihn besonders gern bekannt machen wollte und das alle auf der Ranch ins Herz geschlossen hatten – mit Peg, der Katze. Sie ist die älteste Bewohnerin der Ranch; sie war schon hier, als wir Haus und Grundstück kauften. So wie Lady der Oberhund der Ranch ist, so ist Peg die Oberkatze, auch wenn sie nur drei Beine hat. Das vierte, das rechte Vorderbein, fehlt ihr. Sie hat es, wie man uns erzählte, in einer Falle auf einem Nachbargrundstück verloren.
    Vom ersten Moment ihres Zusammentreffens an bestand zwischen Eisbär und Peg ein Einverständnis, wie ich es bei Eisbär mit einem anderen Tier noch nie erlebt hatte. Vielleicht kam es daher, daß er nach einem Tag der Begegnung mit so vielen anderen Tieren froh war, endlich eine Artgenossin zu treffen. Vielleicht aber kam es auch daher, daß er, wie mir schien, augenblicklich Pegs Invalidität erkannte und nicht nur respektierte, sondern zugleich sicher war, daß hier keine Kampfansage drohte, wie sie ihm normalerweise beim Eindringen in fremdes Revier geblüht hätte. Wie dem auch sei, es war ungewöhnlich, die beiden zu beobachten.
    Ohne langes Zögern sprang Eisbär aufs Sofa und nahm seine Meditationshaltung ein, wobei er Peg, die ihm gegenübersaß, direkt in die Augen starrte. Ganz langsam stand Peg auf, sah sich einen Moment um und hoppelte dann zu Eisbär hinüber. In dem Moment, als sie zu ihm hinaufsprang, drehte sie sich ein wenig zur Seite und landete so direkt neben ihm. Als Eisbär den Kopf drehte, um sie anzusehen, wandte auch sie sich ihm zu, aber weder in ihrem noch in seinem Blick war auch nur eine Spur von Feindseligkeit zu erkennen.
    Nach einer Weile rollte sich Eisbär bedächtig auf die Seite und streckte alle vier Pfoten nach Peg aus. Und Peg machte es genauso. In dieser Haltung, jeder seine Pfoten auf dem Bauch des anderen, schloß zuerst Eisbär, der ja einen sehr langen Tag hinter sich hatte, die Augen und dann Peg. Friedlich schlummernd lagen sie beieinander.
    Eine ganze Weile saß ich da und betrachtete die beiden Katzen – vor allem aber Peg. Sie ist für mich der lebende Beweis für die Grausamkeit des Pelzhandels. Kein Tier mit Ausnahme des Menschenaffen, des Waschbären und des Otters gebraucht seine

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