Die Katze
beharrte Jill. »Das habe ich doch geschrieben. Sie sind meine erste und einzige Wahl.«
»Wollen Sie damit sagen, Sie wären bereit, die Geschichte, was mit diesen Kindern wirklich geschehen ist, mit ins Grab zu nehmen?«
Jill ließ sich auf ihrem Stuhl zurücksinken. »Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Ich bin wohl einfach davon ausgegangen, dass Sie nicht Nein sagen.«
»Charleys Schwester ist Schriftstellerin«, sagte Alex, und Charley spürte, wie sich ihre Schultern verspannten. »Wusstest du das?«
»Selbstverständlich. Ihre Schwester ist Anne Webb. Sie ist sehr berühmt.«
»Ich kenne ihre Bücher leider nicht«, sagte Alex.
»Von Ihnen hatte er ja auch noch nie gehört«, erklärte Jill Charley und winkte mit ihrer zarten Hand wegwerfend in Richtung
ihres Anwalts. »Anne schreibt Liebesromane«, erklärte sie, als wäre sie persönlich mit ihr bekannt. »Keine besonders guten«, fügte sie hinzu. »Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten.«
»Sie gefallen Ihnen nicht?«, fragte Charley.
»Nicht übermäßig. Sie sind irgendwie albern. Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten«, sagte sie noch einmal.
Charley gestattete ihr diese Bemerkung nur allzu gerne, wie sie verschämt feststellen musste. »Man kann es nicht allen recht machen«, sagte sie.
»Sie schreibt irgendwie jedes Mal das gleiche Buch, wissen Sie? Die Namen sind anders, aber im Grunde ist es dieselbe Geschichte. Junge trifft Mädchen. Junge verliert Mädchen. Junge gewinnt Mädchen am Ende zurück. Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage.«
»Ich schätze, so ist das mit der Liebe«, bemerkte Alex.
»Ach ja?«, fragte Jill. »Ich kenne das anders.«
»Ich auch«, stimmte Charley ihr zu.
»Sehen Sie. Ich hab Ihnen ja gesagt, dass wir eine Menge gemeinsam haben.«
»So weit würde ich denn doch nicht gehen«, erwiderte Charley eisig.
»Ich wollte nicht … Bitte seien Sie nicht böse … Es tut mir wirklich leid …«
»Hör auf, dich ständig zu entschuldigen«, wies Jills Anwalt sie scharf an. »Du hast nichts Falsches gesagt.«
»Ich wollte nicht andeuten …«
»Das weiß sie«, sagte Alex sanfter. »Nicht wahr, Miss Webb?«
»Charley hat noch eine Schwester«, setzte Jill neu an. »Sie ist Fernsehreporterin. Und einen Bruder. Ich glaube, Sie haben nie erzählt, was er macht, oder?«, fragte sie Charley.
Das liegt daran, dass er nichts macht, dachte Charley. »Er hat seine Nische noch nicht gefunden«, sagte sie laut. »Er ist übrigens mal mit Ihrer Schwester ausgegangen. Wussten Sie das?«
»Was?«, fragte Jill.
»Was?«, ließ sich Alex wie ein Echo vernehmen.
»Erstaunlich, nicht wahr? Offenbar haben sie sich vor ein paar Jahren an der Abendschule getroffen und sind hin und wieder zusammen ausgegangen. Ich nehme an, Sie sind ihm nie begegnet.«
»Ich glaube nicht. Pamela hat ihre Freunde nie mit nach Hause gebracht. Nicht, dass sie besonders viele Freunde gehabt hätte. Wow. Das ist ein verrückter Zufall, was?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich an Zufälle glaube«, stellte Charley fest.
»Wirklich?«, fragte Jill und riss staunend die Augen auf. »Glauben Sie, dass es so etwas wie Schicksal ist?«
»An Schicksal glaube ich erst recht nicht.«
»Wirklich? Woran glauben Sie dann?«
»Wir sind nicht hier, um über mich zu sprechen«, erwiderte Charley gereizt.
»Ich glaube, alles geschieht aus einem Grund«, erklärte Jill ihr. »Selbst Zufälle. Wenn das irgendeinen Sinn ergibt.« Sie kicherte. »Also, ich glaube, das ist ein Zeichen. Als wären wir einander vorherbestimmt.«
Charley unterdrückte ein Schaudern. »Sind Sie religiös?«, fragte sie.
»Nun, ich bin im baptistischen Glauben erzogen worden, und meine Eltern haben mich jeden Sonntag in die Kirche geschleift. Aber es war so langweilig, dass es mich einfach nur angeödet hat. Und Ethan, also er hat es bloß gehasst. Sobald er alt genug war, unserem Vater die Stirn zu bieten, hat er ganz mit der Kirche aufgehört. Nur Pamela geht immer noch hin.« Sie kicherte. »Als wir klein waren, hat Pammy manchmal gesagt, dass sie Nonne werden wollte. Das hat unseren Vater immer stinkwütend gemacht. Einmal hat er sie so heftig geschlagen, dass sie seitdem auf dem rechten Ohr kaum noch etwas hören kann. ›Wir sind keine Katholiken. Wir sind Baptisten,
Gott verdammt noch mal!‹, hat er gebrüllt«, sagte Jill und kicherte wieder.
»Finden Sie das komisch?«, fragte Charley.
»Nein, natürlich nicht den Teil, wo er sie geschlagen hat. Das
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