Die Katze
finde ich nicht komisch. Bloß das Bild. Ich sehe ihn noch vor mir, wie er schreit: ›Wir sind Baptisten, Gott verdammt noch mal!‹ Das ist irgendwie komisch.«
»Das heißt, Sie glauben an Gott?«
»Sie nicht?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Oh, Sie müssen an Gott glauben«, beharrte Jill.
»Muss ich das? Warum?«
»Weil ohne Gott alles keinen Sinn ergibt.«
»Und mit ihm schon?«
Jills Miene wurde ausdruckslos.
»Wo ist der Sinn darin, dass drei unschuldige Kinder durch Ihre Hand gestorben sind?«
»Ich habe diese Kinder geliebt«, sagte Jill.
»Sie hatten eine merkwürdige Art, das zu zeigen.«
»Ich wollte ihnen niemals wehtun.«
»Sie haben sie gefoltert«, erinnerte Charley sie. »Sie haben ihre Todesschreie aufgenommen.«
Jill begann, heftig den Kopf zu schütteln. »Nein …«
»Kleine Kinder, die nach ihrer Mama rufen …«
Jill presste die Hände auf die Ohren, als wollte sie das Geräusch dieser Schreie ausblenden. »Hören Sie auf. Tun Sie das nicht.«
»Haben die Kinder das auch gesagt? Haben sie Sie angefleht aufzuhören?«
»Nein, bitte nicht.«
»Okay«, ging Alex dazwischen. »Das reicht, Charley.«
»Gab es Videoaufzeichnungen?«
»Was?«, fragte Jill mit tränenüberströmtem Gesicht.
»Es gab Gerüchte über Videobänder.«
»Ausschließlich Gerüchte«, sagte Alex. »Die Polizei hat monatelang danach gesucht und nichts gefunden.«
»Das heißt nicht, dass es sie nicht gibt.«
»Es gibt sie«, bestätigte Jill nach einer Pause.
Im Raum wurde es vollkommen still.
Charley merkte, dass sie den Atem anhielt. Es gibt tatsächlich Videobänder? , wollte sie schreien. Stattdessen fragte sie flüsternd: »Wo sind sie?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie müssen sich doch erinnern, wo Sie sie hingetan haben?«
»Ich habe sie nirgendwohin getan. Ich habe sie nie gehabt.«
»Aber irgendjemand hat sie?« Charley blickte zu Alex, der ihren Blick erwiderte und ebenso perplex wirkte wie sie.
»Davon höre ich zum ersten Mal«, gab er zu und rieb sich die Stirn.
»Siehst du, ich hab ja gesagt, dass sie die Richtige ist«, sagte Jill trotz der Tränen mit einem triumphierenden Unterton.
»Wenn ich auch nur denke, dass Sie nicht ganz ehrlich zu mir sind, wenn ich Sie je wieder bei der kleinsten harmlosen Lüge ertappe, wenn ich den geringsten Verdacht habe, dass Sie Spielchen spielen, ist die Sache abgeblasen, haben Sie mich verstanden?«, erklärte Charley Jill ebenso kategorisch wie zuvor Alex Prescott.
»Verstanden.«
»Wenn ich einen Buchvertrag abschließe, erhalten Sie keinerlei wie auch immer geartete finanzielle Entschädigung. Nicht einen Cent.«
»Ich will gar nichts.«
»Wenn Ihnen das, was ich schreibe, nicht gefällt, haben Sie Pech gehabt.«
»Ich weiß, dass das nicht passieren wird.«
»Aber wenn …«
»Habe ich Pech gehabt«, stimmte Jill zu.
»Werden Sie eine entsprechende Erklärung unterschreiben?«
»Absolut.« Jill sah ihren Anwalt an. »Alex?«
»Ich werde die Dokumente am Montagmorgen gleich als Erstes aufsetzen«, willigte er ein.
»Heißt das abgemacht?«
Charley schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter. Worauf zum Teufel ließ sie sich ein? »Abgemacht.«
KAPITEL 10
»Sie hatten recht«, sagte Charley, als sie wieder auf dem Beifahrersitz von Alex’ altem Cabriolet Platz nahm. In der Zeit, die sie innerhalb der Gefängnismauern verbracht hatten, hatten sich die Wolken aufgelöst, und der Himmel leuchtete strahlend blau. »Es hat nicht geregnet.«
»Natürlich nicht«, stellte Alex lächelnd fest.
Charley fragte sich, ob er einer dieser Männer war, die immer recht hatten, oder bloß einer von denen, die glaubten, sie hätten immer recht. Sie holte ihre Sonnenbrille aus der Handtasche, während er den Sicherheitsgurt anlegte und den Wagen startete. »Sie wussten wirklich nichts von den Videos?«
»Ich kannte die Gerüchte.« Er setzte rückwärts aus der engen Parklücke und fuhr Richtung Torhäuschen.
»Sie hat Ihnen nie erzählt, dass sie tatsächlich existieren?«
»Es gibt offensichtlich eine Reihe von Dingen, die ich über meine Mandantin nicht weiß.«
»Halten Sie sie immer noch für unschuldig?«, fragte Charley.
»Ich habe nie gesagt, dass sie unschuldig ist. Ich habe gesagt, sie ist kompliziert.«
»Kompliziert oder bloß raffiniert?«
Alex dachte einen Moment über die Frage nach. »Ich schätze, das müssen Sie schon selbst herausfinden.«
»Haben Sie irgendeine Ahnung, wo die Bänder sind?«
»Nicht die
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