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Die Katze

Titel: Die Katze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding Kristian Lutze
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vorhabe.«
    »Diese Frau ist deine Mutter.«
    »Ach ja? Nun, vielleicht brauche ich keine Mutter mehr. Ich habe mich ziemlich daran gewöhnt, ohne eine zu leben.«
    »Wenn du ihr bloß eine Chance geben würdest. Wenn du bloß über deinen Schatten springen würdest. Du musst sie ja nicht lieben. Du musst sie nicht einmal mögen.«
    »Gut. Weil ich sie nämlich abgrundtief hasse.« Er stieß ein hohles Lachen aus, das die Luft zerstach wie ein Eispickel einen Eisblock. »Das klang doch schon ziemlich erwachsen, findest du nicht?«
    »Was ich finde, ist nicht wichtig.«

    »Was dann?«
    » Du bist wichtig.«
    »Kommst du mir jetzt mit dem Vortrag ›Wir können uns erst wirklich auf die Zukunft einlassen, wenn wir Frieden mit unserer Vergangenheit geschlossen haben‹?«
    »So trivial, wie es sich bei dir anhört, ist das gar nicht.«
    »Ach ja? Denn es klingt tatsächlich trivial.«
    »Bram …«
    »Hör mal. Ich hab die Situation gestern Abend doch ziemlich gut bewältigt, oder? Ich bin nicht von dir direkt zur nächsten Bar gefahren und habe auch nicht den freundlichen Dealer um die Ecke angerufen. Weißt du, wen ich angerufen habe ? Meinen AA-Sponsor«, fuhr er fort und lächelte schüchtern. »Hatte ich vergessen zu erwähnen, dass ich Mitglied der Anonymen Alkoholiker geworden bin?«
    Charley brach in eine Flut dankbarer Tränen aus.
    »O nein. Nicht weinen. Komm schon, Charley. Es ist okay.« Er nahm ihr die Kaffeetasse aus den zitternden Händen und umarmte sie. »Bitte nicht weinen. Wenn eine Frau weint, macht mich das völlig hilflos.«
    »Warum hast du mir das nicht erzählt?«
    Er zuckte die Achseln. »Ich wollte erst sehen, ob ich eine Weile durchhalte. Und du darfst auch bitte nicht gleich ganz aus dem Häuschen geraten. Zehn Tage sind noch keine große Sache.«
    »Zehn Tage sind eine Riesensache.«
    »Wahrscheinlich wird es Rückfälle geben. Ich werde mich wirklich bemühen, aber ich will keine Versprechungen machen, die ich nicht halten kann. Es ist so, wie sie sagen - ein Tag nach dem anderen.«
    »Ein Tag nach dem anderen«, wiederholte Charley.
    Danach sagte länger niemand etwas. »Ich bin einfach noch nicht so weit, mich ihr zu stellen«, meinte Bram schließlich.
    »Ich verstehe.«
    »Vielleicht irgendwann.«

    »Wann immer du so weit bist.«
    »Du kannst ihr sagen, dass es mir gut geht«, fuhr er fort. »Sag ihr, ich wäre nicht ausgerastet oder so.«
    »Das mache ich.« Sie saßen eine Weile schweigend nebeneinander, Bram hatte den Arm um seine Schwester gelegt, und sie wiegten sich sanft hin und her. Irgendwann wanderte Charleys Blick zurück zu den Bildern an der Wand. »Die sind wirklich fantastisch, weißt du das?«
    »Denkst du, nur die Brontë-Schwestern haben Talent?«
    Charley kniff ihren Bruder in die Hand. »Anne hat mir ein Exemplar ihres Buches geschickt.«
    »Echt? Ich musste meins kaufen.«
    »Du bist tatsächlich losgegangen und hast es dir gekauft?«
    »Es war bei Costco im Angebot.«
    »Hast du es gelesen?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Es hat mir gefallen«, gab er einfältig zu. »Was soll ich sagen? Ich bin ein Romantiker.«
    Charley küsste ihren Bruder auf die Wange. »Gott, du bist süß.«
     
    Ein schrilles Pfeifen durchschnitt die stickige Luft.
    »Was zum Teufel ist das?«, fragte Bram und sprang auf.
    »Bleib ganz locker. Das ist nur mein Handy.« Lachend griff Charley in ihre Handtasche und zog ihr Mobiltelefon heraus. »Hallo?«
    »Charley?«, fragte eine Frauenstimme zögernd. »Sind Sie das?«
    Charley beugte sich vor und senkte die Stimme. »Jill?«
    »Ist es gerade ungünstig für Sie?«
    Charley sah ihren Bruder an, der sie mit einer Mischung aus Neugier und Besorgnis beobachtete. »Nein, kein Problem. Ist alles in Ordnung?«

    »Alles super.«
    »Schön.«
    »Können Sie reden?«
    Charley sah wieder ihren Bruder an und dachte, dass sie dieses Gespräch lieber unbelauscht führen würde.
    Er verstand ohne Worte und flüsterte: »Warum gehst du nicht ins Schlafzimmer? Das ist es sowieso kühler.«
    »Bin gleich zurück«, formte sie tonlos mit den Lippen und ging in das kleine Zimmer rechts neben der Küche. »Okay«, sagte sie, als sie sich auf das Doppelbett mit der blauen Überdecke sinken ließ. Der Ventilator vor dem Fenster pustete ihr eine sanfte Brise in den Nacken.
    »Sind Sie bei der Arbeit? Es klingt so, als würde ich Sie von etwas wegholen«, sagte Jill.
    »Nein. Ich bin gerade bei meinem Bruder.«
    »Oh, wie nett. Wie geht es ihm?«, fragte Jill, als ob

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