Die Kaufmannstochter von Lübeck
sich an jenen Moment erinnert, als sie sich zum ersten Mal im Dom zu Köln begegnet und dann sehr nahe gewesen waren. Seine Hände wanderten über ihren Körper, strichen ihr über den Rücken, das Gesäß, wanderten dann nach vorn, so als müssten sie sich wieder dessen vergewissern, was sie doch schon besessen hatten.
Johanna hatte noch so viele Fragen, aber die mochten ihr noch so sehr auf der Zunge brennen, jetzt schienen sie ihr so unwichtig wie alles andere. In diesem Augenblick zählte nichts anderes, als dass sie sich nahe waren. Sie sanken auf das einfache Lager herab. Nach und nach streiften sie die Kleider ab. Johanna schmiegte sich an ihn, spürte einen wohligen Schauer, als sie seine Haut an ihrer fühlte. Dann schlang sie ihre Beine um seine Hüften und öffnete sich ihm.
Ermattet lagen sie später auf dem Lager. Der Mond schien herein und schimmerte durch den Alabaster vor dem Fenster. Johanna hatte vollkommen vergessen, den Fensterladen zu schließen. Jetzt war es empfindlich kalt geworden, aber die Wärme zwischen ihren Körpern ließ sie auch das zunächst vergessen. Sie lagen zusammen unter der Decke, und Frederik griff nach ihrem Mantel, den sie achtlos zu Boden hatte sinken lassen, und breitete ihn über der Decke aus. Eng umschlungen lagen sie beieinander.
»Ich liebe dich«, sagte er, »und ich bin unendlich froh, dich wiedergefunden zu haben.«
»Ich hoffe, dass unsere Wege sich nie mehr trennen werden«, flüsterte Johanna. »Zumindest so lange nicht, wie der Herr uns hier auf Erden Zeit gibt.«
»Niemand weiß, wie lange das ist«, sagte Frederik. Er küsste sie und strich ihr dann zärtlich das vollkommen zerzauste Haar aus dem Gesicht. »Darum sollten wir jeden Augenblick, den er uns zugesteht, als Geschenk betrachten.«
»Ja«, murmelte sie. »Das wollen wir.« Ihre Hand glitt voller Zärtlichkeit über seine Brust und seine Schulter. Eines Tages werden wir sagen, dass heute unser gemeinsames Leben begann, hoffte sie.
»Warum hast du mich so lange in dieser Zelle warten lassen?«, fragte sie plötzlich. »Ich war die Letzte, die ausgelöst wurde, und im ersten Moment dachte ich schon, ich wäre soeben in die Leibeigenschaft eines dieser Wirte übergegangen …«
»Ich musste erst die Waffenknechte davon überzeugen, dass ich auch einer dieser Wirte bin, obwohl Helsingborg eine kleine Stadt ist und jeder dieser Wächter eigentlich hätte wissen müssen, dass ich nicht zu diesem erlauchten Kreis gehöre.«
»Wie hast du sie dann überzeugt?«
»Mit einem der letzten Goldstücke, die ich besaß.«
»Und woher hast du überhaupt gewusst, dass ich in diesem Hurenkerker eingesperrt war?«
Er lächelte. »Ich habe dich schon vorher gesehen.«
»Und du hast mich nicht angesprochen?«
»Ich habe den Mönchen dabei geholfen, Holz für das Signalfeuer, an dem sich die Schiffe orientieren sollen, den Turm hinaufzutragen. Da ging unten im Festungshof der Tumult los. Ich war auf halber Turmhöhe, habe durch ein Fenster gesehen und traute meinen Augen nicht, als ich dich sah.«
»Diese groben Kerle haben mich ganz schön herumgestoßen.«
»Die Kapuze deines Mantels fiel dabei zurück. Ich hätte dich sonst vielleicht nicht erkannt. Danach habe ich dann alles versucht. Aber ich glaube, der Festungsvogt hatte die Anordnung gegeben, die Gefangenen mindestens bis zum Abend in der Zelle schmoren zu lassen, damit sie sich künftig nur noch auf die Festung begeben, wenn die Hörner sie rufen.«
»Die Hörner?«, fragte Johanna.
»Bei einem Angriff wird mit Hörnern das Signal für die Bewohner gegeben, sich in die Festung zurückzuziehen. Aber nun erzähl mir, wie du um alles in der Welt nach Helsingborg kommst, wo doch deine Heimatstadt in den Krieg gegen jenes Königreich zieht, zu dem dieser Hafen zurzeit gehört.«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Ich will sie hören.«
So begann Johanna, von alledem zu berichten, was sich zugetragen hatte, seit sie sich in Köln auf dem Totenacker zum letzten Mal begegnet waren. Sie erzählte von den Intrigen des Herward von Ranneberg, dem Tod ihres Vaters und auch von ihrer Flucht nach Stralsund. »Ich habe alles zurücklassen müssen und besitze nichts mehr außer den Dingen, die ich bei mir trage«, sagte sie.
»Dann geht es dir inzwischen wie mir«, gab Frederik zurück. »Der Tod deines Vaters bekümmert mich sehr. Er wird nicht nur dir und deiner Schwester fehlen, sondern ganz gewiss auch deiner Stadt.«
»Da ist man zurzeit anderer
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