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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Festung angegriffen wurde.
    Johanna und Frederik wichen zur Seite und drängten sich an dem Ochsenkarren vorbei, der zusätzlich noch von ein paar kräftigen Männern angeschoben wurde.
    »Ich habe eine Unterkunft in einer Herberge«, sagte Johanna.
    »Dann sollten wir jetzt dort hingehen«, schlug Frederik vor. »Nenn mich Ole.«
    »Einfach Ole?«
    »Ole aus Dalarna, der im Ordensland gegen die Heiden auf dem Kreuzzug war.«
    »Kleidest du dich deswegen wie ein Mönch?«
    »Nein, dieses Gewand habe ich von den Mönchen auf der Festung bekommen, deren Schlafsaal ich seit geraumer Zeit benutzen darf. Und in der Tat lässt es mich unauffälliger erscheinen, als wenn ich hier wie ein Edelmann herumliefe und jedem zeigte, dass ich vielleicht noch einen Anspruch gegen die dänische Krone zu stellen habe!«
    Johanna verstand diese Zusammenhänge noch immer nicht. Aber das würde sich wohl alles sehr bald aufklären, so lautete ihre Überzeugung. Wichtig war im Moment nur eins: Sie hatte Frederik wiedergefunden – besser gesagt: er sie. Diesmal war er es gewesen, der sie aus einem Kerker herausgeholt hatte. So schien sich letztlich alles auszugleichen. Der Herr musste sie beide tatsächlich füreinander bestimmt haben.
    Sie gingen durch die Straßen, und Frederik drehte sich immer wieder nach allen Seiten um, als habe er Angst, verfolgt zu werden.
    »Wen fürchtest du?«
    »Alle und jeden«, sagte Frederik. »König Albrecht hält mich für einen Verräter. Er ist inzwischen offenbar auch ein Opfer des Intrigengespinstes geworden, das Herward von Ranneberg gewoben hat. Und jemand wie ich taugt offenbar gut für die Rolle eines Opferlamms, dem man jede nur erdenkliche Schuld anlasten kann. Aber das werde ich mir keineswegs gefallen lassen!«
    Johanna spürte sehr deutlich den unterschwelligen Grimm, der aus diesen Worten sprach.
    Dann berichtete Frederik in knappen Worten, dass man ihn im Reich von König Waldemar keinesfalls freundlich willkommen heißen würde, nur weil er bereit war, die Seiten zu wechseln. »Glücklicherweise bin ich durch einen Bekannten unserer Familie, der lange hier in Helsingborg ausgeharrt hatte, gewarnt worden. Und so habe ich mich nicht zu erkennen gegeben, sondern bin als Ole aus Dalarna nach Helsingborg gekommen, der vom Kreuzzug zurückgekehrt ist. Ich wollte erst einmal sehen, wie hier die Verhältnisse sind.«
    »Und? Was konntest du darüber feststellen?«, fragte Johanna.
    »Dass Mönche recht leichtgläubige Menschen sind.«
    »Auf die, die ich kennengelernt habe, scheint das nicht zuzutreffen«, widersprach Johanna.
    »Jedenfalls bin ich im Schlafsaal der Mönche bisher ganz gut aufgehoben gewesen. Anscheinend sucht man überall nach mir. Für die Dänen gelte ich nach wie vor als Feind – und wie ich diejenigen verlor, die eigentlich auf meiner Seite stehen sollten, weißt du ja.«
    Sie erreichten schließlich die Herberge, in der Johanna untergekommen war. »Komm mit mir«, sagte sie. »Es ist keine vornehme Bleibe, und es ist auch nicht unüblich, dass Frauen dort Besuch über Nacht empfangen, sodass niemand daran Anstoß nehmen wird! Und die Mönche, bei denen du bisher geschlafen hast, werden sicher eine Nacht auf dich verzichten können!«
    Im Schankraum der Herberge herrschte lautstarkes Gezeche. Es wurde gelacht, und ein Gaukler spielte auf einer vollkommen verstimmten Laute und sang dazu Lieder, deren Texte offenbar lustig klangen. Zumindest schienen sich die Anwesenden heftig zu amüsieren. Johanna und Frederik gingen die Treppe hinauf bis zu der Kammer, in der Johanna die letzten Nächte versucht hatte, Ruhe zu finden. Frederik nahm sie bei der Hand und zog sie in die Kammer. Dort strich sie ihm endlich die Kapuze vom Kopf. Sein Gesicht endlich wiederzusehen ließ ihr Herz aufgehen. Sie sah in seine Augen, und für einen Moment verschmolzen ihrer beider Blicke miteinander. Dann schlang sie die Arme um seinen Hals, und sie küssten sich. Er nahm sie bei den Schultern und drückte sie an sich. Wie lange habe ich darauf gewartet , dachte sie dabei.
    »Ich habe lange Zeit geglaubt, dass wir uns niemals wiedersehen würden«, hauchte sie.
    »Das habe ich nie geglaubt«, sagte Frederik.
    »Dann scheint dein Glaube viel stärker zu sein als der meine«, antwortete sie.
    Wieder küssten sie sich. Sie genoss es, wie er sie umfasste und kraftvoll an sich zog, und spürte, wie die lange angestaute Sehnsucht nun die Oberhand gewann. Es gab einfach kein Halten mehr, und sie fühlte

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