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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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überall herum, aber ich habe vor, die Truppen selbst anzuführen.«
    »Vorausgesetzt der Rat lässt das zu.«
    »Daran arbeite ich ab heute. Aber seid versichert, bis wir kriegsbereit sind, ist diese Entscheidung gefallen – und zwar genau so, wie es in meinem Sinn ist!«
    Die Tage wurden immer kürzer. Mitunter hatte Johanna den Eindruck, dass es gar nicht mehr hell werden wollte. Der eisige Wind blies aus Nordosten und brachte immer wieder Schnee und Graupel mit. Die Zahl der Schiffe, die jetzt die Trave von ihrer Mündung bis nach Lübeck hinauffuhren und im Hafen der Stadt anlegten, um ihre Waren zu entladen, nahm auf Grund der Witterung ab. Normalerweise brach dann gerade für die vielen Tagelöhner, die sich rund um den Hafen verdingten, eine schwierige Zeit an, da es nicht mehr so viel Arbeit gab wie zuvor. Weder Träger noch Seeleute wurden jetzt in so großer Zahl gebraucht, wie es in den wärmeren Monaten des Jahres der Fall war.
    Nicht so in diesem Jahr. Überall war in der Stadt und im weiteren Umkreis der Klang der Hämmer zu hören. In den Werften und bei den Boots- und Schiffbauern entlang der Trave herrschte Hochbetrieb. Auch wenn es Winter war und die kurzen Tage die Arbeit ebenso einschränkten wie das mitunter sehr unfreundliche Wetter, war man dabei, Dutzende von Kriegskoggen zu bauen. Einfach, stabil und vor allem wehrhaft sollten sie sein. Und deswegen hatten sie besonders hohe Wandungen. Das machte die Schiffe zwar plumper und schlechter manövrierbar, aber sie besaßen gegenüber schlankeren Schiffstypen den großen Vorteil, dass von der Reling aus auf eventuelle Angreifer hinabgeschossen werden konnte. Und je höher die Wandung, desto schwerer war eine Kogge zu entern.
    In den Schmieden der Stadt wurden derweil Waffen gefertigt: Schwerter, Lanzen, Hellebarden, Streitäxte – alles, was nötig sein würde, um auch die angeworbenen Waffenknechte auszurüsten, die nicht ihr eigenes Kriegsgerät mitbrachten.
    Aber nicht nur die Schiffbauer und Schmiede hatten gut zu tun, sondern auch die Zimmerleute der Stadt. Ungezählte Schilde würden gebraucht werden, außerdem Katapulte, die für die Belagerung einer Festung taugten, aber nicht so groß und unhandlich waren, dass man sie nicht auf ein Schiff hätte laden können.
    Für Johanna hätte jetzt eigentlich eine ruhigere Zeit im Jahr begonnen. Eine Zeit, in der sie die Bücher des Handelshauses hätte in Ordnung bringen und überprüfen können, welche Geschäfte wirklich profitabel waren und welche nicht, welche Preise für welche Waren auf keinen Fall unterschritten werden durften und welche Löhne man den Angestellten, Kapitänen und Seeleuten höchstens zahlen durfte, die für die von Dörens tätig waren, wenn das Haus auf die Dauer einen Gewinn erwirtschaften sollte.
    Aber in diesem Jahr war die Situation anders. Für solche Dinge, deren Nutzen sich nicht unmittelbar zeigte, blieb kaum Zeit, denn Johanna hatte einiges an Pflichten zu übernehmen, die zuvor von Wolfgang Prebendonk wahrgenommen worden waren. Der Prokurist und Schreiber fehlte an allen Enden. Auch Moritz schien erst jetzt wirklich zu erfassen, was er an Wolfgang gehabt hatte. Umso schwieriger war die Auswahl eines Nachfolgers, dem Moritz in derselben Weise vertrauen konnte, wie dies bei Wolfgang der Fall gewesen war.
    Zusammen mit ihrem Vater ritt Johanna an einem eisigen Morgen zu den Anlegestellen, wo die Walross, ein lang erwartetes Schiff, angelegt hatte, die im Auftrag des Hauses von Dören unterwegs gewesen war. Es hatte unter anderem Helsingborg und Kopenhagen angelaufen und auch eine Siedlung namens Göteborg, die von Holländern gegründet worden war. Pelze, die zuvor aus Nowgorod und Riga nach Lübeck gelangt waren, hatte das Haus von Dören weiter verschifft. Bis London und Antwerpen hatte die Walross die Ware geliefert. Und auf dem Rückweg hatte man allerhand mitgebracht. Vor allem Stockfisch, aber auch Tuchwaren. Natürlich hatten die Dänen sie auf der Rückfahrt nicht in die Ostsee einfahren lassen, ohne ihren Zoll zu bekommen. Aber darum ging es Moritz in diesem Augenblick nicht. Wichtiger waren für ihn die Informationen, die der Kapitän vielleicht hatte: Neuigkeiten über die Dinge, die sich weiter nördlich taten.
    Schon als sie zum Tor hinausritten, sahen sie die noch nicht eingeholten Segel der Walross.
    Eine Schar von Trägern war bereits damit beschäftigt, das Schiff zu entladen. Jorgen Ullrych, ein Angestellter des Hauses von Dören, überwachte

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