Die Keltennadel
Rippen, als sie mich im Krankenhaus besuchte.«
»Dieser Priester, bei dem ich war, Liam Lavelle –«
»Jung? Alt?«
»Mitte bis Ende Dreißig, würde ich sagen. Ist das wichtig?«, fragte Jane leicht gereizt. »Jedenfalls hat er bestätigt, dass sich diese Hüter des Siebten Siegels einer Endzeitterminologie bedienen, und möglicherweise werden sie von einem religiösen Spinner angeführt, der sich als eine Figur aus der Apokalypse versteht. Und nicht nur das, er ist wahrscheinlich auch noch sexuell gestört.«
»Und das hast du von einem katholischen Priester!« Elizabeth verdrehte die Augen. »Was wissen die denn von Sex? Wetten, er onaniert. Tun sie alle, pausenlos. Müssen sie wohl, die Ärmsten.«
»Mummy, bitte!«
»Tut mir leid, Kind. Haben wir etwa eine kleine Schwäche für ihn, hm?«
»Hör zu, können wir uns nicht einfach unterhalten, ohne dass du mich in Verlegenheit bringst? Ich würde es sehr begrüßen. Und bitte sprich nicht so laut. Ich möchte dich etwas fragen. Du hast doch Englische Literatur studiert. Wie viel weißt du noch von W. B. Yeats? Nicht so sehr seine Poesie, sondern mehr seine Ansichten.«
»Hmm… Eigentlich nicht mehr viel. War natürlich nach dieser Maud Gönne verrückt. Irischer Nationalist. War ein bisschen auf Feen fixiert und hat sich nebenbei mit Zauberei beschäftigt. Glaubte, dass die Geschichte eine Frage von Kreisen oder Kreiseln sei, genau weiß ich es nicht mehr. Du solltest mit Cousin Jeremy reden, der hat ein Buch über den alten Willie Yeats geschrieben.«
»Jeremy Swann? Ich wusste gar nicht, dass er ein Buch geschrieben hat.«
»Ist auch schon eine Weile her. War Dozent am Trinity. Allerdings nicht für Englische Literatur, sonst hätte ich ihn gehabt. Muss Geschichte gewesen sein. Jetzt lebt er im Ruhestand und wohnt in Rathgar. Seine Frau heißt Beryl, glaub ich.«
Der Kellner brachte Elizabeths Dessert und einen Kaffee für Jane. Elizabeth riss entzückt die Augen auf wie ein kleines Mädchen und schlang ihr Eis herunter.
Jane versuchte sich an die Swanns zu erinnern, einen Zweig ihrer Verwandtschaft, dem sie selten begegnet war. In der Familie ihrer Mutter gab es einen Hang zu künstlerischen oder geisteswissenschaftlichen Berufen, während die Seite ihres Vaters im Wesentlichen aus Geschäftsleuten bestand.
»Ich weiß noch, dass ich als Teenager einmal auf einem Silvesterfest dort war«, sagte Jane. »Daddy war auch da. Sie haben keine Kinder, oder?«
»Nein. Keine Abkömmlinge. Wollten es so. Sie müssten unter J. A. Swann im Telefonbuch stehen.« Elizabeth stieß auf, dann erhob sie sich ohne Vorwarnung von ihrem Stuhl, »‘tschuldigung, ich muss mal für Damen.«
Jane sah ihrer Mutter nach, wie sie sich zwischen den Tischen hindurchschlängelte, gelegentlich jemanden bat, den Bauch einzuziehen, oder regelrecht einen Stuhl zur Seite kippte. Wie immer empfand sie eine Mischung aus Zuneigung und Gereiztheit. Sie hatte bemerkt, dass Elizabeth einen purpurnen Rock mit passendem Oberteil trug, die sie ihr einmal zu Weihnachten geschenkt hatte, und sie wusste, sie trug die Kombination wegen ihres Treffens. So aufmerksam konnte ihre Mutter sein. Jane sah auf die Uhr. Vielleicht würde sie noch mit ihr in Evans Laden für Übergrößen gehen und ihr etwas kaufen, eine Bluse vielleicht, obwohl sie eher einen richtigen Mantel brauchte statt des anorakähnlichen Dings, mit dem sie heute aufgetaucht war. Aber in spätestens ein, zwei Stunden würden sie sich wieder in den Haaren liegen. Ein andermal.
Zum Teil waren die Reibereien zwischen ihnen auf gewisse Charakterzüge zurückzuführen, die ihnen gemeinsam waren, ein Umstand, der Jane gelegentlich beunruhigte. Dazu gehörte der Hang, rundheraus zu sagen, was sie empfand, ohne allzu langes Nachdenken. Als sie Nicky zum ersten Mal traf, hatte sie ihn unverblümt gefragt, ob er Elizabeth liebe. Er war sprachlos, weil er nicht erwartet hatte, von dieser jungen Frau ins Verhör genommen zu werden, die ja eigentlich seine Stieftochter war. Als ihre Mutter davon erfuhr, rüffelte sie Jane und sagte, sie sei noch nicht in dem Alter, in dem ihre Kinder sich benehmen durften, als wären sie ihre Eltern.
Der Kellner kam mit Käse und Crackern, und Jane bat ihn um die Rechnung. Dann sah sie Elizabeth auf derselben umständlichen Route wie zuvor den Tisch ansteuern.
Sie sah ein bisschen aufgeregt aus, als sie sich setzte, schenkte sich noch Wein ein und sagte laut: »Mir ist auf dem Klo etwas eingefallen. Ein
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