Die keltische Schwester
könnten darüber die Gendarmerie alarmieren.«
»Eine prächtige Idee. Wo ist es, Daniels?«
Er gab keine Antwort.
»Müsste ich nachhelfen?«
Robert griff in Wulfs Stirnlocke und zerrte seinen Kopf in den Nacken. Keine angenehme Haltung für das Insekt.
»Na? Meine Herrin hat gesagt, sie hätte gerne das Handy.«
»In der Aktentasche.«
»Fein!«
Ich machte die Tasche auf, holte das Gerät heraus und schaltete es ein. So weit, so gut.
»Und jetzt, Robert? Ohne seine PIN-Nummer kann ich dieses Ding leider nicht benutzen. Ich glaube, wir brauchen noch einmal die Unterstützung jenes Herren dort.«
»Ach, nichts leichter als das. Sie haben gehört, was Lindis möchte?«
Es war sehr demütigend für Wulf. Robert spielte mit ihm, nicht böswillig, die Haltung eher unangenehm als schmerzhaft. Er hatte wohl die leise Hoffnung gehabt, sich durch einen plötzlichen Ruck befreien zu können, wenn er sich einige Zeit ruhig verhielt.
Das allerdings war dann doch schmerzhaft, ich konnte förmlich die überdrehten Sehnen und Gelenke knirschen hören.
»Ruhig, ganz ruhig! Wie war doch noch gleich die PIN-Nummer?«
»Das werden Sie nie von mir erfahren.«
»Nein? Wohl doch noch nicht so weit gekommen auf dem Weg des Kriegers, was? Wir lernen jetzt etwas über den Zauber der Nervendruckpunkte. Eine wirksame Sache, wenn man sie zu Heilzwecken einsetzt. Aber die Akupressur hat auch ihre andere Seite, wie alles im Leben. Wie war die Nummer?«
Keine Antwort. Ich sah auch nicht, was Robert Gemeines machte, aber ich sagte: »Da steht was von ›Emergency call only‹ auf dem Display. Genau den brauchen doch wir jetzt.«
»Wie du wünschst, Herrin.« Ich hielt Robert das Handy ans Ohr, und er gab den ›Emergency call‹ mit Standort und Vergehen durch.
Anschließend meinte ich: »Schön. Jetzt möchte ich Dr. Koenig hier haben. Er ist gestern Abend eingetroffen und wird jetzt im Hotel beim Frühstück sein. Oder auf dem Weg zum Büro. Dazu müsstest du Herrn Daniels bitten, uns nun doch seine PIN-Nummer zu verraten.«
»Gleiche Weise, Daniels, oder können wir uns diesmal auf schmerzloses Extrahieren einigen?«
»Steht in meinem Terminplaner, erste Seite«, knirschte Wulf. Ich fand sie dort und tippte die Zahlenkombination ein, dann Dr. Koenigs Nummer.
»Guten Morgen, Herr Dr. Koenig. Ich hoffe, ich störe Sie nicht beim Frühstück, aber ich muss Sie bitten, so schnell wie möglich zu uns auf die Baustelle zu kommen. Herr Daniels hat einen Unfall gehabt.«
»Einen Unfall? Herr Daniels?« Im Hintergrund schrie Karola auf. »Wo sind Sie?«
»Auf dem Grundstück von Madame Keroudy. Sie müssen nur den Einsatzfahrzeugen folgen.«
Sirenengeheul näherte sich. Dr. Koenig fragte nicht mehr viel.
»Jetzt Léon, nicht wahr? Welche Nummer, Robert?«
Ich tippte Léons Privatnummer ein, und Robert sprach ein paar schnelle Worte mit ihm.
»Er kommt gleich. Arme Morwenna, so ein Tumult.«
Der Arzt kam als Erster, Beni und Teresa hatten sich auch wieder zu uns gesellt und musterten Wulf, als wäre er ein exotisches Tier im Zoo. Beni war sehr, sehr hässlich zu ihm. Ich führte den Arzt zu Morwenna, während draußen die Polizisten Wulf übernahmen.
»Sie ist tot«, stellte der Arzt fest und strich ihr sanft über dieHaare. »Madame Keroudy, Mère Morwenna, war sehr alt. Sie ist heute Nacht, wahrscheinlich in den frühen Morgenstunden, sanft eingeschlafen.«
Ich war froh, dass es nicht durch die Explosion geschehen war.
Der Arzt packte seine Sachen zusammen, und ich hatte plötzlich eine Idee.
»Monsieur?«
»Madame?«
»Könnten Sie …« Mein Französisch verließ mich leider. Er sah mich mit professionellem Mitleid an. »Sind Sie eine Freundin von Mère Morwenna?«
»Ich bin eine Freundin von Monsieur Caspary. Mein Name ist Lindis Farmunt.«
»Madame Farmunt, es tut mir leid. Was kann ich für Sie tun?«, fragte er in beinahe akzentfreiem Deutsch. Ich muss ihn ziemlich erstaunt angesehen haben. Er lächelte und erklärte mir: »Ich habe ein paar Jahre in Deutschland studiert.«
»Oh, wunderbar. Dr. Pourcel, könnten Sie, wenn wir nach draußen gehen, ein paar Minuten lang nichts über den exakten Todeszeitpunkt verlauten lassen? Nur für eine ganz kleine Weile?«
Er sah mich prüfend an.
»Es hat hier heute Morgen eine Sprengung gegeben. Eine ungerechtfertigte Einschüchterung.«
»Ich verstehe. Sie wollen schlechtes Gewissen erzeugen.«
»Ja, und ein Eingeständnis.«
»Ich werde mich im Hintergrund
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