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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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waschen helfen. Ich habe es mit meinen Händen gehalten. Ein hübscher strammer Junge war’s, bei Gott! Wir haben ihn der Herrin in die Arme gelegt, und sie hat sich so gefreut! Und dann ist der Herr gekommen und hat sich dazugesetzt. Mehr weiß ich nicht. Danach habe ich die blutigen Leintücher in kaltes Wasser gelegt, damit sie weichen konnten bis zum Morgen, und bin auf meinem Strohsack eingeschlafen, noch ehe ich ihn mit dem Kopf berührt hatte. Ganz gewiss! Und wären danach auch hundert Hexen durchs Haus geritten auf Besen oder wilden Böcken oder was sonst die so machen, ich hätte nichts gehört.»
    Ein kleiner Junge saß am Tisch und putzte Gemüse. Er schniefte und wischte sich die Nase am Ärmel.
    «Wer ist das?», fragte Carolus.
    «Das ist Claude, mein Sohn. Er hilft schon in der Küche! Die Herrin ist so gut und lässt mich ihn hier behalten. Sein Vater ist auf und davon.» Carolus erinnerte sich daran. Das Kind war unehelich empfangen. Die Leute hatten sich das Maul zerrissen und Mestra Laura auf übertriebene Weise gelobt, wie gut sie war, dass sie Mutter und Balg nicht auf die Straße gesetzt hatte.
    «Hast du jemanden mit dem Baby fortgehen sehen, Claude?»
    «Nee», sagte er und zog den Rotz hoch.
    Carolus ging noch einmal nach oben, um mit Catherine zu sprechen. Ihre Kammer lag neben der von Laura. Er klopfte an. Catherine riss die Tür auf, als habe sie nur darauf gewartet. Wütend funkelte sie ihn an: «Ja, natürlich, durchsuche nur mein Zimmer! Ich habe das Kind gestohlen,warum? Aus   … aus   … aus Neid! Ja! Weil ich unverheiratet bin, eine alte Jungfer und selbst keine Kinder habe.»
    «Ach, Catherine!»
    Sie schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
    «Ich weiß nichts. Ich habe geschlafen», kam es von drinnen.
    Achselzuckend ging Carolus die Treppe wieder hinunter und verließ das Haus. Sein nächster Weg führte zu Doktor Renzi. Der war nicht eben hilfreich: «Junger Mann. Als ich dort war, da war das Kind noch im Mutterleib! Und auch noch als ich wegging! Wie soll ich wissen, was hinterher geschehen ist? Aber es nimmt mich doch wunder, wie dieses Weib es geschafft hat, dass die Geburt doch noch vonstatten ging!»
    «Dieses Weib, wie Ihr beliebt, ist eine Ärztin, eine Kollegin», sagte Carolus.
    «Kollegin? Na, von mir aus. Es geht abwärts mit der Welt! Nächstens ziehen die Weiber Hosen an, und die Kerle kriegen die Kinder», brummte der alte Doktor. «Immerhin: Vielleicht wäre es ja nicht so schlecht, wenn Frauen andere Frauen behandeln. Hat sie es ordentlich gemacht?»
    «Hervorragend! Ich sage es Euch ganz ehrlich. Sie könnte uns in dieser Hinsicht allerhand beibringen», erwiderte Carolus.
    «So?!» Der Alte zog die Augenbrauen hoch. «Aber wo hat sie das Kind gelassen, das frage ich. Man hat schon von Fällen gehört, wo die Kinder getötet wurden, um die Mutter zu retten. Vielleicht haben sie das getan und anschließend den Leib des Kindes verscharrt, um ihr Verbrechen zu vertuschen. Die Kirche hat das verboten, und die Todesstrafe steht darauf. Aus ärztlicher Sicht finde ich es zumindest fraglich, ob das richtig ist. Aber das steht hier nicht zur Diskussion.»
    «Aber das hat Danielle ganz sicher nicht getan!», rief Carolus. «Nein, das kann ich nicht glauben!»
    «Und weil Ihr es nicht glaubt, ist es nicht so? Ich habe schon von Euren merkwürdigen ‹Behandlungsmethoden› gehört! Ihr sollt in die Begine verliebt sein und das Verlöbnis mit der Dame Catherine gelöst haben. Euer Urteil ist wohl kaum ungetrübt.»
    Ernüchtert trabte Carolus davon. Aber so schnell würde er nicht aufgeben. Er überquerte den Platz vor der Kirche Saint Pierre und sah, wie Abbé Grégoire gerade aus seiner Kirche kam.
    «Ah, Carolus, habt Ihr es schon gehört?», begrüßte dieser ihn.
    «Ja, falls ihr von Mestra Laura und dem verschwundenen Säugling sprecht. Ich habe auch schon gehört, dass Ihr die Beginen dafür verantwortlich macht. Aber es gibt mehr als genug Zeugen, dass sie das Haus Vidal auf ganz normale Weise und ohne das Kind verlassen haben. Wie wollt ihr daraus eine Anklage wegen Hexerei machen?», fragte Carolus zornig.
    «Ich will gar nichts, Medicus. Unterstellt mir das nicht. Aber was soll man denn da denken? Diese Weiber besuchen eine Schwangere mitten in der Nacht, und anderntags ist das Kind verschwunden! Übrigens hat mir die Begine Gebba, eine aufrechte und fromme Christin, ein sehr verdächtiges Dokument zukommen lassen!» Kerzengerade richtete sich der Abbé auf

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