Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
kann ich Augsburg nicht verlassen, solange Ihr noch in einer kahlen Wohnung sitzt.«
    »Du bist ein treuer Knecht, Schwab. Eigentlich der beste in unserem Haus, seit ich denken kann. Mein Vater hält große Stücke auf dich, und ich tue es auch. Ich danke dir, dass du mir helfen willst. Von meinem … äh, Ehemann werde ich wohl wenig Unterstützung erhalten. Er soll nämlich Seiner Eminenz, Kardinal Cajetanus, als Faktotum, Bote und was weiß ich noch alles dienen. Da wird er kaum Zeit finden, sich um mich zu kümmern.« Veva lächelte, als finde sie daran Gefallen.
    Der Schwab musste daran denken, dass ihre Ehe überstürzt und gegen ihren Willen geschlossen worden war. Da der Knecht Ernst Rickinger mochte, versuchte er, seine Herrin während der nächsten Stunde von dessen Vorzügen zu überzeugen.
    Veva interessierte sich jedoch mehr für das kleine Häuschen, in das Fuggers Bediensteter sie führte. Es bestand aus zwei abgeschlossenen Wohnungen übereinander, die jeweils eine eigene Haustür hatten. Fuggers Angestellter wies ihr die vier Räume im Erdgeschoss zu. Für ein Armenhaus waren die Zimmer überraschend geräumig und dazu luftig und hell. Es gab auch schon die notwendigsten Möbel, und neben dem Herd in der Küche hatte sogar jemand Feuerholz aufgeschichtet. Aber sonst fehlte es noch an vielem.
    Veva beauftragte den Schwab, Hausrat zu besorgen, und ging dann durch die Wohnung. Sie überlegte, was sie über die bereits bestellten Sachen hinaus noch brauchen würde, um sich halbwegs wohnlich einrichten zu können. Am wenigsten gefiel ihr die Kammer, die zum Schlafen dienen sollte und in der bereits ein recht schmales Bett stand. Das hieß, Ernst und sie würden sehr eng nebeneinanderliegen müssen. Da sie das nicht ändern konnte, setzte sie sich zuletzt in der Küche auf einen der beiden einfachen dreibeinigen Hocker und wartete, bis der Schwab vom Markt zurückkam.

17.
    A ls Kardinal Cajetan von Luthers Ankunft erfuhr, atmete er vernehmlich auf. »Dem Himmel sei Dank! Jetzt kann ich diesem Mönch ins Gewissen reden und ihm seine Ansichten über das Ablasswesen austreiben. Wo kämen wir denn hin, wenn jeder Geistliche den Heiligen Vater kritisieren dürfte! Seine Heiligkeit ist von Gott eingesetzt und daher niemandem Rechenschaft schuldig!«
    Seine Begleiter stimmten ihm eifrig zu, und auch Jakob Fugger nickte beifällig. In Ernsts Ohren klangen diese Worte jedoch wie eine Drohung. Der Gesandte des Papstes war nicht gekommen, um mit Luther über dessen Thesen zu diskutieren, sondern wollte eine völlige Unterwerfung. Sollte Luther sich diesem Ansinnen widersetzen, drohte ihm der Ketzertod. Nicht zuletzt deshalb beschloss Ernst, auf Christoph Langenmantels Vorschlag einzugehen und seine Augen und Ohren offenzuhalten. Sobald man hier etwas gegen Luther im Schilde führte, würde er es erfahren. Vorerst aber befand der Doktor aus Wittenberg sich im Karmeliterkloster in Sicherheit.
    »Ich habe kurz mit dem Mönch gesprochen«, sagte er zu Cajetanus und bemühte sich, abfällig zu klingen. »Er ist krank und wird mehrere Tage brauchen, bis er vor Eure Eminenz treten kann.«
    »Nun, die Zeit soll ihm gegeben werden. Die Hauptsache ist, er befindet sich innerhalb der Mauern dieser Stadt«, antwortete Cajetanus, der höchst zufrieden wirkte.
    Der Kardinal beachtete den Überbringer der Nachricht nicht weiter, sondern widmete sich wieder seinem Gastgeber. Unbemerkt trat Ernst näher. Aus dem Gespräch ging hervor, dass Jakob Fugger beim Papst in hohem Ansehen stand. Zudem übernahm er den Transport der Spenden und der Ablassgelder nach Rom und lehnte wohl schon aus diesem Grund Luthers Thesen scharf ab. Für ihn galt das Wort des Papstes, dass ein Mensch mit Geld Sünden tilgen könne. Obwohl Ernst sich in dieser Sache ganz Luthers Meinung angeschlossen hatte, empfand er Hochachtung für Jakob Fugger. Der fürstliche Kaufherr spendete zwar auch reichlich, doch das meiste davon kam den Armen seiner Stadt zugute. Wären alle Menschen so wie Fugger, sagte Ernst sich im Stillen, hätte Doktor Luther seine fünfundneunzig Thesen gegen das Ablasswesen und die Verkommenheit der Kirche niemals formulieren müssen.
    Plötzlich trat jemand neben ihn und sah ihn mit einer Mischung aus Neugier und Spott an. Es war der Ritter, den er auf seiner Reise nach Innsbruck kennengelernt hatte. »Du bist jetzt also der Eidam des Bartholomäus Leibert!«
    »Wieso fragt Ihr? Kennt Ihr Leibert etwa?« Ernst hätte keinen Grund dafür

Weitere Kostenlose Bücher