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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Gefangene an, verstanden! Wer es dennoch wagt, findet sich in der Hölle wieder.«
    Er sprach nicht besonders laut, doch bei seinem Tonfall stellten sich Veva die Härchen im Nacken auf. Dabei hätte sie dem Mann dankbar sein müssen, weil er sie vor der Schändung durch seine Kumpane bewahren wollte. Doch das tat er bestimmt nicht ohne Grund! Schaudernd fragte sie sich, was er mit ihr vorhaben mochte.
    Die restlichen Worte des Anführers gingen im Gebrüll der Männer unter, die ihn wüst beschimpften. Dann hörte sie etwas durch die Luft pfeifen, im nächsten Moment erscholl ein durchdringender Schrei, der gleich darauf abbrach.
    »Reicht das? Oder will noch einer seinen Kopf verlieren?«, fragte der Hauptmann.
    »War es nötig, den armen Kerl gleich umzubringen?«, rief jemand erschrocken.
    Ein meckerndes Lachen erscholl. »Er hat das eiserne Gesetz unserer Truppe missachtet. Hier gibt es nur einen, der befiehlt, und das bin ich! Damit ihr es wisst: Das Mädchen ist unversehrt verdammt viel wert, aber wenn ihr über sie herfallt, bekommen wir keinen Heller. Mit dem Geld, das wir für dieses Schätzchen bekommen, könnt ihr euch eine Kompanie Huren leisten.«
    »Warum Geld für Huren verschwenden? Wir holen uns ein Bauernmädchen aus der Umgebung. Mit der haben wir mehr Spaß, und bezahlen müssen wir sie auch nicht!« Der Sprecher lachte, und die anderen fielen nach und nach ein.
    Veva fragte sich nicht zum ersten Mal, ob das da draußen wirklich noch Menschen waren. Gerade war einer ihrer Kumpane gewaltsam ums Leben gekommen, und schon dachten sie daran, ein Mädchen zu entführen und zu vergewaltigen. Doch dann beschäftigte sie etwas anders: Was mochte es mit der Bemerkung des Hauptmanns auf sich haben? Wer war bereit, für ihre Unversehrtheit zu bezahlen? Damit konnte doch nur ihr Vater gemeint sein, von dem diese Schurken gewiss ein hohes Lösegeld verlangen würden.
    Ein Geräusch vor der Tür riss sie hoch. Jemand öffnete und streckte eine brennende Laterne herein. Das helle Licht blendete Veva, und es dauerte einen Augenblick, bis sie sehen konnte, wie einer der Räuber einen irdenen Topf und einen kleinen Tonkrug auf den Boden stellte.
    »Hier hast du was zu essen«, sagte er und wollte die Tür wieder schließen.
    »Halt!«, rief Veva. »Ich brauche die Lampe! In der Dunkelheit finde ich das Essen nicht.«
    Der Räuber zögerte kurz und hängte seine Laterne statt der erloschenen an den Aststummel, den jemand in eine Lücke zwischen den Steinen getrieben hatte. »Hier! Ich bin ja nicht so.« Dann schlug er die Tür zu und schob den Riegel vor.
    Bis zu diesem Augenblick hatte Veva geglaubt, nie wieder einen Bissen über die Lippen bringen zu können. Aber nun meldete ihr Körper seine Bedürfnisse an, und so probierte sie zunächst die Flüssigkeit im Krug. Es war sehr saurer Wein mit Quellwasser vermischt. Durstig trank sie ihn leer und hob dann den Topf auf. Der musste direkt neben dem Feuer gestanden haben, denn er war so heiß, dass sie ihn beinahe fallen gelassen hätte. Rasch riss sie einen Fetzen von einem noch sauberen Teil ihres zerschnittenen Gewands ab und wickelte diesen um den Topf. Dann zog sie den Hornlöffel heraus, der in dem undefinierbaren, unappetitlichen Brei steckte, und begann zu essen. Das Zeug schmeckte genauso, wie es aussah, aber es war warm und gab ihr Kraft. Vielleicht wurden die Räuber unvorsichtig, und es ergab sich eine Gelegenheit zur Flucht. In dem Fall musste sie sich auf den Beinen halten können.
    Die Ration war so bemessen, dass sie gerade satt davon wurde. Als der Topf leer war, stellte sie ihn zu dem Krug neben die Tür und setzte sich auf das primitive Bett. Die Unschlittkerze in der Lampe flackerte und stank, doch sie war froh um das Licht. Um nichts in der Welt hätte sie weiter in der Dunkelheit sitzen mögen. Während sie überlegte, welche weiteren Prüfungen auf sie warten mochten, bemerkte sie, dass die Geräusche in der Höhle abebbten.
    Nach einer Weile stand sie auf und legte ihr Ohr gegen die Tür, vernahm aber keinen Laut außer dem fernen Heulen des Windes. Niemand sprach, niemand lachte, und es erschollen auch keine Flüche mehr. Es schien, als hätten die Räuber die Höhle verlassen, um erneut auf Beutezug zu gehen. Zuerst atmete sie auf, denn nun bestand vorerst keine Gefahr mehr, dass man ihr Gewalt antat. Doch was war, wenn die Räuber nicht wiederkamen? Verzweifelt rüttelte sie an der Tür. Wenn sie hier gefangen blieb, würde sie eines

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