Die Ketzerbraut. Roman
Eimer heißes Wasser nach dem anderen heran. Cilli überwachte sie und schimpfte vor sich hin. »Der Schwab hätte diese Schurken niemals ins Haus lassen dürfen! Und wenn doch, hätten Barts Knechte sie sofort festnehmen müssen. Es ist eine Schande, dass sie meine Herrin so bedrängen konnten.«
»Sei endlich still!«, fuhr die Hebamme sie an. »Du machst es nur noch schlimmer. Vevas Leib muss jetzt schwer arbeiten, um das Kind ans Licht zu bringen. Wasser habt ihr genug gebracht. Hole lieber einen Krug Bier, damit Veva etwas zu trinken hat. Auch ich hätte nichts gegen einen Schluck einzuwenden.«
Während die Köchin maulend verschwand, schüttelte Veva den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich etwas trinken kann! Dafür tut es zu weh!«
»Du kannst viel, von dem du noch nichts weißt«, erklärte Kreszenz und untersuchte sie gründlich. Nachdem sie die Scham und den Bauch abgetastet hatte, atmete sie auf. »Es sieht so aus, als hätte dein Leib sich schon vorher entschlossen, das Kind loszuwerden. Das erspart dir viele Qualen, weil das Kind bereits darauf vorbereitet ist, sich uns zu zeigen.«
Kurz darauf brachte Lina den Korb, den eine der Mägde geholt hatte, so dass die Hebamme alles für die Geburt und die Versorgung von Mutter und Kind bereitstellen konnte. Derweil warteten die weiblichen Bediensteten angespannt auf den Augenblick der Geburt und weinten oder beteten je nach Temperament.
Entgegen den Erwartungen, die die Hebamme geweckt hatte, verstrichen etliche Stunden, in denen Veva immer wieder vor Schmerzen aufschrie. Als Kreszenz bereits das Schlimmste befürchtete, zeigte sich endlich das Köpfchen des Kindes, und kurz darauf konnte die Hebamme das Kleine auffangen. Noch während das Neugeborene an der Nabelschnur hing, träufelte Kreszenz ihm etwas Wasser auf den Kopf und machte das Kreuzzeichen.
»So, damit hat es die Nottaufe erhalten. Ich werde es unserem hochwürdigen Herrn Eisenreich mitteilen, falls das Kind nicht überleben sollte«, sagte sie und versetzte dem Säugling einen leichten Klaps.
Als dieser ein schwächliches Greinen ausstieß, atmete die Hebamme auf. Auch Veva hörte es und wollte sich aufrichten, um das Kind in die Arme zu nehmen, doch Kreszenz drückte sie zurück.
»Bleib liegen! Noch sind wir nicht fertig. Auf jeden Fall lebt deine Tochter und sie sieht auch gesund aus. Sie braucht aber bald Milch.«
»Die Steinbäuerin wird erst in einem Monat gebären«, wandte Veva erschrocken ein.
Kreszenz lachte leise auf. »So lange kann deine Kleine freilich nicht warten. Ich weiß aber auch keine andere Amme in der Stadt, deren Dienste du in Anspruch nehmen könntest. Zudem rate ich dir davon ab! Das Mädchen ist zu früh geboren und verträgt die Milch einer Amme möglicherweise nicht. Mit Ziegenmilch wird sie ebenfalls nicht durchkommen. Auch wenn es dich noch so schmerzen sollte: Du wirst das Kind selbst nähren müssen, bis die Steinbäuerin zur Verfügung steht.«
Veva, deren ganzes Sehnen darauf gerichtet war, ihre Tochter am Leben zu erhalten, nickte. »Ich werde es tun!«
»Dann ist es gut. Ein Frühchen braucht die Milch der eigenen Mutter, die es bereits im Mutterleib genährt hat. Doch nun lass uns weitermachen. Gib mir das Messer dort!« Die Hebamme zeigte auf eine Klinge in ihrem Korb, die in einer ledernen Scheide steckte. Als Lina ihr diese reichte, kam ein schmales, scharfes Messerchen zum Vorschein.
Kreszenz schnitt die Nabelschnur durch und erklärte, dass sie dieses Werkzeug bei einer Wallfahrt nach Altötting hatte weihen lassen. »Man braucht die Hilfe der Heiligen, wenn man schwangeren und gebärenden Frauen beistehen will«, erklärte sie Veva und begann, das Kind zu reinigen.
Obwohl sie ganz vorsichtig mit ihr umging, weinte die Kleine. Während Vevas Herz sich vor Angst um das winzige Geschöpf verkrampfte, lächelte die Hebamme zufrieden. »Deine Tochter hat genug Kraft fürs Leben. Du kannst übrigens froh sein, dass es ein Mädchen ist. Die sind zäh! Buben, die zu früh geboren werden, sterben hinweg wie die Fliegen. Aber jetzt sollten wir sie dir an die Brust legen. Das Kind braucht zwar nicht viel, dafür aber sehr oft. Du wirst in den nächsten Tagen nur wenig zum Schlafen kommen, wenn du deine Tochter am Leben erhalten willst.«
»Ich werde sie am Leben erhalten! Das bin ich Ernst schuldig!« Veva traten die Tränen in die Augen, weil ihre Worte sich anhörten, als sei er tatsächlich tot. Dabei war sie mittlerweile davon überzeugt, dass
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