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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman
Autoren: Iny Lorentz
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es war sein Recht, es ihnen abzunehmen.
    Für einen Augenblick dachte er an den Gefangenen, mit dem er Haselegner erpresste. Im Grunde brauchte er Ernst Rickinger nicht mehr und überlegte daher, ob er seinen Begleiter nicht zurückschicken sollte, um den Kerl zu beseitigen. Dann aber sagte er sich, dass er dies bei seiner Rückkehr eigenhändig tun konnte. Mit einem Grinsen, das ebenso Haselegners Verzweiflung und wie seiner eigenen Schläue galt, ritt er weiter und erreichte kurz darauf den letzten Hof vor dem Taleingang. Hier waren nur noch die Altbäuerin und deren Schwiegertochter bei der Arbeit, zwei hässliche Frauen, deren Aussehen und die Tatsache, dass sie zu einem seiner Unteranführer gehörten, sie vor der Nachstellung durch andere Bandenmitglieder bewahrten. Die Männer, die von diesem Hof stammten, befanden sich oben auf der Burg, obwohl es auf den Feldern genug zu tun gegeben hätte. In früheren Zeiten hätte Gigging sie mit der Peitsche an die Arbeit getrieben. Nun aber zuckte er nur mit den Achseln. Die Vergangenheit konnte er nicht zurückholen, und wenn er es genau betrachtete, wollte er es auch nicht mehr.
    »Komm weiter! Ich will heute noch nach Brannenburg kommen«, rief er seinem Begleiter zu und trieb sein Pferd an.
    Schon bald aber mussten sie absteigen und die Tiere führen. Prompt fing der Knecht wieder an zu meckern. »Wir hätten uns längst ein anderes Versteck suchen sollen. Hier brauchen wir einen halben Tag, um aus diesem Loch herauszukommen.«
    »Dafür hatten wir bis jetzt noch nie Verfolger am Hals. Denke daran, wie es anderen Banden ergangen ist. Nach zwei, drei erfolgreichen Überfällen hatten die Landrichter sie am Wickel«, wies Gigging ihn zurecht.
    »Pah, wir sind weitaus schlauer, als diese Kerle es waren!«
    Vor allem ich bin schlauer, dachte Gigging spöttisch. Ohne ihn wären die übrigen Bandenmitglieder längst am Galgen gelandet. Dieses Schicksal würde den meisten von ihnen ohnehin blühen. Sobald der Erste von ihnen gefangen war, würde er unter der Folter die Namen seiner Kumpane nennen, und dann ereilte die Strafe des Herzogs auch die anderen Mitglieder der Bande. Alle bis auf einen, schränkte Gigging lächelnd ein. Bis dorthin würde er bereits sehr weit weg und bald vergessen sein.
    »Mich soll der Teufel holen, wenn da vorne keine Leute kommen!«, rief sein Begleiter plötzlich.
    Gigging blieb stehen und lauschte. Tatsächlich erklang vor ihnen Hufschlag. Nun hörte er auch ein Pferd wiehern. »Wahrscheinlich sind das Boten von ein paar Kaufherren, denen wir früher Vorspanndienste geleistet haben, um anzufragen, wo wir bleiben. Wenn wir es geschickt anstellen, können wir ihnen entlocken, welche Ware sie transportieren, und sie unterwegs über die Klinge springen lassen.« Der Ritter klopfte lachend auf sein Schwert und eilte vorwärts, um so rasch wie möglich auf die Fremden zu treffen.
    Als er die Anhöhe erreicht hatte, sah er sich einer größeren Schar gegenüber, die von der anderen Seite heraufkam. Es waren jedoch keine Boten von Handelsherren, sondern Kriegsknechte in den bayrischen Farben. Gigging starrte verdattert auf den Anführer, einen Edelmann, der sich mit einem Brustharnisch, einem spanischen Helm und einem langen, am Sattel hängenden Schwert kriegerisch gerüstet hatte.
    »Was haben die denn hier zu suchen?«, rief sein Begleiter erschrocken.
    Die Frage stellte Gigging sich ebenfalls. Da es hinter ihm nur das halb verschüttete Tal mit seinem kümmerlichen Besitz gab, musste dieser das Ziel der Bewaffneten sein.
    Im ersten Augenblick wollte der Ritter sein Pferd wenden und in seine Burg fliehen. Dann aber sagte er sich, dass er die Ankömmlinge damit nur misstrauisch machen würde. Aus diesem Grund wartete er, bis deren Anführer bis auf wenige Schritte herangekommen war.
    »Gott zum Gruß, Prielmayr. Hat Euch der Herzog etwa auf eine Mission geschickt? Dann seid Ihr aber gewaltig in die Irre geritten. Hinter mir ist nämlich die Welt zu Ende.«
    Es klang so freundlich, dass der Höfling unsicher wurde und an Vevas Verdacht zu zweifeln begann. »Ich soll dem Befehl Seiner Gnaden, Herzog Wilhelms, zufolge in diesen Bergen der sogenannten Oberländer Bande nachspüren. Einige ihrer Mitglieder sollen in dieser Gegend gesehen worden sein.« Prielmayr wollte schon über seinen Auftrag lachen, da bemerkte er, dass Giggings Gesicht sich entfärbte.
    Haselegner hat mich verraten, sonst wüsste Prielmayr nicht, wo die Bande zu finden ist,
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