Die Ketzerbraut. Roman
durchfuhr es den Raubritter. Er verfluchte in Gedanken seinen einstigen Partner, der sich vom Herzog gewiss einen Generalpardon hatte geben lassen. Vielleicht hatte Wilhelm IV . ihm auch gleich die Ehe mit Veva Rickinger gestiftet. Mit einer gewissen Schadenfreude fragte Gigging sich, was die Frau, aber auch die Bürger und die Geistlichkeit von München sagen würden, wenn auf einmal der verschollene erste Ehemann wiederauftauchte.
Solche Überlegungen halfen ihm im Augenblick jedoch nicht weiter. Daher setzte er ein überhebliches Lächeln auf. »Ihr verfolgt die Oberländer Bande? Dann wünsche ich Euch viel Erfolg. Ihr wärt der Erste, der einen dieser Räuber fangen könnte.«
Gigging sah Prielmayr an, dass dieser sich nicht wohl in seiner Haut fühlte. Sollte er diesen an seiner eigenen Wichtigkeit erstickenden Höfling verunsichern und zur Umkehr bewegen? Oder war es besser, ihn mit Worten einzulullen, so dass er ihm den Weg freigab? Im zweiten Fall würde er die in der Burg angesammelte Beute im Stich lassen müssen und nach deren Entdeckung fürderhin als vogelfrei gelten. Eine andere Möglichkeit sah er jedoch nicht, denn der Weg aus dem Tal wurde durch Dutzende Krieger und Saumtiere versperrt.
Prielmayr fragte sich noch immer, ob Veva den Ritter nicht doch fälschlich angeschuldigt hatte oder ob dieser so abgebrüht war. Nach kurzem Überlegen entschied er sich, erst einmal mit dem Mann zu reden. »Unser Herzog ist zornig, weil diese Räuber gute Untertanen umgebracht und dem Handel der Stadt München und anderer Städte Bayerns schwer geschadet haben. Da ist es kein Wunder, dass er die Schurken am Galgen sehen will!«
»Das kann ich mir vorstellen!« Da Prielmayr keine Feindseligkeit zeigte, begann Gigging zu hoffen, sein Name sei noch nicht mit der Oberländer Bande in Verbindung gebracht worden, und streckte dem Höfling lachend die Hand hin. »Dann wünsche ich Euch Glück bei Eurer Suche, mein Freund.«
Dies war der Augenblick, in dem Prielmayr zu der Überzeugung kam, dass die Rickingerin wohl doch einer falschen Spur gefolgt sei, und er wollte Befehl geben, Gigging und dessen Begleiter passieren zu lassen.
In dem Augenblick kam Veva den Hang hoch und blieb vor Gigging stehen.
13.
V eva hatte bemerkt, dass der Trupp auf freier Strecke anhielt, konnte aber nicht feststellen, woran das lag. Als es nicht weiterging, verließ sie kurzerhand die Sänfte und stieg mit dem Kind auf dem Arm den Passweg hoch. Erst als sie die Kuppe fast erreicht hatte, entdeckte sie Franz von Gigging und erkannte ihn auch an jener Geste, die sie schon bei dem Räuberhauptmann mit der hölzernen Maske bemerkt hatte. Sein Waffenknecht gehörte zu jenen, die ihn nach Augsburg begleitet hatten. Mit versteinertem Gesicht trat sie auf die Männer zu und funkelte den Ritter voller Hass an.
»Da habt Ihr den Anführer der Räuber, Herr Prielmayr«, sagte sie zu dem Höfling. Bevor dieser etwas sagen konnte, antwortete Gigging mit einem falschen Lachen.
»Ich und ein Räuber? Weib, dir hat wohl deine Niederkunft die Sinne getrübt.«
»Wollt Ihr etwa abstreiten, dass Doktor Portikus Euch Geld dafür geboten hat, meinen Mann zu ermorden? Dafür gibt es Zeugen!«, antwortete Veva zornerfüllt.
Gigging verfluchte in Gedanken den Geistlichen, der ihn in Augsburg gedrängt hatte, Ernst Rickinger zu töten. Noch während er überlegte, wie er sich aus dieser Klemme winden konnte, stieß sein Begleiter einen gotteslästerlichen Fluch aus. »Du verdammter Hund! Du hast von dem Priester Geld für die Sache bekommen und es nicht mit uns geteilt?«
Der Ritter hätte am liebsten das Schwert gezückt und seinen Gefolgsmann auf der Stelle mundtot gemacht. Doch trotz der verräterischen Worte gab er sich noch nicht geschlagen. »Ich habe Rickinger nicht des Geldes wegen getötet. Der Mann hat mich beleidigt, und es war mein Recht, ihn dafür zu bestrafen!«
Prielmayr schüttelte langsam den Kopf. »Wegen Rickingers Tod werdet Ihr Euch vor Gericht verantworten müssen, Gigging!«
»Und auch wegen des Mordes an meinem Bruder! Es hat gedauert, bis meine Erinnerung zurückgekehrt ist, doch mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass Ihr und Männer Eurer Bande auch diese Schandtat begangen habt!« Veva fühlte weniger Triumph als Trauer, denn der Schmerz um Bartl, der nie ganz vergangen war, erfasste sie von neuem, so dass ihr die Tränen in die Augen stiegen.
Gigging schwirrte der Kopf. Nicht durch Haselegners Verrat, auch nicht durch
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