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Die Ketzerbraut. Roman

Titel: Die Ketzerbraut. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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er überlegte, wie er das Päckchen Flugblätter loswerden konnte. Am sichersten wäre es gewesen, sie auf dem heimischen Herd zu verbrennen. Diesen Gefallen aber wollte er Doktor Portikus und dessen Handlangern nicht tun. In seinen Gedanken verfangen, achtete er auch nicht auf Veva, die schweigend neben ihm saß und lustlos in ihrem Essen herumstocherte.
    Cilli, die sich an diesem Tag besonders viel Mühe gegeben hatte, schnaubte beleidigt. Da aber auch der Bräutigam und der Hausherr kaum etwas aßen, kehrte die Köchin rasch in die Küche zurück, um zu probieren, ob sie aus Versehen ein falsches Gewürz verwendet hatte. Es schmeckte jedoch alles ausgezeichnet, und so ärgerte sie sich über die drei, die ihre Kochkunst nicht zu würdigen wussten.
    Wahrscheinlich hätte Veva das Mahl besser gemundet, wenn Ernst ein paar Worte mit ihr gewechselt und sich dafür interessiert hätte, wie sie die nächsten Wochen verbringen würde. So aber hatte sie das Gefühl, ganz und gar überflüssig zu sein. Wenn er glaubte, seine Gleichgültigkeit ihr gegenüber sei ein guter Beginn für ihre Ehe, so wollte sie ihn nicht korrigieren.
    Beide waren erleichtert, als der Tisch abgeräumt wurde und Rickinger, der mit Susanne verabredet war, zum Aufbruch drängte.
    Ernst schob seinen noch halbvollen Weinbecher zurück und stand auf. »Ich bitte Euch, mich zu entschuldigen, aber ich muss noch einige Vorbereitungen für meine morgige Abreise treffen«, sagte er zu Leibert.
    »Das verstehe ich«, behauptete sein Schwiegervater, der ebenfalls verärgert war, weil Ernst Veva so missachtete.
    Leibert nahm mit grimmiger Miene wahr, dass sich sein Schwiegersohn zwar von ihm verabschiedete, aber Veva nicht einmal einen Blick gönnte, geschweige denn ein Wort. Nun fragte er sich, ob er nicht doch übereilt gehandelt hatte. Wie es aussah, war Ernst nur an seinem Vermögen interessiert und nahm Veva hin wie einen Einrichtungsgegenstand, den man zwar nicht braucht, aber auch nicht weggeben darf.
    Veva selbst zuckte nur mit den Schultern und beschloss, in der nächsten Zeit nicht an Ernst zu denken. Sie hatte anderes zu tun, als sich mit ihrem Stoffel von Ehemann zu beschäftigen.

22.
    E rnst erinnerte sich erst an der Haustür daran, dass er sich nicht von seiner frisch Angetrauten verabschiedet hatte, wollte aber nicht mehr kehrtmachen, weil die Gefahr, die von Portikus ausging, wie eine dunkle Wolke über ihm schwebte. Draußen auf der Straße atmete er erst einmal erleichtert auf und eilte mit langen Schritten zum Haus des Vaters.
    Dort erwartete ihn die alte Lina, die wissen wollte, wie die Hochzeit verlaufen sei. Ernst kratzte sich im Genick und zuckte mit den Achseln. »Der Leibert, mein Vater und ich haben den Vertrag unterschrieben, und dann hat unser Hochwürden mich und die Veva zusammengegeben. Danach haben wir noch gegessen.«
    Mit so dürren Worten konnte er die Neugier der Magd nicht befriedigen. »Waren denn keine anderen Gäste da?«
    Ernst schüttelte den Kopf. »Nein, nur wir fünf und zwei Ministranten. Es ist wegen der Trauer um den Bartl, musst du wissen. Da hat der Leibert kein Fest ausrichten wollen.«
    »Dann hätte er mit der Heirat warten müssen, bis die Trauerzeit vorbei ist.« Lina war enttäuscht, denn sie hätte Ernst eine ebenso rauschende Hochzeit gewünscht, wie dessen Vater sie für sich selbst plante.
    »Ich habe keine Ahnung, warum die Hochzeit ausgerechnet heute hat sein müssen und nicht in ein paar Wochen, wenn ich aus Augsburg zurück bin.« Ernst winkte ab und bat sie dann um einen Becher Bier.
    »Weißt du, der Wein schmeckt zwar, aber von ihm krieg ich immer Durst«, setzte er lachend hinzu.
    »Willst du dich wieder so betrinken wie vorgestern und einen weiteren Tag wie ein nasser Sack im Bett liegen?«, fragte die Magd streng.
    Ernst streckte erschrocken die Hände von sich. »Gott bewahre. Der Rausch reicht mir für einige Zeit.«
    »Also gut!« Lina ging zum Bierfass, füllte einen Becher bis fast an den Rand und reichte ihn Ernst. »Wohl bekomm’s!«
    »Dank dir!« Ernst atmete einmal tief durch und leerte das Gefäß mit kleinen Schlucken. Danach stieß er kurz auf, gab den Becher zurück und grinste. »Schade, dass du nicht mitkommen kannst. Eine wie dich bräuchte ich für meinen Haushalt in Augsburg.«
    »Aber geh, das sagst du doch bloß so!« Ihren Worten zum Trotz fühlte Lina sich geschmeichelt.
    Während sie das Abendessen vorbereitete, löcherte sie Ernst mit Fragen. Sie wollte wissen,

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