Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)
einem Dasein als Ehefrau geäußert, und ob sie je wieder die Möglichkeit hätte, Perfacha in einer domus zu sein, war ungewiss. Als Adelind hörte, wie Schritte näher kamen, empfand sie nur noch Ungeduld. Dominique de Guzmán sollte sie nicht unnötig aufhalten, denn sie hatte noch eine Aufgabe zu erfüllen. Falls es ihr tatsächlich gelänge, ihre zwei sociae zum Abschwören zu bringen, würde sie vielleicht wirklich gefasst in den Tod gehen können.
Die Tür öffnete sich langsam. Adelind erblickte zunächst nur eine Kerze in einer Männerhand, die zwar gepflegt, aber deutlich kräftiger und vor allem dunkler war als die des jungen Klerikers. Eine hochgewachsene Gestalt in farbenfroher, blitzsauberer Kleidung folgte. Pechschwarze Locken kringelten sich um ein braunes Gesicht, das sie freudig, aber auch verunsichert anblickte.
Adelind vermochte eine Weile nur stumm zu starren, dann stieß sie einen Schrei aus und lief auf Peyres zu.
» Verräter « , zischte sie, während sie mit Fäusten gegen seine Brust trommelte. » Du elender Speichellecker machst Musik für diese Bluthunde und lässt dir von ihnen Almosen zuwerfen, du elender Köter, du… «
» Hör auf! « Peyres umklammerte ihre Handgelenke, und sie musste die Demütigung hinnehmen, dass er weitaus stärker war. Sein Gesicht näherte sich ihrem Ohr. Adelind verspürte den Drang zuzubeißen, sobald sich eine Gelegenheit bot.
» Du darfst keinen solchen Lärm machen. Wir werden jetzt beide von hier verschwinden, aber viel Zeit haben wir nicht « , zischte Peyres ihr zu. Sie erstarrte ungläubig, während er begann, einen Strick um ihre Handgelenke zu binden.
» So wirkt es glaubwürdiger, wenn ich dich herumführe « , redete er weiter auf sie ein. » Wir müssen unbehelligt die Treppe hinunterkommen. Im hinteren Flügel der Burg gibt es ein Tor, das aus der Stadt hinausführt, direkt oberhalb der Aude. Der Wächter dort wird uns nach draußen lassen, wenn er diesen Ring erblickt. «
Er hielt Adelind einen funkelnden hellblauen Stein entgegen, den sie bereits am Finger von Arnaud Amaury gesehen hatte. Fassungslos trat sie einen Schritt zurück.
» Das ist der Ring eines Abtes? Woher hast du ihn? «
Peyres’ Lippen deuteten ein Lächeln an.
» Von Dominique de Guzmán. Er besitzt ein ebensolches Exemplar, das seine Autorität in diesem Kreuzzug unterstreicht, doch da er gern bescheiden auftritt, trägt er ihn nicht. Daher wird es nicht auffallen, dass er ihn mir ausgeliehen hat. «
Sie schöpfte kurz Hoffnung, doch dann trat sie einen Schritt zurück. Das klang alles völlig unglaubwürdig.
» Warum sollte er etwas Derartiges tun? Das ist gewiss eine Falle. Wenn wir erwischt werden, dann hat er es sich mit diesem Arnaud Amaury und auch mit Simon de Montfort auf alle Zeit verdorben. «
Peyres zog sie an sich. Zunächst sträubte sich ihr Körper, aber die Vertrautheit seiner Nähe ließ ihren Widerstand erlahmen. Er mochte ein Verräter sein, doch war er hier, um sie zu retten.
» Wenn wir erwischt werden, so sage ich, dass ich eigenmächtig gehandelt habe « , versuchte Peyres sie zu beruhigen. » Der Ring liegt gewöhnlich in seinen Gemächern, wo ich schon aufgetreten bin. Ich werde gestehen, ihn gestohlen zu haben. Das habe ich ihm auf meine Seele geschworen, und er hat mir geglaubt. «
Adelind schüttelte ungläubig den Kopf.
» Warum sollte er dich schicken, um mich zu retten? «
» Weil dein Mut ihn beeindruckt hat und weil schon Rosas Tod ihm auf den Magen geschlagen hat. Dem frommen Herrn gefällt diese harte Vorgehensweise nicht, er würde euch am liebsten alle auf friedliche Weise bekehren, aber ihr macht ihm das Leben sehr schwer. «
Adelind schüttelte weiter den Kopf. Sie wusste, dass Dominique nicht so erbarmungslos war wie Arnaud Amaury, doch hätte sie ihm niemals zugetraut, ihr heimlich zu Hilfe zu kommen.
» Wir haben nicht viel Zeit « , drängte Peyres. » Bald schon könnte jemand hier hereinkommen. Dominique de Guzmán hat mich zu sich geholt, weil er begriffen hat, dass wir einander kennen. Er hoffte, ich könnte dich zur Vernunft bringen. Da erzählte ich ihm, du seist mein angetrautes Weib, das die bösen Häretiker mit ihrer Irrlehre verwirrt und mir daher entrissen hätten. Ich schwor, dafür zu sorgen, dass du in Zukunft als gute Katholikin an meiner Seite bleibst. Er vertraute mir, es machte es ihm leichter, mir zu glauben. «
» Aber er weiß, dass ich eine geweihte Nonne bin « , widersprach Adelind. » Da
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