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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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gewöhnt, mit dem sie hier seit Tagen lebten.
    » Los, zieht das an! Beeilt euch! « , wurde ein weiterer Befehl geflüstert. Adelind griff nach dem vor ihr liegenden Bündel, spürte weiches Leinen und zog daran. Strahlendes Gelb leuchtete auf, als das Licht des Mondes ihren Fund berührte. Sie roch einen schweren, süßen Duft und drückte den Stoff rasch an ihre Nase, um für einen Augenblick etwas anderes einatmen zu können als den Gestank ihrer eigenen Exkremente. Plötzlich stiegen Erinnerungen in ihr hoch. Sie sah eine hübsche dunkelhaarige Frau, die sich singend vor begeistert klatschenden Zuschauern drehte, ihnen Kusshände zuwarf und verführerisch die Hüften schwang. Gelb hatte Marcia hervorragend gestanden, und der allzu kräftige Duft des Rosenwassers hatte an ihr nicht billig gerochen. Sie hielt das Kleid einer Toten in der Hand.
    » Ihr sollt das anziehen, nicht daran schnuppern! « , zischte Peyres ungeduldig. Adelind gehorchte, denn sie begriff endlich, worum es hier ging. Der Stoff des tief ausgeschnittenen Gewandes verhüllte ihr inzwischen völlig verdrecktes Unterkleid. Glöckchen, die an den Ärmeln festgenäht waren, bimmelten bei jeder ihrer Bewegungen. In seiner Hast hatte Peyres keine allzu kluge Wahl getroffen.
    Olivette stand bereits fertig eingekleidet neben ihr, denn das Mädchen war Gehorsam gewöhnt. Sie hatte sich Marcias buntes, aus verschiedenen Stoffresten zusammengenähtes Kleid übergezogen, das tadellos saß, und fuhr sich nun mit den Fingern durchs Haar.
    » Bekommen wir keine Schleier? « , fragte sie leise.
    » Das tragen Spielfrauen nicht « , entgegnete Adelind, bevor Peyres etwas sagen konnte. Olivette nahm es ohne Widerspruch hin.
    » Wie kommt es, dass du noch Marcias alte Kleider hast? « , wandte Adelind sich nun an Peyres und sah ihn das Gesicht verziehen.
    » Das erkläre ich dir später. Wenn wir jetzt endlos plaudern, geht es wieder schief. Und warum hat deine Schwester sich noch nicht umgezogen? «
    Sie sah sich ebenfalls zu Hildegard um, die stumm dasaß, ihre Hände in den Schoß gelegt hatte und auf das letzte noch verbleibende Gewand starrte.
    » Hildegard, zieh es an! « , zischte sie, nun selbst ungeduldig und aufgebracht. Ihre Schwester hob kurz den Kopf.
    » Ich weiß nicht, ob das richtig ist. Wahrscheinlich werden sie uns erwischen. Wir hatten bereits unsere Entscheidung getroffen. Wir wollten für unseren Glauben einstehen « , murmelte sie, mehr an sich selbst gewandt als an ihre Zuhörer. Adelind schnappte nach Luft, verspürte wieder das vertraute Kribbeln in ihren Händen, das sie bereits früher gereizt hatte, die so völlig weltfremde Schwester durch Ohrfeigen in die Wirklichkeit zurückzuholen. Aber diesmal kam Peyres ihr zuvor.
    » Nun zieh dich um, denn Zeit zum Beten um Vergebung hast du später! Willst du, dass deine Schwester stirbt, weil du dich nicht überwinden kannst, wie eine Hure auszusehen? Hat sie für dich nicht schon genug geopfert? «
    In seinem Tonfall lag derart kalte Abneigung, dass Marcias Beschreibung der Lage endgültig bestätigt schien. Adelind wollte sich einmischen, da sie nun das andere ebenfalls altbekannte Bedürfnis verspürte, ihre Schwester zu verteidigen, aber Hildegard war bereits aufgestanden, um sich das letzte, karmesinrote Kleid überzustreifen. Peyres wandte sich zur Tür, Adelind folgte ihm auf den Fersen.
    » Hast du noch den Ring von Dominique de Guzmán? « , fragte sie, während sie aus dem Verlies in das angrenzende Zimmer trat.
    » Nein « , entgegnete Peyres knapp. » Er wollte ihn zurück, als er erfuhr, dass unser erster Fluchtversuch misslang. Die ganze Sache wurde ihm zu heikel. Er hofft, eines Tages das Vertrauen Simon de Montforts zu gewinnen und so einflussreicher zu werden als Arnaud Amaury. «
    Adelind nahm es nickend hin. Dominique war nicht ohne Gewissen, aber auch kein Heiliger, wie sie bereits geahnt hatte.
    » Wie kommen wir dann raus? « , bohrte sie nach, während ihre Hände sich am Gemäuer durch den dunklen Raum tasteten.
    » Ganz einfach. Als Spielleute. Man kennt mich bereits in der Grafenburg. «
    » Und wie willst du erklären, dass du auf einmal mit drei Frauen aufgetreten bist? «
    » Das muss ich nicht erklären. Es gibt inzwischen genug Mädchen, die den Kreuzfahrern mehr oder weniger freiwillig als Huren dienen. Glaub mir jetzt endlich, Adelind, ich bringe dich hier raus! «
    Sie spürte den Druck seiner Finger an ihrem Handgelenk und war endlich bereit, sich ihm ganz

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