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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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dunklen Locken fast den Nonnenschleier berührten. Zorn funkelte in ihren Augen, Spott und noch ein unerklärlicher Schimmer von Angst.
    » Haben die zwei Schönen denn im Kloster gelernt, wie sie Männern die Münzen aus dem Beutel locken? Auf der Straße muss eine Frau das nämlich können, sonst verhungert sie. «
    Adelind hörte erneut Simons Kichern, das in einem Hustenanfall endete. Wieder musste sie energisch Hildegards Kittel festhalten, damit ihre Schwester nicht gleich davonlief.
    » Wir haben im Kloster andere Dinge gelernt, die durchaus nützlich sind. Wir können lesen und schreiben « , sagte sie stolz. Marcia klatschte lachend in die Hände.
    » Großartig! Dummes Volk wie wir kann es nicht, und weißt du warum, meine kluge Jungfer? Nein? Nun, ich werde es dir sagen. Weil wir es auch nicht brauchen, ganz einfach. «
    Jetzt floss der Schweiß in Bächen über Adelinds Rücken. Sie fühlte sich wie ein in die Enge getriebenes Tier. Vielleicht hatte Hildegard recht, sie sollten einfach fortlaufen, anstatt weitere Kränkungen hinzunehmen. Allein das Wissen um ihre aussichtslose Lage ließ sie regungslos verharren. Ein Gedanke erwachte in ihrem Kopf, und sie klammerte sich an ihn, um nicht vor Verzweiflung zu ersticken.
    » Ich kann singen « , flüsterte sie erschöpft.
    » Ja, das ist richtig. Sie hat eine wunderschöne Stimme « , kam Hildegard ihr unerwartet zu Hilfe. » Niemand konnte im Kloster so wundervoll Hymnen vortragen. Schon als sie noch ein kleines Mädchen war, stellte unsere Äbtissin sie dem Propst von Sankt Kunibert… «
    Als Marcias schallendes Lachen diese Lobeshymne unterbrach, unterdrückte Adelind wieder einmal mühsam den Wunsch, ihre Schwester zu ohrfeigen.
    » Bisher habe ich Hymnen gesungen, aber ich singe alles, was den Leuten gefällt « , erklärte sie trotzig.
    » Nein, wie großzügig sie ist, die feine Dame « , spottete Marcia weiter, doch Antonius hatte bereits begonnen, mit Simon zu tuscheln.
    » Ich finde, wenn sie singen kann, dann können wir sie auch brauchen « , warf der schmächtige Jüngling ein. Sein Blick hing allerdings an Hildegard, und das schon eine ganze Weile. Plötzlich wünschte Adelind, dass ihre Schwester die Geistesgegenwart hätte, den stillen Verehrer wenigstens einmal anzulächeln. Sie brauchten in dieser Lage jede Unterstützung.
    » Ach ja, und die andere steht nur im Hintergrund herum und lässt alle Männer ihr hübsches Gesicht bewundern « , zischte Marcia auch schon, doch Peyres hob ungeduldig die Hand.
    » Jetzt reicht es mit dem endlosen Gerede! « , erklärte er. » Ich habe diesen zwei Mädchen unsere Hilfe versprochen. Wenn eine davon singen kann, dann soll sie singen. Für die andere findet sich sicher eine Aufgabe. Sie bleiben eine Weile bei uns, und wir ziehen jetzt weiter. Sobald wir den nächsten größeren Ort erreicht haben, treten wir auf, und dann soll die Betschwester zeigen, was von ihrer Gesangskunst zu halten ist. «
    Er hatte die energische Stimme eines Anführers, stellte Adelind erleichtert fest. Simon und Antonius trollten sich zum Wagen. Marcia stand noch eine Weile mit leicht geröteten Wangen da, aber sie wagte es nicht, ihren Unmut gegen Peyres zu richten, der bereits das Maultier vor den Wagen spannte.
    Adelind staunte. Sie wusste, dass sie selbst an Marcias Stelle nicht klein beigegeben hätte, nur weil ein Mann meinte, für alle anderen entscheiden zu dürfen.
    Der Aufbruch ging schnell vonstatten, da nur ein paar Töpfe und Decken eingepackt werden mussten. Bald schon holperte der Wagen eine flach getretene Straße entlang, und die Umrisse der Kölner Stadtmauer schrumpften langsam, bis sie vom Horizont verschluckt wurden. Im Wagen war es erträglich warm, doch stach das Springen der Räder über Unebenheiten immer wieder in die Knochen. Hildegard schmiegte sich an Adelinds Schulter und schlummerte. Glücklicherweise war ihr nicht mehr übel geworden, seit sie das Kloster verlassen hatten, doch Adelind fragte sich, wann ihre neuen Gefährten die Schwangerschaft wohl bemerken und wie sie darauf reagieren würden. Aber im Augenblick gab es genug andere Sorgen. Marcia saß vorne neben Peyres und hatte einen besitzergreifenden Arm um seine Schulter gelegt. Simon ließ mit leisem Gemurmel eine Kette aus Holzperlen durch seine knochigen Finger gleiten. Adelind stellte mit Befremden fest, dass es kein Rosenkranz war. Mutter Mechtildis hätte einen Wahrsager vermutlich als Sünder bezeichnet, der sich anmaßte, Gottes

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