Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
Vom Netzwerk:
Siechenhaus.
    Viel zu spät, als ein Schwarm Aussätziger bereits um
die Ecke bog, hatte sich Bruder Hilpert einigermaßen gefasst. Ansgar erging es
nicht viel anders, mit dem Unterschied, dass er wenigstens bewaffnet war. Und
so zückte er seinen Dolch, im vollen Bewusstsein, dass sie der finster
dreinblickenden Rotte nicht gewachsen waren.
    Bruder Hilpert dachte genauso, und er sann fieberhaft
über einen Ausweg nach. Der aber war nicht in Sicht. Erst recht nicht, als ein
gellender Piff ertönte, die Aussätzigen beiseite traten und Lazarus, genannt
›der Poet‹, die Szene betrat. »Haben wir beide uns nicht schon einmal gesehen?«,
zischte der Patron der Aussätzigen in sarkastischem Ton, ohne Ansgar auch nur
eines Blickes zu würdigen. »Was steht zu Diensten, Bruder, wenn die Frage
gestattet ist?«
    »In der Annahme, es mit einem gebildeten Menschen zu
tun zu haben: Kannst du dir das nicht denken?«
    Unter der Gesichtsmaske von Lazarus begann es zu
zucken und zu brodeln. Doch noch hatte er sich im Griff. Die Frage war nur, wie
lange. »Natürlich!«, erwiderte der Poet, sehr zum Verdruss seiner Gefährten,
denen das Geplänkel zwischen Lazarus und Bruder Hilpert viel zu lange dauerte.
»Ich wollte einfach nur sichergehen, bevor sich meine Leute um Euer Wohlergehen
kümmern.«
    Wieherndes Gelächter, Gesichter voller Hass. Ein Wink
ihres Anführers, und die Rotte finsterer Gestalten würde sich auf Bruder
Hilpert stürzen. Es sei denn, etwas Unerwartetes würde geschehen.
    Und so war es dann auch. »Wenn ich du wäre, würde ich
lieber den Schwanz einziehen!«, begehrte Wigbert auf und reckte trotzig das
Kinn. »Falls du es noch nicht weißt: Das Wasser steht euch nämlich bis zum
Hals!«
    Als der Zwerg geendet hatte, war es totenstill. Aller
Augen, auch die von Bruder Hilpert, waren jetzt auf Lazarus gerichtet. Der
wiederum stellte sich taub, während seine hoch aufragende Gestalt wie zu Eis
erstarrte. Erst als die Stille unerträglich zu werden drohte, drehte er sich in
aller Gemütsruhe zu Wigbert um.
    Zu seiner Überraschung war in den Augen des
Totengräbers jedoch keinerlei Furcht zu erkennen. Wigbert grinste breit,
verschränkte die Arme und pfiff leise vor sich. Für Lazarus eine Provokation
ohnegleichen. Einmal in Fahrt, gab sich der Zwerg damit jedoch nicht zufrieden.
Die Umstehenden hielten den Atem an. Was folgte, hatte indes niemand erwartet.
Kaum hatte sich ihm der Poet auf Armlänge genähert, schnitt der Totengräber
eine Grimasse und spie in hohem Bogen vor ihm aus.
    Seine Gefährten begehrten lautstark auf, aber Lazarus
achtete nicht darauf. »Was hast du da eben gesagt?!«, flüsterte der Poet und
hob die Hand, zum Zeichen, man möge den Zwerg tunlichst ihm überlassen. »Oder
habe ich mich vielleicht verhört?«
    »Keineswegs!«, machte Wigbert unmissverständlich klar,
rümpfte die Nase und baute sich vor Lazarus auf. »Wo kämen wir denn da hin?!«
    »Und welcher Teufel, tolldreister Wurm«, zischte der
Poet, wobei er sich Zeit ließ, um die Wirkung seiner Worte zu erhöhen, »und
welcher Teufel hat dich geritten, dass du es wagst, mir, Lazarus, die Stirn zu
bieten? Ein Wink von mir, und du wirst wie eine Laus zerquetscht. Rede,
Ameisenhirn, oder du bekommst eine Lektion erteilt, die du so schnell nicht
vergisst!«
    Derlei Drohungen ließen Wigbert freilich kalt. »Was
zum Teufel hat dieser dreimal Wahnsinnige eigentlich vor?«, flüsterte Ansgar
Bruder Hilpert in einem unbeobachteten Moment ins Ohr, fand jedoch kein Gehör.
Der Mönch mit der hoch aufragenden Gestalt, dem er seltsamerweise blind
vertraute, war ganz und gar auf die beiden Kontrahenten fixiert.
    »Und was für eine Lektion sollte das …«, äffte der
Totengräber die Stimme seines Widersachers nach, brach jedoch plötzlich mitten
im Satz ab. Der Poet hatte ihn an der Kehle gepackt und sah ihn wutentbrannt
an. »Genug der Vorrede!«, fauchte er. »Was hast du verkrüppelte kleine
Pestbeule vor? Und warum hast du uns ausspioniert? Etwa, weil du im Sold von
diesem Pfaffenschwein stehst?«
    »Falsch geraten!«, stieß Wigbert mit krebsrotem Kopf
hervor, wobei ihm fast die Luft wegblieb. »Das hier geht nur uns beide etwas
an!«
    »Und wieso, Sohn einer Hure?«
    Wenn es einen Punkt gab, an dem es für Wigbert kein
Zurück mehr gab, dann diesen. Obwohl er kaum noch Luft bekam, nahm er all seine
Kraft zusammen, schöpfte Atem und presste die Worte förmlich aus seinem
Brustkorb hervor: »Weil ich wissen will, wer meinen Bruder

Weitere Kostenlose Bücher