Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)
auf dem Gewissen
hat!«
»Und wer – bitte schön – sollte das sein?«
»Ein Jammer, dass du so begriffsstutzig bist«,
röchelte der Zwerg.
»Jetzt ist es aber genug, Auswurf der Gosse!«, fuhr
der Poet sein Opfer an. »Rede, sonst wird es deinem kahl geschorenen Freund da
drüben ans Leder …«
Weiter kam Lazarus nicht. Irgendetwas im Blick der Umstehenden
ließ ihn zaudern, doch bevor sein Instinkt in einen Gedanken mündete, hallte
eine Stimme über die Köpfe der Anwesenden hinweg, sehr zur Freude von Bruder
Hilpert, der schon nicht mehr mit Hilfe gerechnet hatte. »Das lässt du mal
lieber bleiben!«, rief ihm Berengar mit gezücktem Schwert zu, woraufhin sich
der Pulk um Bruder Hilpert und Ansgar merklich zu lichten begann. »Sonst bist
du es, dem es ans Leder geht!«
So leicht gab sich Lazarus indes nicht geschlagen. Ein
kurzer Blickwechsel mit Krätze, und schon war es geschehen. Der Rotschopf
zückte den Dolch, überwältigte den Zwerg und zielte mit der Klinge auf seinen
Hals. Wigbert war so überrascht, dass er es nicht wagte, sich von der Stelle zu
rühren.
»Wer ist es, der hier spricht?!«, gab Lazarus daraufhin
in hochfahrendem Ton zurück. »Oder um mit Dante zu reden: ›Sprich, doch bleibe
kurz und klar!‹«
»Keine Angst!«, wiegelte Berengar ab, dies allerdings
in einem Ton, der Zweifel an seiner Entschlossenheit erst gar nicht aufkommen
ließ. »Ich bin es gewohnt, mich einer einfachen Ausdrucksweise zu bedienen.
Damit mich eine Rotte hergelaufener Strolche auch versteht!«
Der Hieb saß, und die Augen von Lazarus verengten sich
zu hauchdünnen Schlitzen. Die Umstehenden hielten den Atem an, insbesondere
Bruder Hilpert, der das tolldreiste Vorgehen des Freundes mit gemischten
Gefühlen verfolgte.
Zu einem Handgemenge sollte es jedoch nicht kommen.
Bruder Wilfried kam genau im richtigen Moment, und wenn jemand verblüfft war,
dann Lazarus selbst. Dieser Mann hatte noch eine Rechung mit ihm offen. Das
wusste er genau. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, würde das Kraftpaket
von einem Mönch auch nicht zögern, sich für die Tracht Prügel von vor zwei
Tagen zu revanchieren.
»Und was, wenn Ihr mir die Frage erlaubt, ist Euer
Begehr?«, wandte sich Lazarus deshalb rasch Bruder Hilpert zu.
»Nennen wir es ein Geschäft!«, warf dieser
geistesgegenwärtig ein.
»Und was, wenn es mich nicht interessiert? Gesetzt den
Fall, ich fände Gefallen daran, wie einem Verräter die Kehle aufgeschlitzt
wird, was dann? Und kurz darauf Euch, Mönch, in dessen Sold er anscheinend
steht?«
»In dem Fall solltest du wissen, dass einer
meiner Freunde bereits auf dem Weg zur Stadtwache ist, die in längstens einer
Viertelstunde hier eintreffen wird.« Berengar grinste verschmitzt. »Sollte es
dich folglich nach Händel gelüsten, wirst du dich schon beeilen müssen!«
Berengars blankgezogene Klinge und Bruder Wilfrieds
imposante Erscheinung verfehlten ihre Wirkung auf Lazarus nicht, wenngleich
sein Hochmut einstweilen die Oberhand behielt: »Einmal angenommen, Ihr lügt mir
nichts vor: Glaubt Ihr im Ernst, dass ich mich so ohne Weiteres einschüchtern
lasse?«
»Und ob!«, warf Bruder Wilfried trocken ein, der seine
Revanchegelüste nur mit Mühe unterdrückte. »Wo Agilulfs Mörder doch nicht
einmal vor deinem Freund und Gönner Eckehard Büttner haltgemacht hat!«
An der Körperdrehung, die Lazarus instinktiv machte,
konnte Bruder Wilfried dessen Erregung deutlich erkennen. Die Falle war
zugeschnappt. »Was sagst du da?!«, fuhr er ihn an, nur um festzustellen, dass
er sich soeben verraten hatte.
»Kein Grund zur Besorgnis: Er hat es überstanden!«,
fuhr Bruder Wilfried süffisant fort. »Wenn auch etwas lädiert! Und weißt du,
was das Schönste an meiner Visite bei ihm war? Nein? Dass er wie ein Singvogel
geträllert und meiner Wenigkeit gegenüber sämtliche Geheimnisse ausgeplaudert
hat. Besonders was dein Sündenregister betrifft, hat er jegliche Zurückhaltung
vermissen lassen. Schmuggel, unautorisierter Handel mit Reliquien, dazu hin und
wieder ein bisschen Falschmünzerei – schade nur, dass die Stadtwache bislang im
Dunkeln tappt! Höchste Zeit, sie davon in Kenntnis zu setzen, findest du nicht
auch?«
»Hört sich ganz nach Erpressung an.«
»Mein Kompliment!«, rief Berengar mit gespielter Hochachtung
aus. »Du begreifst verdammt schnell!«
»Und was, wenn ich nicht mitspiele?«
»Eine Torheit, die ich mir, ehrlich gesagt, kaum
vorstellen kann.«
Darauf bedacht, sich
Weitere Kostenlose Bücher