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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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schwitzend hinter sich herschleifte. »Hat
mich einiges an Mühe gekostet!«, verkündete er mit wichtigtuerischer Miene.
»Aber was tut man nicht alles – vor allem, wenn es der eigene Bruder ist!«
    Agilulf wollte keinen Ärger, weshalb er sich einen
Kommentar wohlweislich verkniff. Für ihn gab es jetzt nur noch die Kiste, die
einen Schritt von ihm entfernt auf der feuchtwarmen Erde stand. Nur noch ein
paar Stunden, und er war ein gemachter Mann. Das hieß, wenn nichts schiefging.
Aber was konnte bei einem derart ausgeklügelten Plan schon schiefgehen?
    Rein gar nichts, oder?
    Der Zwerg, mit den Gedankengängen seines Halbbruders
bestens vertraut, zog die Augenbrauen in die Höhe und sah den Reliquienhändler
herausfordernd an. »Alles so, wie Hochwohlgeboren es wünscht?«, machte er aus
seiner Ironie keinen Hehl.
    »Kommt ganz drauf an.« Agilulf, alles andere als zum
Scherzen aufgelegt, holte tief Luft, ging vor der Kiste in die Knie und hob den
Deckel an. Fast gleichzeitig stieg ihm ein widerwärtiger Geruch in die Nase,
schlimmer als der sämtlicher Gerbereien Würzburgs zusammen. Agilulf konnte
nicht anders als wegsehen, und er hatte Mühe, das Würgen in seiner Kehle zu
unterdrücken. Wieder halbwegs bei Sinnen, klappte er den Deckel der Kiste rasch
zu.
    Geraume Zeit sprach keiner der beiden Halbbrüder ein
Wort, und obwohl die Schwüle des Tages immer noch zu spüren war, lief es
Agilulf eiskalt über den Rücken. »Und wo hast du sie her?«, stieß er
schließlich mit belegter Stimme hervor.
    »Dreimal darfst du raten!«, antwortete der Totengräber
in bissigem Ton, während sich sein Gesicht zu einem boshaften Grinsen verzog.
»Sind ja schließlich genug von den armen Teufeln hier verscharrt worden in
letzter Zeit.«
    »Stimmt!«, pflichtete ihm Agilulf bei und wischte sich
geistesabwesend den Schweiß von der Stirn. »Und der Brief?«
    »Freut mich, dass ich wenigstens hin und wieder zu
etwas gut bin!«, entgegnete der Gnom in sarkastischem Ton.
    »Dein Pech, wenn dir der Leutpriester Lesen und
Schreiben beigebracht hat!«
    »War eben schon immer ein kluges Kerlchen.«
    »Aber nicht klug genug, die Finger vom Opferstock zu
lassen!«, erwiderte Agilulf mit kaltem Hohn. »Und weil dem so war, musst du
deine Torheit nun ausbaden! Machen wir’s also kurz: Wo ist der Brief?«
    Der Totengräber murmelte etwas vor sich hin, das wie
eine Verwünschung klang, griff dann aber doch in sein Wams und zog eine
Pergamentrolle hervor. »Da!«, schnaubte er, immer noch verärgert über die
Abfuhr, die ihm soeben zuteil geworden war, und drückte sie Agilulf in die
Hand. »Ich hoffe, dass du nichts dran rumzumeckern hast!«
    »Lies vor.«
    Der Zwerg rümpfte die Nase, räusperte sich und tat,
wie ihm geheißen. Als er fertig war, machte er eine theatralische Verbeugung
und fragte: »Zufrieden?«
    Agilulf nickte. »Voll und ganz!«, antwortete er kühl.
    »Das Problem ist nur –«, entgegnete der Zwerg in
gespreiztem Ton, »dass ich nicht so recht schlau daraus werde.«
    »Brauchst du auch nicht!«, stieß der Reliquienhändler
unwirsch hervor, warf einen kurzen Blick auf die Kiste, wuchtete sie in die
Höhe und wandte sich rasch zum Gehen.
    Doch so schnell gab der Zwerg nicht auf. »Doch nicht
etwa wieder eins von deinen krummen Dingern?«, nuschelte er, während ihm der
Speichel aus den Mundwinkeln tropfte.
    »Wie gesagt – besser, du kümmerst dich nicht drum. Könnte
nämlich sein, dass es dir sonst an den Kragen geht, Bruder! «
     
    *
     
    Weinhaus ›Zum
Stachel‹ in der Gressengasse,
    eine halbe
Stunde nach Sonnenuntergang
     
    »Die Gebeine der drei Heiligen? Stehlen?!« Schwester
Irmingardis starrte Berengar entgeistert an. »Das kann doch wohl nicht Euer
Ernst sein, mein Sohn!«
    »Ist es aber!«, antwortete der Vogt und deutete auf
den Verband an seinem Kopf. »Oder ist das hier etwa nichts?«
    Schwester Irmingardis wusste nicht, was sie sagen
sollte. Wozu Menschen fähig waren, war ihr natürlich klar, aber was ihr
Berengar anvertraut hatte, war dazu angetan, auch noch ihre letzten Illusionen
zu zerstören. Und so kam ihr der Wirt vom ›Stachel‹ mit einem Krug ›Würzburger
Stein‹ samt Bechern gerade recht. Kaum stand er vor ihr, schenkte sie ein, hob
den Becher zum Mund und trank ihn auf einen Zug leer. Berengar machte große
Augen. Schwester Irmingardis blieb dies natürlich nicht verborgen, sie tat aber
so, als bemerke sie nichts. Der Wein schmeckte vorzüglich, und am liebsten
hätte sie sich

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