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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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hinzu:
»Vorausgesetzt, dass du es so lange ohne deine Schwester aushalten kannst,
Berengar!«
     
    *
     
    Benediktinerinnenkloster
St. Afra, zur gleichen Zeit
     
    »Versprich mir, dass du das, was ich dir jetzt
anvertrauen werde, für dich behalten wirst.« Die knochige, von Altersflecken
übersäte Hand, durchscheinend wie abgenutztes Pergament, schnellte in die Höhe
und zerrte Schwester Irmingardis auf das Krankenlager herab.
    »Ich verspreche es, Mutter.« Obwohl die Sterbende ihre
Großmutter hätte sein können, war dies keine bloße Anrede oder Höflichkeitsfloskel
für sie. Schwester Irmingardis gebrauchte das Wort ganz bewusst. War doch
Schwester Serafina, fast nur noch Haut und Knochen, tatsächlich so etwas wie
eine Mutter für sie.
    Das Ohr nur wenige Zoll vom Mund der Sterbenden
entfernt, hielt Schwester Irmingardis den Atem an. Schwester Serafina hatte die
Augen geschlossen, und ihre Stimme hörte sich so an, als spräche sie im Traum:
»Versprich mir, dass du mir verzeihen wirst, mein Kind!«, flüsterte sie mit dem
kümmerlichen Rest an Kraft, der ihr noch verblieben war.
    Durch den Körper von Schwester Irmingardis ging ein
leichter Ruck, und für den Bruchteil eines Augenblicks verspürte sie den Drang,
sich dem Griff der Sterbenden zu entwinden. Tief in ihrem Inneren begann sich
eine dumpfe Vorahnung zu regen, und ihr Instinkt sagte ihr, dass sie ihre ganze
Kraft brauchen würde, um das nun Folgende durchzustehen: »Ich verspreche es,
Mutter!«, sprach sie mit leiser Stimme, bemüht, ihre Beklommenheit zu
überspielen.
    »Das ist gut. Du …« Bis auf einige Wortfetzen ging der
Rest von Schwester Serafinas Worten in unartikuliertem Gebrabbel unter, weshalb
Irmingardis fürchtete, es würde mit ihr zu Ende gehen. Dann aber bäumte sich
der ausgemergelte Körper unter dem weißen Leinentuch ein letztes Mal auf: »Du
musst jetzt stark sein, mein Kind!«, hauchte die Sterbende Schwester
Irmingardis ins Ohr, während sich ihr Rumpf wie ein Blasebalg hob und senkte.
»So stark, wie du es immer gewesen bist. Darum höre, was ich dir zu sagen habe:
Es … es ist jetzt nämlich schon fast vierundzwanzig Jahre her.«
    »Was, Mutter?«
    »Seit sich deine Mutter mit der Bitte um Hilfe an mich
gewandt hat.«
    »Meine …« Schwester Irmingardis spürte, wie das Blut
in ihrer Halsschlagader pulsierte, und ihr Gesicht, anziehend wie ein
Madonnenbild, färbte sich dunkelrot. Tiefe Sorgenfalten überzogen die glatte
und makellose Stirn, ein Zustand, wie er höchst selten eintrat.
    »Deine Mutter, du hast richtig gehört.«
    »Aber …«
    »Vergib mir, dass ich nicht getan habe, was ich schon
längst hätte tun sollen.« Schwester Serafina holte tief Luft, gab einen
kehligen Laut von sich und fuhr mit brüchiger Stimme fort: »Du hast richtig
gehört. Deine Mutter war hier. Hier bei mir. Irgendwann im Sommer
zweiundneunzig hat sie Einlass in unser Kloster begehrt.«
    »Im Sommer zweiundneunzig? Und mein Vater?«
    »Ich sehe, du beginnst du verstehen.« Mit aller Kraft
pumpte Schwester Serafina Luft in ihre Lungen. Aber es hatte kaum noch einen
Sinn. Ihr gehetzter Atem, Vorbote des Todes, gegen den sie sich mit aller Macht
zur Wehr zu setzen versuchte, ging immer schneller. »Knapp vier Jahre vor
deiner Geburt hat sich deine Mutter, eine mit sämtlichen Gaben des Herrn
ausgestattete Frau, in die Obhut unseres Ordens begeben. Derweilen sich dein
Vater der Geschäfte halber mehrere Wochen lang in Nürnberg aufhielt. Sie war
eine hoheitsvolle Erscheinung, genau wie du. Ein Gesicht wie die Muttergottes.
Haar so weich wie Seide. Hochgewachsen und – ja, und so hochgewachsen, dass ich
zunächst nicht bemerkte, dass sie ein Kind unterm Herzen trug. Wie groß meine Überraschung,
als sie mir genau dies offenbarte. Doch leider war das längst noch nicht
alles.« Ein Schatten legte sich über Schwester Serafinas Gesicht, und ihre
geschlossenen Lider begannen leicht zu vibrieren. »Sie hat sich mir anvertraut,
und was ich aus ihrem Munde zu hören bekam, konnte ich zunächst kaum glauben.
Der Ehrlichkeit halber muss ich gestehen, dass ich zutiefst angewidert war, und
das in einem Maße, dass ich mich ihrem Ansinnen zunächst widersetzte.«
    Der Impuls, Schwester Serafinas Zelle Hals über Kopf
zu verlassen, drohte übermächtig zu werden, und für den Bruchteil eines
Augenblicks war Schwester Irmingardis geneigt, ihm nachzugeben. Doch dann,
unter Aufbietung all ihrer Disziplin, bäumte sie sich dagegen auf und hörte

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