Die Kinder aus Nr. 67
schüttelte ungläubig den Kopf. »Und det allens soll in dem lausigen Hinterhof stattfinden?«
»Det is überhaupt gar kein lausiger Hinterhof«, verbesserte Mirjam und trocknete ihre Tränen. »Wir werden ihn mit Girlanden und Blumen schmücken und illuminieren. Aber du mußt uns deine Masken dazu leihen, denn ohne Masken gibt's doch keinen Maskenball.«
Mirjam sah erwartungsvoll in Tante Mathildes Gesicht und schmiegte sich bettelnd an sie.
Tante Mathilde begann still vor sich hin zu lachen. Sie kicherte ordentlich in sich hinein und murmelte kopfschüttelnd: »Eine kuriose Idee! Eine verrückte Idee! Aber warum eigentlich nicht? Ein Maskenball im Hinterhof kann ganz lustig werden. Aber schlaf jetzt. Wir sprechen morgen darüber. Jedenfalls können wir überlegen, was man tun muß. Vielleicht läßt es sich einrichten.«
»Tante Mathilde!«
Mirjam sprang aus dem Bett und hüpfte im Nachthemd durch das Zimmer. »Liebste, beste Tante. Du bist einverstanden? Wir werden einen Maskenball machen!« Sie stieß merkwürdig jauchzende Laute aus und vollführte einen Indianertanz, so daß Frau Manasse sie mit Gewalt ins Bett zurücktreiben mußte.
Am nächsten Tag sitzen sechs Kinder um Tante Mathildes Stubentisch. Es sind Erwin, der lange Heiner, seine Schwester Wally, Erwins Schwester, Lotte, Mirjam und der kleine Emil.
Frau Manasse sitzt breit und behaglich zwischen ihnen.
Alle haben Papier und Bleistift vor sich liegen und sind sehr beschäftigt. Sie nennen sich »das vorbereitende Festkomitee« und überlegen: Wie macht man einen Maskenball, einen Maskenball, der viele Überraschungen und Vergnügungen verspricht, der wie richtige Feste mit Feuerwerk, Musik und Tanz vonstatten geht, der aber gar kein Geld kosten darf, weil alles Geld, das ausgegeben wird, in eine gemeinsame Kasse kommen soll.
»Und vor allem«, sagt Erwin, während er eifrig seinen Bleistift spitzt, »darf keiner erfahren, det Kinder das Festkomitee sind. Det muß bis zuletzt ein Geheimnis bleiben.«
Mirjam: »Klar, auch det muß ganz maskiert und geheimnisvoll sein, wie allens auf Maskenbällen.«
Erwin: »Denn sonst glauben die großen Leute gleich, es sei gar nichts Rechtes, und wollen keinen Eintritt zahlen oder überhaupt nicht kommen.«
Frau Manasse muß jedem einzelnen die Hand reichen und ihr »großes Ehrenwort« geben, daß sie nichts verrät. Sie gehört dadurch mit zum Festkomitee, weil sie doch mit Maskenbällen Bescheid weiß. Aber sie hat nur beratende Stimme. Die Kinder verpflichten sich, alles selber auszuführen.
»Etwas Geld, oder besser Vorschuß, müßt ihr natürlich haben«, sagt Tante Mathilde. »So quasi als Auslagengeld für die Anschaffungen und Vorbereitungen. Ihr bekommt das ja dann zurück. Denn umsonst ist nicht mal der Tod. Ihr müßt Einladungskarten drucken lassen.«
»Einladungskarten?« Erwin hat wohl nicht recht gehört?
»Die schreiben wir doch selber mit Tusche, in schönen Druckbuchstaben. Tusche gibt's in der Schule im Zeichensaal.«
Heiner: »Dann brauchen wir ein großes Plakat, det wir im Hof aufhängen.«
Tante Mathilde: »Und wo nehmt ihr Papier für die Karten her? Ihr müßt auch sehr gut schreiben und malen können, denn sonst — « sie lächelt lustig — »sonst merkt man gleich, daß ihr Kinder seid.«
Lotte: »Vielleicht läßt uns Fräulein Hoffmann auf ihrer Schreibmaschine tippen, wo se doch ein Büro für Vervielfältigungen hat.«
Wally bietet sich an, die Karten zu schreiben. »Ich bin die beste im Schönschreiben und Zeichnen.«
Mirjam: »Aber wo nehmen wir det Papier her? Tante sagt doch, wir brauchen viel Papier für die Karten.«
Tante Mathilde: »Seht ihr, det wenigstens müßt ihr kaufen, damit es nach was Rechtem aussieht.«
Emil macht ein pfiffiges Gesicht und greift in seine Hosentasche. Er zieht ein funkelnagelneues Notizbuch heraus. Nachdenklich und zögernd wendet er es zwischen seinen Händen umher. Jeder Junge weiß, was es kostet, ein neues Notizbuch zu opfern. Aber er gibt es mit einem Ruck weg und schiebt es in die Mitte des Tisches. »Da«, sagt er, »det hat mir gestern der Chef von Gutmann und Kompanie aus der Papierfabrik für Botengänge geschenkt. Wenn ich noch paarmal für ihn Botengänge ausführe, schenkt er mir mehr. Es is ganz neu. Jede Seite ist gelocht und läßt sich abreißen.« Erwin zieht das Buch an sich. »Mensch, Emil, det is ja beinah
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