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Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
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ist größer, grandioser, als wir gedacht hatten. Man könnte sich vorstellen, dass echt viele von Leonora Ganefryds Kunden diesen Raum mit großem Interesse betrachtet hätten, als möglichen Hintergrund für ihr Coaching. Bis zur Decke ist er hoch wie in einer Kathedrale, und er bietet eine phantastische Aussicht auf den Abendhimmel überm Öresund.
    Auch die Vitrine ist größer, als wir ahnen konnten, und das Licht, das ihr entströmt, ist gleißender.
    Und dann hat es etwas Überwältigendes, achthundert Menschen aus der ganzen Welt von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen, Menschen, die sich richtig Mühe mit ihrer Kleidung gegeben haben.
    Aber das ist noch nicht das Imposanteste. Das Imposanteste, das, was uns beinah umwirft, ist die Atmosphäre.
    Aber ich sage gleich, ich glaube nicht, dass die achthundert Leute alle gleichermaßen zu dieser Atmosphäre beitragen. Wahrscheinlicher ist, dass der eine oder andere hier ist, weil er Religion als seinen Lebensunterhalt betrachtet, aber genauso gut von etwas anderem leben könnte, vielleicht hätte er das sogar tun sollen, nicht zuletzt im eigenen Interesse. Aber abgesehen von den Nieten, die in jeder Mannschaft zu finden sind, egal wie sorgfältig man sie zusammenstellt,sind viele Menschen in diesem Saal, die aus der richtigen Tür getreten sind, nämlich der, die in die Freiheit führt, und sie steht hinter ihnen offen, man merkt das Sausen, und das ist es, was uns umhaut. Wenn du dir Tiltes Aufgewecktheit vorstellst und das Talent meiner Urgroßmutter, sogar Typen wie Alexander Finkeblod und Kaj Molester ans Herz zu drücken, und wenn du die beiden Eigenschaften mit hundertfünfzigtausend malnimmst, dann hast du eine vage Idee von der Stimmung, die hier vor Beginn der Großen Synode herrscht. Es ist eine Stimmung, die man, hätte man ein Kuchenmesser dabei, in ansehnliche Stücke schneiden könnte.
    Die Bühne ist weit entfernt, trotzdem zweifle ich keine Sekunde, wer da gerade auftritt, es ist Conny.
    Mein Puls muss auf zwei- bis dreihundert geklettert sein, vor lauter Ohrensausen höre ich die Einzelheiten nicht, aber ich verstehe, dass sie sich als die eine Hälfte des Gastgeberpaares präsentiert, das für die musikalische Umrahmung verantwortlich sein wird, und ihr Partner ist – und sie macht eine ausladende Bewegung –: Rickardt Graf Tre Løver!
    An dieser Stelle hätte man mich mit einer Daunenfeder umstoßen können. Glücklicherweise ist niemand in der Nähe, der eine Daunenfeder hat oder ein Interesse daran zu haben scheint, mich umzustoßen, in der Menge bin ich unsichtbar. Was mich aus dem Gleichgewicht bringt, ist nicht die Tatsache, dass Conny trotz ihres zarten Alters von vierzehn die musikalische Gastgeberin für eine solche Veranstaltung sein kann, das wirkt im Grunde nur plausibel. Ab sofort und bis ans Ende der Tage erwarte ich nichts anderes mehr als eine lange Reihe von Beweisen von Connys Seite, dass zwischen ihrer und meiner Galaxie ein unendlicherAbstand liegt. Mich frappiert etwas anderes. Wie konnten die Verantwortlichen das Pech haben, Rickardt als eine der Hauptnummern einzusetzen?
    Mir bleibt keine Zeit, weiter darüber nachzusinnen, denn nun tritt er auf und hat sich umgezogen, was er anhat, sieht ein bisschen aus wie Sandmännchens Nachthemd, kombiniert mit Schnabelschuhen.
    Es ist ein Anblick, von dem sich unter normalen Umständen niemand losreißen könnte. Aber nun ereignet sich etwas vor mir, das meine ganze Aufmerksamkeit beansprucht.
    Die vier Polizisten haben Vibes Sarg auf drei Stühle gestellt, und über den Sarg beugt sich nun ein großer Inder in einem Kleid, das etwa wie Rickardts geschnitten ist, und stante pede, unmittelbar, wissen Tilte und ich, das muss Gittes amerikanisch-indischer Guru Da Sweet Love Ananda sein, der sich anschickt, Vibe zu segnen und ihr im Nachtodzustand beizustehen.
    Wir setzen uns sofort in Bewegung. Aber wir schaffen es nicht. Gitte hebt den Sargdeckel, Da Sweet Love Ananda legt die Hand auf die Stirn der Toten und beginnt irgendetwas zu murmeln.
    Dann nimmt er die Hand wieder weg. Und entfernt sie nicht mit der gleichen Würde, mit der er sie hingelegt hat, er zieht sie weg, als hätte er einen elektrischen Zaun berührt.
    Dann setzt sich der Schwarze Henrik im Sarg auf.
    Er ist blass, seine Haut hat fast die gleiche Farbe wie sein Haar. Und es wird klar warum. Die Kühlanlage im Sarg ist so eingestellt, dass sie jeden, der sich hineinlegt, knapp über dem Gefrierpunkt hält.
    Einige

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